FT-8 ist die meist verwendete Betriebsart im Amateurfunkdienst. Doch wieso entschliessen sich so viele Funker, FT-8 zu benutzen, anstelle von SSB, CW und dem ganzen Rest?
Auch in der Anstalt ist FT-8 beliebt. Natürlich habe auch ich FT-8 ausprobiert, auf Kurz- und Mittelwelle und auch auf 50MHz und im 2m Band. Sollte mir einmal das Telegrafieren verleiden oder wegen des Zipperleins nicht mehr möglich sein, werde auch ich auf FT-8 umsatteln.
Als FT-8 aufkam, hatten die Doomsayer und Naysayer das Ende des Amateurfunks prophezeit. Doch der Amateurfunk ist immer noch da und lebt. Man muss nur auf den richtigen Frequenzen hören: auf den FT-8 Kanälen. Und genau diese Kanäle sind schon ein Vorteil gegenüber SSB, CW und dem Rest. Kein gewaltiger, aber ein bequemer Vorteil. Man weiss sofort, wo man hin muss, denn jedes Band hat seinen FT-8 Kanal. Es gibt kein mühsames Absuchen des Bandes, kein Kurbeln am Abstimmknopf. Das erinnert uns alte Hasen ein wenig an den CB-Betrieb und macht jeden Kanalarbeiter glücklich.
Doch der Kanalbetrieb ist beileibe nicht der einzige Vorteil und wäre allein genommen kein Grund für die extreme Beliebtheit dieser Betriebsart. Ein weiterer Vorteil von FT-8 liegt darin, dass dazu absolut keine Sprachkenntnissen notwendig sind. Kein Englisch, kein Französisch und kein Spanisch. Nicht einmal "Five Nine" muss man verstehen, um fremde Länder zu arbeiten. Deutsch reicht vollkommen. Ich würde sogar soweit gehen, zu sagen, dass auch partielle Analphabeten FT-8 machen können. Und das ist eine nicht zu unterschätzende Bevölkerungsgruppe. Im Gegensatz zu FT-8 muss man für SSB-Betrieb Englisch können. Ohne Englisch kein DX. Gut, der notwendige Wortschatz ist bescheiden, aber immerhin muss man auch in der Lage sein, die unterschiedlichen Ausprägungen des Englischen zu verstehen. Ein Inder spricht nun mal ein anderes Englisch als ein Texaner.
Die Morsetelegrafie verlangt zwar auch keine Englischkenntnisse. Zumindest nicht für Standard-QSO's. Aber für CW-Verkehr gibt es einen ganzen Katalog von Abkürzungen und Codes, die man beherrschen sollte. Zudem ist es wie bei SSB: wenn mal jemand rückfragt, steht man ohne Sprachkenntnisse wie ein Esel am Berg. Das kann Ärger geben.
Und damit sind wir bei einem weiteren Vorteil von FT-8: Es gibt keinen Ärger. Wer regt sich nach der Arbeit schon gerne auf? Niemand. Man möchte es möglichst friedlich haben und eine ruhige Kugel schieben. Jagt man in SSB oder CW nach DX, kommt man automatisch mit einem so genannten Pile-Up in Berührung. Das ist eine Ansammlung von Undisziplinierten, Besserwissern, Neidern, Störern und anderen unangenehmen Zeitgenossen. Sowas tut man sich doch nicht freiwillig an!
Auch ausserhalb der DX-Jagd läuft man in SSB Gefahr, angemotzt zu werden; und sei es nur deshalb, weil die eigene Modulation der anderen Station nicht gefällt oder man eine Privatfrequenz benutzt, die einem notorischen OM "gehört". In FT-8 fällt dir keiner mit dummen Bemerkungen ins Wort und die Oberlehrer haben keine Möglichkeit, dich zu schikanieren. Sie müssen dem Schema folgen, das vom Program vorgegeben wird.
Dieser schematische Ablauf erspart einem nicht nur Ärger, sondern auch Zeit. SSB, CW und der ganze Rest sind sehr zeitintensiv. Man muss dauernd an der Station hocken und an den Knöpfen und Schaltern hantieren. Da bleibt keine Zeit für anderes. Beim FT-8 Betrieb ist das ganz anders. Man kann dazu in der Zeitung lesen, TV gucken, QSL-Karten oder Lotto-Zettel ausfüllen. Das QSO erledigt der Computer. Und damit kommen wir zu einem weiteren entscheidenden Vorteil:
Für FT-8 sind keine besonderen Fähigkeiten notwendig. Von den Sprachkennnissen haben wir ja schon gesprochen. Doch bei der Funkerei sind mitunter noch andere Kenntnisse erforderlich. Ganz schlimm ist es beim Morsen. Abgesehen von den vielen Abkürzungen ist die Telegrafie wie eine Sprache - eine mit Punkten und Strichen. Die muss man nicht nur mühsam erlernen, man muss auch aufpassen, dass sie nicht wieder aus dem Hirnkasten entfleucht. Anders als beim Velofahren oder Schwimmen, verlernt man das Morsen mit der Zeit. Es ist einfach zu abstrakt, um längere Zeit in unserem Kopf zu verweilen.
