Wer morst hat mehr vom Leben. Ausserdem tut es dem Hirnkasten gut. Meines Erachtens ein gutes Rezept gegen Alters-Demenz.
Allerdings braucht es zu dieser alten Kunst ein gutes Instrument. Auf einer Stradivari spielt es sich besser als auf einer Fidel vom Flohmarkt, habe ich mir sagen lassen.
Morsetasten gibt es in allen Variationen und Preislagen. Und wie bei anderen Dingen im Leben kommen und verschwinden sie über die Zeit. Gute und bewährte Tastenbauer geben das Geschäft auf oder segnen das Zeitliche, dafür überschwemmen Produkte aus Blech und 3D-Druckteilen den Markt. Darum ist es immer von Vorteil, auf ein gewisses Sortiment zurückgreifen zu können. Zudem macht es doch Spass, ab und zu wieder auf einem anderen Instrument zu spielen.
Um langsam zu telegrafieren, benutze ich gerne klassische Morsetasten. Wie die Blade von Begali - oben im Bild neben dem Paddle. Habe ich doch etwas Mühe, Tempo 60BpM mit dem Paddle zu tasten. Mir fehlt dazu der Rhythmus. Dabei bin ich keineswegs ein Schnelltelegrafist. Im Gegenteil: ich bin ein Stotterer. Beim Sprechen ist das kaum zu bemerken und ich schaffe es, ganze Sätze zu sagen, ohne dass mich meine Gedanken beim Sprechen überholen. Doch beim Telegrafieren ist es ausgeprägt. Dann kommt zuweilen alles durcheinander und eigentlich müsste mein Morsen vor Irrungen überquellen. Aber ich habe schon lange auf die Irr-Punkte verzichtet und beginne einfach ein Wort wieder von vorne, wenn es verdreht rauskam, oder breche ab und verwende ein anderes. Wie auch immer: mein Text ist nie fehlerfrei, gleich bei welchem Tempo. Da kann ich noch so lange üben. Aber daran habe ich mich gewöhnt und es hält mich nicht vom Morsen ab. Im Gegenteil!
Nun habe ich mir wieder einmal eine neue Taste gegönnt. Dieses Mal eine Simplex Mono, oben auf dem Bild zu sehen. Das ist ein einarmiges Paddle, obschon es nicht danach aussieht. Die beiden Arme sind mit einem Kunststoffteil zusammengekoppelt. Squeezing ist damit nicht mehr möglich und Zeichen wie C oder Punkt, kann man nicht durch zusammendrücken und geschicktes Timing generieren. das scheint auf den ersten Blick eine Erschwernis zu sein. Für mich ist es eher eine Erleichterung. Durch den Wegfall von Squeezing entfällt für mich eine weitere Fehlerquelle.
Ich arbeite schon eine Weile am liebsten mit Einhebeltasten, wie hier nachzulesen ist.
Ich weiss zwar nicht, wie es wirklich ist, aber ich habe mir sagen lassen, dass Schnelltelegrafisten deswegen Einhebel-Tasten bevorzugen. Doch bei mir geht es nicht um die Schnelligkeit. Wie viele Telegrafisten kann ich nämlich schneller geben als hören. Das bringt höchstens in Contesten oder DX-Expeditionen einen Vorteil, wo es nur darum geht, 599 auszutauschen. Aber dazu braucht es nicht einmal Morsekenntnisse. Das kann der Transceiver selbst, wenn man ihn richtig programmiert.
Inzwischen soll es sogar "Telegrafisten" geben, die das Morsen nicht beherrschen. Sie tippen den Text in den Computer und der übersetzt dann in Morsezeichen. Der Empfang findet dann in umgekehrter Reihenfolge statt - mit einem Decoder-Programm. Allerdings muss jemand schon gut mit der PC Tastatur umgehen können, damit das Geben via PC nicht auffällt.
Wer weiss, vielleicht geben die OM, die Bandwürmer raushauen, tatsächlich mit der Computer-Tastatur? Wenn sich ein Wort ohne Zwischenraum ans andere reiht oder Wörter seltsam zerhackt sind, liegt der Verdacht nahe.
Auf der andern Seite, beim Decodieren mit dem PC, ist es nicht so offensichtlich. Ein Morsecode-Reader bzw. Decoder-Programm ist auch dann praktisch, wenn man das Hören beherrscht. Schnell entwischt einem in der der Hast ein Wort oder ein Satz oder der OP auf der anderen Seite stottert wie ich es tue. Dann ist man froh, wenn man das Rätsel mit einem Blick auf den Schirm lösen kann. Gerade für Einsteiger oder Wiedereinsteiger.
Macht man es sich aber zur Gewohnheit, alles vom Computer abzulesen, wird man das Lesen von Gehör nie richtig beherrschen. Decoder oder Decoder-Programme sind auch nie so gut wie die Gehör-Gehirn-Kombination des Menschen. Sind die Signale schwach und gestört, versagen die Decoder.
Doch zurück zu meiner neuen Simplex Mono: Es gibt einen bestimmten Grund, wieso ich dieses Paddle besonders mag. Es ist sehr leise. Während andere sich mit lautem Klick-Klack manifestieren, gibt die Simplex Mono kaum einen Laut von sich. Gegenüber meinem Paddle von N3ZN, von der auch Klone auf Ebay rumgeistern, ist sie extrem leise. Trotzdem ist sie präzise und definiert. Ihr Gewicht von 1.4 Kilo sorgt für einen sicheren Stand. Trotzdem lege ich noch ein Silikon-Pad darunter. Denn ich bin ein Slapper und kein Feintaster. So sitzt sie unverrückbar auf dem Stationstisch und macht keinen Mucks.
Hier die Eham Reviews dieser Taste. Wie immer lohnt es sich, diese Reviews aufmerksam zu lesen, bevor man ein Amateurfunk-Produkt erwirbt.
Die Taste habe ich bei der Schweizer Vertretung von Begali bestellt und sie kam mit einem Satz optionaler Alu-Paddle direkt aus Italien. Prompt und gut verpackt wie von der Firma Begali gewohnt. Die gelochten Alu-Paddle sind empfehlenswert. Sie haben nicht die Tendenz, bei heissem Wetter und leichtem Tastendruck, an den Fingern kleben zu bleiben wie es bei Fingerstücken aus Kunststoff passieren kann.
Ich habe mich gut angefreundet mit der Simplex Mono und sie gefällt mir ebenso gut wie die HST von Begali, die wesentlich grösser und gewichtiger ist.