Montag, 30. August 2021

AMA-87 Review

 


Im Amateurfunk-Universum ist es zurzeit ruhig. Die Bänder sind ausserhalb Contest-Zeiten bis auf die FT-8 Kanäle verwaist und die Es-Saison klingt langsam aus. Die Relaiskanäle rauschen leise vor sich hin und von den Gerätefabrikanten kommt auch nichts Neues. Auf jeden Fall nichts Wesentliches, also keine neuen Transceiver. Bei den Handys habe ich sowieso den Überblick verloren. Gefühlt taucht da jede Woche ein neues Baofeng oder eine neue Handy-Marke auf. Wieso das so ist? Ich vermute, dass die meisten Handsprechgeräte an Kunden ohne Amateurfunklizenz verkauft werden.

Inzwischen habe ich meine Magnet-Loop AMA-87 abgebaut und reisefertig verpackt. Bisher war ich damit zufrieden. Für ihre 1.3m Durchmesser machte sie sich recht gut. Zumal sie nur einen Loopdurchmesser über dem Erdboden montiert war. Was ich hören konnte, konnte ich in der Regel auch arbeiten. Schon bald werde ich erfahren, ob ihr der neue Standort ebenso gut gefällt und ob ihr die Höhenluft gut tut.

Einen direkten Vergleich - zum Beispiel mit einem Dipol - habe ich keinen gemacht. Und Anekdoten über irgendwelche QSO's ergeben keinen Sinn. Aber ich habe mal die drei wichtigsten On-Line Berechnungsprogramme für Loop-Antennen mit den Daten der AMA gefüttert und die Resultate miteinander verglichen, und diese auch den "Versprechungen" des Lieferanten gegenüber gestellt:

WIRKUNGSGRAD IN %

MHz

66pacific.com

OK2ER/

OK2KQM

DG0KW/

HB9ABX

WIMO/

Kaeferlein

3.5

4

4

1.4

10

7

30

31

15.9

53

14

83

83.6

71

92


Ich denke, dass die beiden ersten Programme von 66pacific und OK2ER/OK2KQM meinen Erfahrungen mit der Antenne am nächsten kommen. Das Programm von DG0KW scheint mir bei den tieferen Frequenzen zu pessimistisch zu sein. Sollten die 1.4% im 80m Band stimmen, wären von meinen 50W nur 700mW abgestrahlt worden. Die erhaltenen Rapporte lassen mich daran zweifeln.
 
Gute Ergebnisse hatte ich auch im 60m Band. Da dort die abgestrahlte Leistung auf 15 Watt EIRP begrenzt ist und die Antenne etwa 15% Wirkungsgrad hat, hatte ich kein schlechtes Gewissen, auch dort 50W in die Antenne zu schicken.

Doch die AMA-87 hat auch ihre Schattenseiten. Als ich sie erhielt - second hand und angeblich ungebraucht - lief sie nicht im 17 Meter Band. Bei 16 MHz war die Abstimmung am Anschlag. 
Bei der Zerlegung stellte sich heraus, dass die Endschalter falsch justiert waren. Ein Problem, das schnell gelöst war.
Doch ein anderes Problem lässt sich nicht so leicht eliminieren: die AMA-87 benutzt einen einfachen Drehko mit Schleifring. Kupfer auf Kupfer notabene. Kontaktprobleme und erhöhte Verluste sind daher praktisch "vorprogrammiert". So kam es zuweilen vor, dass die Signale, bei längerem Hören auf der gleichen Frequenz, langsam im Nirwana verschwanden, . Nach einem kurzen "Stoss" HF waren die Signale dann wieder da - der Schleifkontakt wieder hergestellt. Versilbern würde sicher helfen. 
Das ist aber keine dauerhafte Lösung. In eine ernsthafte Magloop gehört mindestens ein Split-Stator, bzw. ein Schmetterlingskondensator. Einfache Drehkos mit Schleifern haben in einer Magloop nichts zu suchen.
Trotzdem erstaunlich, wie gut die Antenne mit den Zusatzverlusten durch den Schleifkontakt lief!

