Freitag, 10. März 2023

Der Elko: Das schwache Element

 

Nur 105 Grad Elkos: Blick in ein Schaltnetzteil 48/1200W

Gleich ob Schaltnetzteil, Fernseher oder Amateurfunk-Transceiver: Das schwächste Element in elektronischen Schaltungen ist der Elektrolytkondensator. Er kann punkto Zuverlässigkeit und Lebensdauer mit den anderen Komponenten, wie integrierten Schaltungen, Polymer- und Keramikkondensatoren, nicht mithalten. Sein größtes Problem ist die Wärme. Sie verkürzt seine Lebenserwartung drastisch. Sein flüssiger Elektrolyt altert bei steigender Temperatur exponentiell.

Darum ist auf jedem Elko auch seine Temperaturklasse aufgedruckt. Es ist die Temperatur, bei der er eine Lebensdauer von 2000 Stunden erreicht. Ein 85 Grad Kondensator läuft bei dieser Temperatur daher mindestens 83 Tage, bevor er seinen Geist aufgibt. Bei niedrigerer Temperatur verlängert sich seine Lebensdauer: wird er bei einer Umgebungstemperatur von 65 Grad betrieben, hält er bereits 8000 Stunden durch. Also fast ein Jahr lang.

Neben den weit verbreiteten 85 Grad Elkos gibt es noch 105 Grad Elkos. Bei 65 Grad hält ein solcher Elko mindestens 3,7 Jahre lang, bevor er kaputt geht. Gute Entwickler setzen daher 105 Grad Elkos ein und versuchen gleichzeitig, die Temperatur in ihren Geräten möglichst tief zu halten. Sie vermeiden es zudem, Elkos in der Nähe von Wärmequellen zu platzieren.

Bei 45 Grad sieht es schon wesentlich besser aus. 85 Grad Elkos leben unter diesen Bedingungen mindestens 32000 Stunden oder 3,7 Jahre lang. 105 Grad Elkos leben gar 128000 Stunden, bzw. 14,6 Jahre lang  

Das ist zumindest das, was die Hersteller versprechen. Doch zwischen den Fabrikaten gibt es erhebliche Unterschiede. Nicht nur bezüglich ihrer generellen Zuverlässigkeit, sondern auch was den ESR, den äquivalenten Seriewiderstand anbelangt. Je höher dieser ist, desto mehr Wärme wird durch Rippelstrom im Kondensator erzeugt.

Allgemein werden japanische Kondensatoren als die qualitativ Besten beurteilt. Also Marken wie:  Rubycon, Vereinigte Chemi-Con (oder Nippon Chemi-Con), Nichicon, Sanyo/Suncon, Panasonic, Hitachi und ELNA.

Natürlich gibt es auch in Europa und den USA sehr gute Kondensatorhersteller. Doch wegen ihres hohen Preises findet man sie selten in Consumer Produkten. Es sind Marken wie:

Cornell Dubilier (USA), Illinois Capacitor (Derzeit im Besitz von Cornell Dubilier), Kemet Corporation (USA), Vishay (USA), sowie EPCOS (Firma TDK, Deutschland) und Würth Elektronik (Deutschland).

In Consumer-Produkten findet man eher Kondensatoren aus dem Mittelfeld. Dazu gehören Marken wie:

Taicon (gehört zu Nichicon), Teapo, SamXon (außer der GF-Serie, die zu einer niedrigeren Qualitäts-Stufe gehört), OST, Toshin Kogyo und Elite. Und am Ende des Mittelfeldes: Jamicon
und CapXon.

In der Billigelektronik findet man dann unter anderen:

 G-Luxon, Su'schon, Lelon, Ltec, Jun Fu, Fuhjyyu und Evercon.

Auch wenn die Geräte von uns Radiobastlern in der Regel nicht im Dauerbetrieb eingesetzt werden, lohnt es sich nicht, auf Billigware zu setzen. Mit relativ wenig Geld kann man sich so manchen Ärger ersparen. Auch sollten wir darauf achten, dass unser Lagerbestand nicht überaltert. Natürlich kann man versuchen, Jahrzehnte alte Elkos zu formatieren und sie zu diesem Zweck eine zeitlang lang an ein Speisegerät zu hängen. Aber ich würde diese alten Teile bei der nächsten Aufräumaktion lieber in den Kübel schmeißen. Denn vor zwei Jahrzehnten brach die erste große Kondensatorseuche aus. Diese Epidemie erreichte 2010 einen weiteren Höhepunkt und bereitete vielen elektronischen Geräten ein frühzeitiges Ende, bevor sie 2013 langsam ausklang. Was die Covid-Pandemie für uns Menschen des 21. Jahrhunderts war, war die Kondensatorseuche für die Elektronik. 

Interessant ist, dass Elkos, die vor der Kondensatorseuche fabriziert wurden, noch gut im Schuss sind, obwohl sie seit Jahrzehnten in der Schublade liegen. Das betrifft insbesondere japanische und deutsche Elkos und solche aus den USA.

Elektrolytkondensatoren im Internet aus China zu kaufen halte ich für keine gute Idee. Wie bei anderen elektronischen Komponenten kann es sich dabei um Ausschussware handeln. Also Kondensatoren, die bei der Qualitätskontrolle aussortiert wurden und über irgendwelche Kanäle zu Händlern gelangt sind. Besonders bei Elektrolytkondensatoren könnte das zu herben Enttäuschungen führen.

Quellen: 

Lebensdauer von Elkos

Capacitors Manufacturer Tier List

 

3 Kommentare:

  1. Hallo Anton
    Ich verwende vielfach die Rubycon ZL Serie. Die haben einen sehr kleinen ESR. Bei einem Schaltregler essentiel. Ebenfalls 5000Std 105Gr. Sind allerdings THT. Für meine Anwendungen spielt THT keine Rolle. Gegenteil, da kan ich auf der Bottom Seite noch einen 100n X7R 0805 Chip parallel schalten.
    Gruss HB9CIZ Erhard

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  2. Hallo,

    die Tier List ist interessant. Habe mich immer gefragt, woher das Urteil über verschiedene Hersteller kommt. Auf den Suchbegriff bin ich aber nicht gekommen. Nicht zu vergessen wären noch die "Polymer-Elkos". Siehe auch: https://www.industr.com/de/elkos-fuer-hohe-anforderungen-58767
    Habe ich bis jetzt jedoch nur auf PC-Hauptplatinen gesehen.

    BTW: Formatieren tu ich nur Datenträger. Elkos formiere ich lieber - da muss ich mich nicht für ein Dateisystem entscheiden ;-) (welches Dateisystem hat den geringsten ESR?)

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