Montag, 10. Oktober 2022

Amateurfunk - ein aussterbendes Hobby

 
















Dieses Bild (aus dem Mitteilungsblatt der Sektion Neuenburg HB9WW) zeigt die Altersstruktur der Funkamateure in der Schweiz. In anderen Ländern wird es wohl ähnlich sein. Was man sieht, ist keine Neuigkeit: Die meisten Amateurfunker sind alte Männer (Frauen sind in unserem Hobby Exoten). Der Nachwuchs fehlt, die Jungen interessieren sich für andere Freizeitbeschäftigungen. Interessante Hobbies gibt es heutzutage mehr als je zuvor und die Elektronik ist ein selbstverständlicher und unverzichtbarer Teil unseres Lebens geworden. Amateurfunk wird höchstens noch mit Staunen zur Kenntnis genommen und das Interesse ist bescheiden.
Kurz: die Alten sterben weg, Junge kommen kaum nach.

Die Amateurfunkverbände sorgen sich um ihren "Mitgliederbestand" und versuchen mit verschiedenen Ansätzen jungen Nachwuchs für unser Hobby zu begeistern. Die einen mit einer weiteren Senkung der Prüfungsanforderungen, andere mit Diversifizierung und Ausbildungsangeboten. 

Doch das Sterben unseres Hobbies wird sich kaum aufhalten lassen. Auch nicht mit einer Transformation in eine neue Variante. Denn eine solche ist schon längst geschehen. Sie nennt sich aber nicht mehr Amateurfunk und elektromagnetische Wellen sind dabei eine Randerscheinung oder ein Störfaktor. Natürlich können wir Hacker, Maker und Prepper werden. Natürlich können wir jeden freudig begrüssen, der ein Funkgerät benutzt. Wollen wir das?  

Nichts lebt ewig und Sterben ist ein natürlicher Prozess. Wieso wollen wir ihn aufhalten? Es gibt da eigentlich nur einen logischen Grund: man möchte die Pfründe für die letzten Sterbenden so lange wie möglich erhalten. Auch die heute 30 bis 40 Jährigen sollen im Alter noch Frequenzen und Rechte wie wir geniessen können. 
Natürlich gibt es noch jede Menge emotionaler Gründe. Nostalgische vor allem. 

Sollten wir angesichts des Unausweichlichen nicht einfach nichts tun und den Patienten sterben lassen?
Sind unsere Versuche, den Prozess aufzuhalten oder gar umzukehren, nicht sogar kontraproduktiv?
Zerstören wir gar unser sterbendes Hobby mit unseren verzweifelten Versuchen, Nachwuchs zu generieren? Der zunehmende Verfall der Sitten auf unseren Frequenzen ist ein Indiz in diese Richtung. Der erschreckende Mangel an technischem Wissen und Betriebstechnik ist kaum zu übersehen. Anstatt in Würde unterzugehen, könnte unsere Hobby in einem pervertierten Abklatsch einer ehemaligen Freizeitbeschäftigung passionierter Gentlemen untergehen.

Geben wir jungen technisch interessierten Enthusiasten unsere Unterstützung mit Rat und Tat. Leisten wir unserer Beitrag an die Gesellschaft mit unserem Wissen und Können. Aber wenn es sich nicht aufhalten lässt: lassen wir unser Hobby in Würde sterben. Die Geschichte wird uns dankbar sein.  

Ein Tag an dem du nichts Neues lernst, ist ein verlorener Tag.





   

3 Kommentare:

  1. Hinter dem Aussterben steckt mehr, nämlich Dekadenz. Das ist nicht Mal bös gemeint, aber niemand denkt über etwas nach, wenn es selbstverständlich geworden ist. D.h. ein Smartphone ist selbstverständlich, also fragt keiner, wo da die Antenne ist. Er wird vermutlich nicht Mal verstehen, dass es Funkwellen nutzt! Warum sollte er es denn? Es funktioniert doch. D.h. wir Funkamateure dürfen die Welt nicht mit unserem Denkhorizont sehen, sondern die Menschen verstehen, die mit Smartphones, Supermarkt, Flugzeug etc. Aufgewachsen sind. Und müssen überlegen, wie man Hunger nach Wissen pflanzt, wenn doch alles funktioniert. Roland dl9nbx

    AntwortenLöschen
  2. Stirb der Amateurfunk wirklich aus? Oder interpretieren wir das nur in die Zahlen?
    Als junger Bursche wollte ich mehr an anderen Dingen drehen als an Knöpfen, da war mir die Nähe eines hübschen Mädels wichtiger als das Rauschen eines Funkgeräts. Gut, ich hatte da schon die Lizenz, aber das Hobby hatte ein düsteres Dasein in der Zeit. Erst mit wachsendem Verdienst konnte man sich auch "richtige" Funkgeräte leisten, wollte ich doch lieber im Modellbau etwas zuwege bringen als immer die verbrannten Fingerspitzen von der Freundin vorgehalten zu bekommen, dass die Hornhaut so kratzt.
    Nein, selbst da war ich kein "echter" Funkamateur, weil dann die Frau, das Eheleben und die Kunder samt Hunde in mein Leben traten. Erst nachdem die Kinder fast schon erwachsen waren, blieb Zeit und vor allem Geld übrig, die Funkanlage so aufzupeppen, dass damit richtiger Betrieb möglich war! Und erst nach und nach hatte ich alles soweit begriffen, was ich vor Jahren auswendig gelernt hatte.

    Die meisten Interessierten werden erst ab 40 Zeit und Geld haben für das doch recht kostenintensive und platzfressende Hobby. Davor braucht man beides für Haus und Hof.

    Ja, es werden nicht mehr so viele sein, die in unserer schnelllebigen Zeit ein Hobby betreiben wollen, das auch noch davor den Fleiß des Lernens gesetzt hat. Aber es wird immer Neugierige geben, die das tun wollen. Vielleicht nicht mit 12 und 14 jahren, sondern erst deutlich später!

    AntwortenLöschen
  3. P.S.: Als bei den AM-Funkern bekannt wurde, dass es jetzt SSB gab, prophezeite man den Tod des Amaterufunks. Als der CB-Funk aufkam, prophezeite man den Tod des Amaterufunks. Dann wurde in DL die C-Lizenz eingeführt, der Tod des Amaterufunks stand praktisch schon fest. Packet Radio kam auf, die Dekadenz des Amaterufunks. Und er lebte dennoch weiter. Dann wurde auch noch die CW-Prüfung abgeschafft, der klare Untergang des Amateurfunks! Es wurden die digitalen Betriebsarten erfunden, PSK, BSK, FSK, Pactor, Amtor, Hell, Olivia, SSTV, der ganz sichere Tod des Amaterufunks! Und er lebte dennoch weiter. Und trotz dem ganzen FT-8 Gedüdel, 100 DXCC in 8 Tagen dank völligem Automatismus, während man in der Zwischenzeit Urlaub auf Rügen gemacht hat.
    Selbst DMR, D-Star und C4FM haben den Afu nicht in die Knie gezwungen. Im Gegenteil, jeder Entwicklungschritt hat uns ein kleines Bißchen weiter gebracht. Nutzen wir die Vielfalt, dass jeder seine Nische finden kann. Noch nie bot Amaterufunk so viele Möglichkeiten!

    AntwortenLöschen