Ich werde in Zukunft diesen Luft-Drehko durch einen Vakkuum-Drehko ersetzen.

Zurzeit telegrafiere ich von 10m bis 20m mit meiner Kleinen mit 80cm Durchmesser, die direkt im Shack steht. Sie erstaunt mich jeden Tag wieder von neuem mit ihren guten Resultaten. Trotz den Störquellen im Haus ist der Empfang sehr ruhig und die Stationen, die ich höre, kann ich in der Regel auch arbeiten.




 

Donnerstag, 12. August 2021

Overkill

 


Die beste Wahl für eine Magnet-Loop-Antenne ist ein Vakuum-Kondensator. Doch neue Exemplare sind nur für einen Krösus erschwinglich. Der Bastler mit einem Budget muss deshalb das Internet durchstöbern, um einen guten Gebrauchten zu finden. Zurzeit ist das Angebot nicht knapp und die Preise sind erschwinglich. Jennings (USA) heute ABB, Meiden (Japan) Meidensha Corporation und Comet (Schweiz) sind die bekannten Marken. Daneben findet man aber noch Kondensatoren aus Beständen der ehemaligen Sowjetunion. Wenn man Glück hat, sind sie NOS: New Old Stock. Hat man Pech, sind sie Schrott. Kürzlich hatte ich einen, der aussah, als hätte eine Kuh daran gekaut. Doch gestern ist ein Prachtexemplar eingetrudelt. 20 bis 1000pF und 10kV Arbeitsspannung. Originalverpackt in einer Holzkiste. NOS eben.

Diese alten Kondensatoren sind in ein Glasgehäuse eingebaut, wie das früher bei allen Vakuum-Kondensatoren der Fall war. Heutzutage wird bei Vakuum-Kondensatoren nur noch Keramik als Isolationsmaterial verwendet. Es fand bei den Vakuum-Kondensatoren also die gleiche Entwicklung statt wie bei den Senderröhren: von Glas zu Keramik. Robustheit, Schmelzpunkt, Fabrikationskosten waren u.a. die Gründe für diese Entwicklung.   


  Für meine Zwecke ist das Teil ein Overkill. Ich werde mich wieder davon trennen und das Teil auf Ricardo ausschreiben. Meine Sammlung an diesen Teilen ist gross genug für meine weiteren Antennenprojekte.

Aufrüsten werde ich dafür auf einem anderen Gebiet: Das 2m Band wird auch in der neuen Anstalt eine wichtige Rolle spielen. Und da mein neues Irrenhaus und Demenzrefugium nicht auf einem Berggipfel, sondern in einem Talkessel steht, kommt die Regel Nummer 2 des erfolgreichen Funkens zum Zug: "auf die Dauer hilft nur Power."

Deshalb schaue ich mich zurzeit nach einer VHF-PA um. Zwar laufe ich damit Gefahr, zu einem Krokodil zu mutieren. Ihr wisst schon: grosse Klappe, kleine Ohren. Aber EME vom Anstaltsbalkon würde sicher auch Spass machen.

Dabei fällt mir gerade ein, dass ich noch abchecken sollte, ob dort in den Bergen der Mond überhaupt sichtbar ist. 

Das Angebot an 2m Endstufen ist überschaubar. Die kleinen Kästchen von Microset, RM Italy und Mirage sind zu schwach auf der Brust. Ein Upgrade von den 100W meines IC-9700 auf z.B. 200W ergibt nicht viel Sinn. Die 3dB machen den Braten nicht fett.

Also bleiben wohl nur die Edelendstufen von BEKO oder die englischen Gemini. Natürlich ist selber bauen auch eine Alternative. Passende MOSFET sind heutzutage recht günstig und das dazu notwendige 50V Netzteil auch keine grosse Sache. Kommt Zeit, kommt Endstufe. Ich werde euch, liebe Demenzleser, auf dem Laufenden halten. 

