Dienstag, 30. November 2021

Veritasium oder der Strom, der nicht in der Leitung fliesst

 


Zurzeit macht ein Video eines YouTube-Professors Furore, der behauptet, dass Strom gar nicht in den Leitungen fliesse und dass es nicht die Elektronen seien, welche die Energie transportieren würden. Alles was wir in der Schule gelernt und für die Amateurfunkprüfung gebüffelt haben, sei falsch.

Der Professor geht aber noch einen Schritt weiter und propagiert ein Experiment. Zwar ist er mit einer Autobatterie und einer Lampe auf einen Berg geklettert, trotzdem ist sein Experiment kein richtiges sondern nur ein gedankliches. 

"Wenn ich nun eine Leitung von der Batterie bis zum Mond und zurück bis zu meiner Lampe ziehe", so fragt er. "Wie lange dauert es dann bis die Lampe brennt, wenn ich den Strom einschalte?" Er stellt dann vier Antworten zur Auswahl. Die Auflösung will er am Ende seiner Bergpredigt liefern. Doch um es gerade vorweg zu nehmen: die verrückteste Antwort sei die richtige, behauptet er. Wenn er den Schalter umlege, gehe die Lampe augenblicklich an. Also nix von Lichtgeschwindigkeit, Einstein zum Trotz.

Denn der Strom fliesse eben nicht in den Leitungen. Die seien nur dazu da, um der Energie, die transportiert werde, die Richtung zu zeigen. In den Drähten gäbe es zwar Elektronen, die einander durch das Kupfer schubsen. Doch die seien so langsam, dass sie erst am Nimmerleinstag am anderen Ende der Leitung ankommen würden.

Der eigentliche Energietransport finde im elektromagnetischen Feld statt, dass sich um den Leiter bildet. Unabhängig davon, ob es sich dabei um Gleich- oder Wechselstrom handle. Natürlich bemüht er den Maxwell und seinen Schüler Poynting, um seine verrückte Theorie zu untermauern. Er streitet deshalb auch nicht ab, dass die sich bewegenden Elektronen in den Leitungen ein Magnetfeld erzeugen. Auch wenn sie bloss langsam durch das Kupfer driften und nicht rasen.

Kein Wunder versetzt sein Video die YouTuber zurzeit in helle Aufregung. Zumindest die, die glauben, etwas von Strom zu verstehen. Eine ganze Reihe gescheiter Leute geben in Antwort-Videos ihren Senf dazu und die Kommentare der Zuseher quellen über.

Natürlich gibt es auch in Wissenschaft affinen Kreisen viele Gläubige und Ungläubige und der Dunning-Kruger Effekt kümmert sich nie um Fakten. Doch was soll man von dem ganzen Zirkus halten? 

Nun, als Ingenieur ist einem schon klar, dass die Elektronen nie und nimmer mit Lichtgeschwindigkeit durch die Leitungen rasen und irgendwie erinnert man sich entfernt noch an den ollen Maxwell und seine Gleichungen. Und so kommt man immer mehr ins Grübeln, je länger man über den provokativen YouTube-Professor und sein Video nachdenkt. 

Und das Verrückte daran ist: der Mann hat wahrscheinlich recht.

Aber schaut euch sein Video mal selbst an:



 

2 Kommentare:

  1. > "Wenn er den Schalter umlege, gehe die Lampe augenblicklich an. Also nix von Lichtgeschwindigkeit, Einstein zum Trotz."

    Warum? Die richtige Antwort "C: 1/c" berücksichtigt doch die Lichtgeschwindigkeit. Abstand zwischen Schalter und Lampe war 1m.
    Man kann Veritasium (Derek Muller, hat einen Ph.D. in Physics education research) höchstens vorhalten "1/c" statt korrekt mit EEinheiten "1m/c" geschrieben zu haben..

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  2. Wenn man den Lichtschalter betätigt, gibt dieser einen mechanischen Schlag dem ersten Elektron im Leiter, dieser, ganz frech, gibt diesen am nächsten weiter, bis das letzte Elektron in der Lampe den Schlag erhält. Das letzte Elektron schreit laut auf, wer war das, um dann ein Streichholz anzuzünden, um zu schauen woher der Schalg gekommen ist :-)

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