Einzig das Funkgerät sollte man in FT-8 einigermassen bedienen können. Nach der Anzahl durchgebrannter Endstufen zu schliessen, schaffen das nicht ganz alle. Doch die Anforderungen an die Operating-Skills, also an die Bedienfähigkeit des Operateurs sind weniger hoch als bei den "klassischen" Modulationsarten. Einziger Wermutstropfen: FT-8 verlangt etwas Computerkennnisse. Ich denke, dass das der Grund ist, wieso überhaupt noch jemand ausserhalb der FT-8 Kanäle unterwegs ist. Die Pappenheimer schaffen es einfach nicht, das FT-8 Programm auf ihrem PC zu installieren - sofern überhaupt vorhanden.
Wenn jetzt jemand meint, dass man in FT-8 auf all die Goodies und Leckerlis verzichten muss, die der Amateurfunk für seine Hobbyisten bereit hält, der geht ganz irr. QSL-Karten sammeln, Wettbewerbe bestreiten und Diplome "arbeiten" ist genauso möglich wie in SSB, CW und dem anderen Rest. Nur weit weniger mühsam.
Doch kommen wir zu einem ganz wichtigen Punkt. Wie ihr alle wisst, bin ich S-Meter-Fan. Ich liebe es, aufs S-Meter zu gucken und habe Freude daran, wie der Zeiger seinen Tanz aufführt. Ich möchte, dass das S-Meter möglichst genau ist und dass S9 auch wirklich 50 Mikrovolt sind. Ein S-Meter muss einfach schön sein und Funkgeräte mit einem hässlichen S-Meter würde ich nie kaufen. Daher ist für mich auch der Rapport eine wichtige Sache. Ich möchte nicht nur sehen, wie gut ein Signal bei mir ankommt, ich möchte auch wissen, wie stark mein Signal bei der Gegenstation ist. In SSB, CW und dem ganzen Rest ist das - zumindest im DX Betrieb - nicht möglich. Alle bekommen 59 oder in CW 599. One size fits all. Auch die Signale an der Grasnarbe und die mit dem grössten Chirp. Ja, ich habe mich sogar selbst dabei ertappt, wie ich einer Station mit einem Paraset 559 gegeben habe. Dabei jaulte sein Signal herum wie von einer Wespe gestochen. Wir erinnern uns: Die letzte Zahl bewertet die Tonqualität.
Doch kommen wir am Ende meines Lobgesangs auf den Vorteil, mit dem ursprünglich FT-8 angepriesen wurde: FT-8 braucht sehr wenig Platz. Gut 50 Verbindungen können in einem einzigen SSB Kanal Platz finden. Die geringe Bandbreite und das ausgetüftelte Protokoll der Übertragung ermöglichen es dem Computer, Signale weit unter dem Rauschen zu detektieren. Wenn das menschliche Ohr schon lange keinen Pieps mehr hört, erscheint die Botschaft der Gegenstation noch fehlerfrei auf dem Schirm. Das bedeutet auch, dass man schon mit kleiner Leistung und wenig Antenne eine Verbindung machen kann. Ein unschätzbarer Vorteil für alle Antennengeschädigten.
Ein FT-8 QSO braucht zwar mehr Zeit als z.B. eine Standard-Verbindung in SSB/CW mit einer Station auf einer seltenen Insel. Doch im Gegensatz zu dem sinnlosen 59-Austausch, der eigentlich nur belegt, dass man auf der Insel gehört wurde, beinhaltet ein FT-8 Austausch alle notwendigen Komponenten, die ihn zu einem vollwertigen QSO machen: den Austausch beider Rufzeichen, einen Rapport, eine Standortangabe und die Übermittlung einer Grussbotschaft. Dabei wird nicht einfach 59 geplappert oder sinnlos 599 gemorst. Der Rapport ist reel. Zwar keine von Auge abgelesene S-Meter-Anzeige, aber ein vom Computer festgestelltes Signal-Rauschverhältnis in dB. Das ist zwar nicht genau das selbe, aber mindestens genauso aussagekräftig.
Kurz zusammengefasst: Mit FT-8 kriegt man mehr für weniger.
Bild: Am Weihnachtsmarkt in Jaun
Und wer all die Vorteile von FT8 mit Freitexten und der Möglichkeit zum Ragchew kombinieren möchte, der kann einfach JS8 nehmen:
AntwortenLöschenhttp://js8call.com/
Okay, man büßt dann logischerweise den Vorteil ein, völlig fremdsprachen-agnostisch QSOs fahren zu können.
Ich finde es klasse, dass so viele jetzt diese Heul-QSO machen, das bringt mehr Platz auf den Bändern, denen DX egal ist, aber dafür das gepflegte QSO. Wenn es FT-8 jetzt noch schafft, die Contestflut zu eliminieren, dann wird es auch am Wochenende wieder schön, auf den Bändern zu sein! ;-)
AntwortenLöschenDem ist nichts hinzuzufügen 😊
LöschenSchrieb DL8YF
LöschenWie Recht du hast
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