 


Montag, 9. August 2021

Funken über die sporadische E-Schicht

 


Dieser Sommer ist in jeder Hinsicht seltsam. Auch in Funktechnischer. Fast jeden Tag herrschten bisher Shortskip-Bedingungen und man konnte über sporadische E-Wolken quer durch Europa funken. Oft im 10m Band, häufig auch im 6m Band. Und ab und zu ging es sogar auf 2m.

Wie diese sporadischen E-Schichten zustande kommen, ist noch nicht restlos geklärt. Irgendwie scheinen sie mit dem Wetter in der Atmosphäre zusammenzuhängen. Hat die dauernde Gewitteraktivität in diesem Sommer damit zu tun, dass es so viele und so lange Es Bedingungen gibt?

Geschrieben wurde schon viel über dieses Phänomen, das in der Regel Verbindungen bis ca. 2200km ermöglicht. Doch vorhersagen lassen sich diese unvermittelt auftauchenden und wieder verschwindenden Schichten nicht. Man weiss nie, wann und wo sie auftreten und wie stark sie sind. Nur ihre Höhe ist bekannt: ca. 100km, und man weiss, dass sie mehrere Kilometer dick sind und sich über 100km oder mehr ausdehnen können.

Klappert man die Ionosphärensonden ab, ist ihr Erscheinen nicht zu übersehen, wenn sie sich gerade über der entsprechenden Sonde befinden. Im folgenden Beispiel über Juliusruh in Norddeutschland:


Man sieht in diesem Ionogramm, dass die Es Schicht eine Grenzfrequenz von 4 MHz aufweist. Das ist die Frequenz, die bei einer senkrechten Strahlung in die Es-Schicht reflektiert wird (Siehe linke Kolonne unter foEs). Erfolgt die Einstrahlung nicht senkrecht, sondern unter einem flacheren Winkel, steigt die Reflexionsfrequenz. Aber die Sonde strahlt nur senkrecht wie ein Springbrunnen. Doch welche maximale Frequenz kann man für die sporadische E-Schicht bei foEs=4MHz bei flacher Strahlung erwarten? Oder was uns noch mehr interessiert: welche foEs muss die Ionosonde messen, damit noch Frequenzen um 28Mhz, 50Mhz oder gar 144 MHz bei flachmöglichster Einstrahlung reflektiert werden?

Wenn man das herausfinden will, kann man sich fast zu Tode googeln. Für die normale F-Schicht Übertragung ist der Fall klar. Die maximalen Frequenzen in Abhängigkeit der Sprungdistanz kann man bequem aus der Fusszeile des Ionogramms entnehmen. Im obigen Beispiel beträgt die MUF für 3000km 16MHz. Das ist zwar nur ein errechneter Wert aus der Senkrecht-Reflexions-Frequenz, doch einen solchen Wert sucht man für die Es vergebens. 

In einem QST-Artikel von Emil W3EP aus dem Jahr 1988 bin ich jedoch fündig geworden. Neben umfassenden Informationen zu den sporadischen E-Schichten, stösst man dort auf die Zahl 5.3.

5.3 x 4MHz = 21.2 MHz. Die Es Schicht über Juliusruh im obigen Beispiel würde also noch das 15m Band reflektieren, bei maximal flacher Einstrahlung. Für das 28MHz Band müsste foEs jedoch bei 5.3 MHz liegen. Und für 50MHz Verbindungen über eine sporadische Wolke bei über 9.4 MHz. Solche Werte habe ich diesen Sommer häufig bei den europäischen Ionosonden beobachtet. Für Verbindungen im 2m Band muss aber der Wert foEs auf gut 27 MHz klettern.

Das bedeutet nichts anderes, als dass eine Es-Wolke kürzeste (lokale) Verbindungen im 11m Band ermöglichen muss, damit darüber 2m Verbindungen möglich wären.

Doch wie gesagt: im Wort "sporadisch" liegt der ganze Zauber dieser Ausbreitungsart. Wo und Wann sind Unbekannte. Alle was man weiss ist, dass Es hauptsächlich im Sommer auftritt.  


Samstag, 7. August 2021

Vom Zuckerstock zum Aluhut

 


Der Direktor unserer Anstalt wurde in eine andere Anstalt umdisponiert. Es geht das Gerücht um, dass er einen Gehirnstrudel erlitten hat. Das kann nach einem intensiven Gehirnsturm auftreten. Ich vermute, er hat alles einfach zu ernst genommen. Als sie ihn in einer weissen Weste, die man nur von hinten aufmachen kann, abtransportiert haben, habe ich durch das Dachfenster zugeguckt. Sie haben auch seine Zuckerhut-Sammlung mitgenommen. Man munkelt, er habe seine Zuckerhüte aus Homöopathie-Kügelchen gegossen, die er in Likör auflöste.

Wie dem auch sei. Wir haben jetzt eine Direktorin. Auch sie hat was am Hut. Als erstes hat sie an die Ungeimpften Aluhüte verteilt. Das helfe auch gegen 5G, meinte sie.

Sie wird nun unseren Umzug an den neuen Standort organisieren. Ich hoffe, dass wir dazu keine weissen Westen anziehen müssen. Es gibt ja immer welche, die bei jeder Gelegenheit ausbüxen.

Auf jeden Fall freue ich mich auf den neuen Standort. Er liegt in der Nähe einer Kartause und eines Altersheims. So haben wir immer eine Alternative parat. 

Aber er liegt auch inmitten eines regionalen Naturparks. Das ist nicht nur eine prima Gelegenheit Flora und Fauna zu beobachten, sondern auch WWFF zu funken. Ich denke schon an ein Crowdfunding, um einen IC-705 zu finanzieren. Andererseits hoffe ich natürlich darauf, dass mir als Influencer ein solches Gerät zur Verfügung gestellt wird. Plus eine Übernachtung im Hotel Callier. Zumal die Schokolade der gleichnamigen Fabrik in Broc zu meiner Lieblingssüssigkeit gehört.

WWFF ist ja eine tolle Alternative und Ergänzung zu SOTA. Anstatt von einem Gipfel, funkt man aus einem Naturpark. In der Fachsprache heisst das natürlich nicht "funken" sondern "aktivieren". Man nimmt seine Funkstation, Wasserflasche und Müsliriegel und begibt sich in den Park. Dort macht man dann ein paar QSO's. 44 müssen es mindestens sein, habe ich gelesen. Das kann man aber auch auf zwei Tage verteilen. 22 heute, 22 übermorgen, zum Beispiel.

Wie bei SOTA ist man dann Beute für die Jäger. Die lauern einem auf, damit sie ein Diplom kriegen. So einfach ist das Ganze aber nicht. Es gibt dazu ein ziemlich umfangreiches Reglement, das sich gescheite Köpfe ausgedacht haben. Ich werde also nicht einfach vor die Haustür der neuen Anstalt gehen und losfunken können. 

Immerhin ist es eine schöne Alternative zu SOTA. Denn für nicht schwindelfreie und von Arthritis geplagte alte Säcke wie mich, ist die Auswahl der SOTA-Gipfel bescheiden. Zwar wird die neue Anstalt von Gipfeln geradezu umzingelt sein. Aber die meisten davon sind rot und für einfache Spaziergänge nicht geeignet.

Zur Ausrüstung eines Voralpenfunkers gehört natürlich auch ein geladenes Smartphone. Man hat zwar zur Not den Amateurfunk dabei, doch das Telefon schlägt in der Regel jeden Notfunkkoffer.

Eine App die ich für die "Aktivierung" von Flora&Fauna unbedingt empfehlen kann, ist FLORA INCOGNITA der Universität Ilmenau. Sie ist kostenlos und identifiziert Pflanzen, Bäume, Sträucher aufgrund von Handyfotos. Eine der besten und nützlichsten Apps, die ich auf dem Handy habe, das lustigerweise in der Schweiz immer noch Natel genannt wird.

Die Aufnahme zuoberst zeigt eine Arnika. Eine Heilpflanze aus den Alpen, die Flora Incognita sofort erkannt hat. Im Bild unten ist das Blatt einer Edelkastanie zu sehen, die erstaunlicherweise bei uns mitten im Walds steht und die die App auch mühelos identifizieren konnte:




Donnerstag, 5. August 2021

Der Radio Garten

 


Dank dem Internet ist die Welt zu einem Dorf geworden. Ausgerechnet an einem "alten" Medium wie dem Radio lässt sich das vortrefflich demonstrieren. Ein Streifzug durch den Radio-Garden ist ein wahrer Augenöffner.

Der Radio-Garden ist eine Webseite mit einer Weltkugel, die sich beliebig drehen und zoomen lässt, wie bei Google Earth. Darauf befinden sich unzählige Punkte über alle Erdteile verstreut, die man ansteuern kann. Jeder Punkt steht für eine oder mehrere Rundfunkstation, die man über das Internet empfangen kann. Und das ist heute jeder Sender, der etwas auf sich hält. 

In Ballungsgebieten steht wegen der Stationsdichte ein Punkt für eine ganze Auswahl von Stationen, die sich über ein Menue einzeln ansteuern lässt.

Während ich diese Zeilen schreibe, läuft FM1 aus Papeete, Tahiti.   

Mittwoch, 4. August 2021

Amateurfunk: Verzweifeltes Marketing in der Sinnkrise

 


Der Amateurfunk wird mit einer ganzen Palette von Bedrohungen konfrontiert, mit denen er sich auseinandersetzen muss: mangelnde Akzeptanz der Antennen, zunehmender Störnebel, Frequenzbedarf der kommerziellen Dienste, um nur einige zu nennen. Doch wirklich in seiner Existenz bedroht wird er durch den Nachwuchsmangel. Der Amateurfunk überaltert und droht auszusterben.

Die rasante Entwicklung der IT hat unsere Gesellschaft verändert und damit auch das Interesse der jungen Menschen. Die Faszination "Radio" ist verblasst. Amateurfunk ist angesichts der neuen IT Möglichkeiten nicht mehr attraktiv. Alte Männer, die in einem Zimmer auf Skalen starren und seltsame Funksprüche in den Aether senden, sind kein geeignetes Vorbild mehr, die heutige Jugend zu begeistern. Diese kann in solchem Tun keinen Sinn mehr finden. Heute nicht und angesichts der technischen Entwickelung morgen noch viel weniger.

Kein Wunder, versuchen die Amateurfunk-Verbände ihr Marketing neu auszurichten, um Nachwuchs zu finden. 

Bereits vor Jahren wurden die Einstiegshürden schrittweise gesenkt:  Zuerst wurde das Tempo der Morseprüfung verringert, später wurde diese ganz abgeschafft. Eine Prüfung, die weniger Aufwand und Anstrengung verlangte, sollte mehr Nachwuchs anlocken. Nach einigen Jahren war der damit erzielte Effekt jedoch verpufft und die Prüfungsanforderungen mussten weiter reduziert werden. Es wurden neue Lizenzklassen geschaffen, die leichter zu erlangen waren. Der Zugang zum Amateurfunk wurde jetzt mit blossem Auswendiglernen von Multiple Choice Antworten möglich.

Inzwischen hat fast jeder CB-Funker die Amateurprüfung geschafft und der Effekt auch dieser "Förderungs-Massnahme" ist verpufft.

Zugleich wurde das Hobby aber auch trivalisiert. Funker sind heutzutage - mit wenigen Ausnahmen - keine Elite mehr. Das technische Wissen ist zum Teil jämmerlich. Dafür ist der Dunning-Kruger-Effekt weit verbreitet. 

Daraufhin gründeten die Amateurfunk-Verbände Arbeitsgruppen und organisierten Gehirnstürme (Brainstormings) um neue Alleinstellungsmerkmale (USP, Unique Selling Propositions) zu finden. Was konnte man jungen, technikaffinen Menschen anbieten, um sie zum Einstieg in unser geliebtes Hobby zu bewegen? 

Mehr IT im Funk war solch eine Idee. Was wäre, wenn an der Prüfung Programmierkenntnisse anstelle Transistortechnik verlangt würde? Müsste sich der Funk nicht von der Analogtechnik ab- und vermehrt der Digitaltechnik zuwenden? 

Dann hatte jemand die Idee, dass die Amateurfunker ein eigenes Internet brauchten. Das HAMNET war geboren. Die Argumente für dessen Notwendigkeit wurden an den Haaren herbei geschleift. Jedes dümmer als das andere. Denn notwendig war und ist ein solches Netz keineswegs. Dabei gibt es sehr wohl gute Gründe für ein solches Unternehmen: Nämlich der eigentliche Zweck des Amateurfunks: persönliche Weiterbildung, technische Studien und Kommunikation untereinander.  

Genau aus diesen Gründen hielt dann auch die digitale Kommunikation Einzug ins Relais-Netz. Denn besser oder notwendig war die digitale Sprachkommunikation keineswegs. D-Star, zum Beispiel, klingt wie ein Roboter aus der Spritzkanne. Ein Verkaufsgag von Icom. 

Aber die Nerds unter den Amateurfunkern liessen DMR-Relais wie Pilze aus dem Boden schiessen. Wer möchte nicht System-Administrator werden? Wenn schon nicht im Beruf, dann mindestens im Hobby.   

Doch IT-Nerds sind eine rare Spezies. Und das nacheilende Fussvolk hatte zu wenig Know-How im Gepäck. Der Zug kam zum Stillstand, die Lokomotivführer verloren das Interesse und die Orientierung. Die Passagiere enterten andere Digital-Züge. Derweil funken die alten Männer in ihren Funkstuben immer noch analog. Das Interesse, sich weltweit in virtuellen Chaträumen auszutauschen, wurde überschätzt.

DMR, von mir scherzhaft Demenzradio genannt und zum Namen dieses Blogs erkoren, hat zudem einen entscheidenden Nachteil. Der Amateurfunk spielt hier keine Pionierrolle mehr, sondern kopiert eine kommerzielle Entwicklung.   

Dann erfand ein brillanter Nobelpreisträger und Funkamateur eine digitale Betriebsart, die weltweiten Funkverkehr mit bescheidenen Antennen erlaubte: FT8. Heute funkt die Hälfte aller Amateure in FT-8. Zusammengedrängt auf wenige, 3kHz breite Kanäle im Kurzwellenbereich. Der grosse Rest des Spektrums wirkt ausserhalb Contest-Zeiten wie bei einem Mögel-Dellinger Effekt.

Dass diese Entwicklung kaum junge Menschen für unser Hobby begeistern kann, verwundert nicht. Denn eine echte Kommunikation findet damit nicht statt. 

Heute trägt jeder ein Bildtelefon und Minikino mit einem leistungsfähigen Computer in seiner Tasche. Ohne Lizenzprüfung, notabene. Und jetzt zeigen wir den Kids, wie wir in Contesten einander 59 zubrüllen und unsere Computer mittels FT-8 sinnlose Verbindungen untereinander tätigen. 

Kein Wunder ist das Marketing der Amateurfunkverbände in einer verzweifelten Verfassung. 

Doch in den letzten Jahren hatte das Marketing der Amateurfunkverbände in seiner Hoffnungslosigkeit eine scheinbar glänzende Idee. Mit dieser sollte nicht nur Nachwuchs angeworben, sondern auch das Image des Amateurfunks in der Öffentlichkeit aufpoliert werden. Und damit, als hübscher Nebeneffekt, sollte auch die Akzeptanz unserer Antennen bei Politik und Nachbarschaft verbessert werden. 

Der Notfunk-Koffer betrat die Bühne.

Die Amateurfunker sollen in Zukunft den Katastrophen-Organisationen ihre Unterstützung aufschwatzen. In Katastrophen wie zum Beispiel beim Hochwasser in Deutschland, Österreich oder der Schweiz.

BTW. Wo sind sie denn, die vielen Zeitungsartikel über den heldenhaften Einsatz der Amateure in den Hochwassergebieten? 

Tritt der Fluss über die Ufer, greift der Funker zu seinem Notfunkkoffer und begibt sich in das Gebiet der Katastrophe. Oder mit seinem SUV zumindest auf den nächsten Hügel um von dort in das Kommunikations-Geschehen einzugreifen und die Welt zu retten. Ältere Semester fahren mit dem Rollator, an dem bereits der 2m Trnsceiver montiert ist.

Nur seine einzigartigen technischen Fähigkeiten und sein Notkoffer können noch helfen, wenn die Verbindungen der Profis überlastet und zusammengebrochen sind. Aber auch der Funker in seiner Stube kann mit seinem Wissen über "Yaesu", "Icom" und "UNUN" Rettung bringen. Der Gemeindepräsident, der die Sirene nicht eingeschaltet hat, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen, wird sich durch die Wassermassen kämpfen und den Funker seines Ortes aufsuchen. Der setzt dann einen Notruf nach Berlin, Bern oder Wien ab und verliest die Botschaften der Nachbarschaft an ihre Lieben. Auch die Rettung des Alpöhis in seiner unterspülten Hütte wird ihm auf wundersame Art gelingen.  

Ein nobler Gedanke, der sicher viele junge Menschen begeistern wird. Wer möchte schon kein Held sein? Wer möchte nicht in der Zeitung lesen, wie tapfere Amateurfunker Menschen aus kritischen Situationen gerettet haben?

An Katastrophen ist ja in der heutigen Zeit kein Mangel und noch viele mehr werden auf uns zukommen. Wir sind auf dem besten Weg dazu. Da drängt es sich geradezu auf, als Funker zum Prepper zu werden. Den Notkoffer allzeit bereit, der Akku des Handys voll, mit Müsliriegel und Wasserflasche in der Regenjacke. 

Nein. Danke, muss ich dazu sagen. Ich helfe gerne, wenn ich kann. Auch mit meiner Funkstation, sollte der unwahrscheinliche Fall mal eintreten. Aber ich werde mich davor hüten, den Profis auf den Füssen rumzustehen. Die sind für den Katastrophenfall gerüstet. Ich bin nur ein Amateur. 

Und mein Hobby betreibe ich, weil es mir Spass macht und weil ich damit immer wieder Neues erforschen und entdecken kann und mich darüber mit meinen Kollegen und Freunden austauschen kann. Auch in der ältesten Kommunikationsart, die heute kaum einer mehr beherrscht: der Morsetelegrafie. 

Mag sein, dass ich zu einer aussterbenden Spezies gehöre. Das macht nichts. Das Leben ist ja nur ein Provisorium, genauso wie meine Antenne.

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Montag, 2. August 2021

Huch! Ein schwarzes Schaf!



Dass mein Blog allen gefällt, habe ich nie erwartet. Doch dass das Missfallen bis in die höchsten Spitzen der USKA, der Union Schweizer Kurzwellen Amateure reicht, betrübt mich.
So hat Bernhard in der Rubrik "Was ist Demenzradio" kürzlich folgenden Kommentar gepostet: 

Ich bin mir nicht so sicher, ob der Name dieses Blogs zur Stärkung des Ansehens des Amateurfunks bei den Behörden (BAKOM, BABS, BAV, SRK etc.) beiträgt. Wie soll ich im Rahmen des Notfunk's einer kantonalen Notorganisation erklären, dass seriöse, engagierte Funkamateure ihnen in extremen Katastrophen-Situationen helfen könnten?? Mit "Demenz" möchte ich persönlich und sicher auch die Mehrheit der Funkamateurgemeinschaft nicht in Verbindung gebracht werden. Bernard, HB9ALH

Lieber Bernhard, ich kann deine Bedenken gut verstehen. Und da ich gerne lösungsorientiert arbeite, möchte ich hier einige Möglichkeiten aufzeigen, wie sich das "Problem" aus der Welt schaffen liesse.

1. Du streitest einfach ab, dass du mich kennst. Diese Taktik wende ich jeweils an, wenn sich mein Freund in der Öffentlichkeit zum Affen macht. Sollte dir eine der genannten Organisationen keinen Glauben schenken, beharrst du auf Erinnerungslücken. 

2. Du erklärst diesen Organisationen, dass ich ein schwarzes Schaf bin. Jede Partei und jede Organisation hat ihre schwarzen Schafe. Das ist normal. Manche stören die Relais oder lassen auf 80m unflätige Kommentare los, andere schreiben Blödsinn.

3. Die USKA kündigt mir die Mitgliedschaft wegen Rufschädigung. Das ist nichts neues und haben andere auch schon gemacht. Der DARC hat mich schon rausgeworfen, bevor ich überhaupt Mitglied werden konnte. Dieses Vorgehen lässt sich auch gut mit Punkt 1 und 2 kombinieren. 

4. Ich denke mir für dieses Blog einen neuen Titel aus: Wie wäre es mit PornRadio, Schweizer Funkpiraten oder "Funksprüche aus der Anstalt"? Radio Irrlicht oder "Ohne Not kein Funk" wären auch noch frei. Dann beginne ich wieder von vorne, wie ich das bereits zweimal getan habe (1, 2) und versuche es besser zu machen. In der Hoffnung, dass mir meine Demenz keinen Streich spielt.

5. Erkläre diesen Organisationen, dass das was ich schreibe unter Meinungsfreiheit fällt und mein Blog eine Kunstform zwischen Technik und Satire sei. Ausserdem würde kein vernünftiger und ernsthafter Amateurfunker mein Blog lesen. Im Zweifelsfall verweist du auf die USKA Webseite und den Umstand, dass mein Blog dort nicht verlinkt ist.

In der Hoffnung einige Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt zu haben, verbleibe ich, dein
Anton, HB9ASB 

 

 




Meine Zahnärztin funkt im Petahertz Bereich

 


Kürzlich hat mich meine Zahnärztin wieder mal mit ionisierender Strahlung bearbeitet, bzw. meine Zähne geröntgt. Als technisch Interessierter gehen einem dabei natürlich diverse Gedanken durch den Kopf. Zumal es sich um elektromagnetische Strahlung handelt, wie wir Funker sie auch verwenden. Einziger Unterschied: Der Röntgenapparat erzeugt wesentlich kürzere Wellen als unser Transceiver. 

Ionisierende Strahlung ist für den Menschen gefährlich und kann unsere DNA schädigen. Nicht ionisierende Strahlung, wie unsere Radiowellen, tut das nicht. Und so stellt sich die Frage: "Ab welcher Wellenlänge ist elektromagnetische Strahlung ionisierend?" 

Der Übergang liegt bei etwa 250nm (Nanometer) und ist fliessend. Das entspricht einer Frequenz von 1200 Terahertz bzw. 1.2 Petahertz. Daher ist bereits UV-Strahlung schädlich. 

Ab dieser Grenze kommt ein neuer Begriff ins Spiel: Die Quantenenergie. Gemessen in Elektronenvolt. 

Nur kürzere Strahlung als ca. 250nm hat genügend Quantenenergie, Elektronen aus den Atomhüllen zu lösen. Unser höchstes Amateurfunkband bei 250GHz - 1.2mm Wellenlänge - ist also noch sehr weit von der Ionisationsgrenze entfernt. 

Doch wie schädlich ist das Röntgen der Zähne wirklich? 

Auch im Flugzeug kriegen wir etwas Höhenstrahlung ab, die genügend Quantenenergie besitzt, unsere Zellen zu schädigen. Die Aluminiumröhre in der wir sitzen, schützt uns nur unvollständig. Eine Shopping-Tour mit dem Flieger von Frankfurt nach New York und retour entspricht etwa zehnmal Zähne röntgen, wie aus dieser Darstellung ersichtlich ist.

Wieviel Strahlung wir im Flieger abkriegen, hängt aber nebst der Flughöhe auch von der Sonnenaktivität ab. Die "Space Weather Women", Dr. Tamitha Skov, weist in ihren wöchentlichen Kommentaren zum "Weltraumwetter" deshalb auch auf diese Gefahrenquelle hin.