Dienstag, 28. April 2020

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Bevor ich in der Anstalt landete, habe ich die Welt bereist. Und ich habe immer dafür gesorgt, dass ich dabei einen Fensterplatz hatte. Gibt es doch nichts Spannenderes, als aus dem Fenster zu gucken - es gibt keinen besseren Platz zum Träumen. Das war schon in der Schule so. Bereits dort hatte ich einen Fensterplatz und das Geschehen draußen hat mich mehr fasziniert, als das was die Lehrer erzählten.
Darum endete meine Schulkarriere in der achten Klasse und ich frage mich noch heute, was man eigentlich in der neunten lernt.
Wenn ich jemand danach frage, erhalte ich oft die Antwort: "Ach weißt du, in der Neunten wird eigentlich nur wiederholt, was man in der Achten gelernt hat." Klingt logisch, finde ich. Lesen, schreiben und rechnen kann man ja bereits.
Ein Freund von mir aus Süditalien ist nur drei Jahre in die Schule gegangen. Barfuß 10km hin und zurück, für Schuhe fehlte das Geld. Auch er kann lesen, schreiben und rechnen, und das erst noch in drei Sprachen. Als die Anstalt noch nicht geschlossen war, bin ich ihm oft im Wald begegnet - barfuß notabene. Obschon er sich heute einen Camion voller Schuhe leisten könnte.

Doch zurück zum Fensterplatz.
Ich bin bei weitem nicht der einzige, der gerne stundenlang zum Fenster hinausschaut. Ich vermute, dass ein Großteil der Menschen diesem Hobby frönt. Allerdings habe ich den Verdacht: viele verwechseln das Fenster mit ihrem Fernseher.

Beim Blick aus dem Fenster der Anstalt ist mir auch sofort aufgefallen, dass am Himmel die Kondensstreifen der Flieger fehlen. Darüber habe ich bereits in meinem letzten Blogeintrag berichtet.

Wenn man Glück hat, mal einen Flieger zu sehen, dann ist es bestimmt ein Frachtflugzeug oder der Privatjet einer wichtigen Person, die vermutlich ganz dringend irgendwo hin muss. Für uns gewöhnliche Erdenbürger sind Flugzeuge im Moment tabu. Vermutlich wird dieser Moment noch eine ganze lange Weile dauern.
Doch die Flugzeuge sind nicht einfach verschwunden oder gar abgestürzt. Sie sind z.B. hier:

 
 Das das Konsequenzen haben wird, dafür braucht es kein neuntes Schuljahr. Wie die aussehen werden, erklärt zum Beispiel dieser freundliche Herr:
Dass nur noch wenig Flugverkehr herrscht, kann man auch gut auf Flightradar24 beobachten. Wobei einem sofort der eklatante Unterschied zwischen Europa und den USA ins Auge sticht. Jenseits des Atlantiks wuseln immer noch viel mehr Flugzeuge rum. Ob das an den fehlenden schnellen Bahnverbindungen liegt?
Doch das ist nicht das einzige, was einem auffällt, wenn man auf die Karte von Flightradar24 blickt.
Mir sind u.a. die großen Ballone aufgefallen, die in der Stratosphäre über der Karibik, Südamerika und Afrika schweben. Sie fliegen in ca. 20km Höhe und somit weit über dem üblichen Flugverkehr. Dabei bewegen sie sich nur wenig. Es scheint, als versuchten sie, ihre Position zu halten.
Dass das tatsächlich der Fall ist, zeigt diese Webseite hier.
Diese riesigen Stratosphären-Ballone versorgen schwach besiedelte und unzugängliche Gebiete mit Internet. Sie sind autonom und werden durch Solarzellen auf ihrer Oberfläche versorgt.
Sie sind die Konkurrenz zu den Satelliten, die Elon Musk gleich reihenweise in die Erdumlaufbahn schießt - zum Leidwesen der Astronomen und zur Verwunderung manch eines irdischen Beobachters, der über die seltsamen Lichter am Abendhimmel rätselt.

Bild: Mikrowellen Logper-Antenne von WA5VJB




Dienstag, 21. April 2020

Ein Blick aus dem Anstaltsfenster


Auch in der Anstalt herrscht Ausnahmezustand. Keiner kann raus, keiner rein. Rien ne vas plus. Die Wärter Pfleger tragen Masken und wir sitzen die meiste Zeit in unseren Zellen Zimmern und drücken uns die Nasen an den Fensterscheiben platt. Damit keiner entwischt rausfällt hat es davor noch einige Eisenstäbe.
Eigentlich ist es hier wie in der Aussenwelt.
Unter den Insassen Patienten gehen die Meinungen genauso auseinander wie draußen.
Einige glauben, dass es sich um eine Verschwörung des Anstaltsdirektors mit den Bilderbergern handelt um uns alle zu kujonieren. 
Andere wiederum führen ins Feld, dass das neue Virus nur das Neunzehnte einer ganzen Reihe sei: darum heiße es Covid-19. Und daher nicht schlimmer als ein gewöhnlicher Schnupfen. Wie auch immer: es gibt so viele Theorien wie die Anstalt Bewohner hat.

Doch die Isolation setzt uns weniger zu als den Menschen außerhalb. Erstens haben die Wärter Pfleger wirksame Spritzen bereit, die sie jedem in den Arsch jagen, der auszuticken droht. Zweitens sind wir Anstaltsbewohner alle schon über den Zustand des Austickens hinweg, sonst wären wir ja nicht hier.

Was uns alle etwas irritiert, ist die Maskenpflicht, wenn wir unsere Zellen Zimmer verlassen müssen. Herrschte doch noch vor kurzem ein striktes Vermummungsverbot. Die Ampelfrau - die mit dem roten und dem grünen Auge - geisterte mal in einer Burka durch die Gänge und hat damit die Direktion in helle Aufregung versetzt. Man fürchtete Nachahmer. Doch heute würde kein Hahn mehr danach krähen, vermute ich.
Trotzdem bekam mein Kollege Armin kürzlich Probleme, als er seine Maske als Kopftuch trug.

Gut, dass unsere Anstalt nicht pleite gehen kann, wie viele Unternehmen in der Aussenwelt. Denn unser irres "Geschäft" brummt, und was man nicht geschlossen hat, kann man nicht wiedereröffnen. Der Exit ist also nur ein Thema für die unter uns mit den Fluchtplänen. Geschäftspläne hat hier keiner. Es gibt ja nur den Schwarzmarkt und das ist ein reiner Tauschmarkt: Pillen gegen Schnaps und so.

Einigen fehlt der Frisör, der ab und zu auf die Stör kam. Vielleicht würden sie ihn ja reinlassen, aber ich habe gehört, dass er Pleite gegangen sei. Ein ganz normaler Vorgang in einem kapitalistischen System. Unternehmen gehen Bankrott wenn ihr Geschäftsmodell nicht mehr gefragt ist oder sich die Marktbedingungen ändern und sie nicht kreativ genug sind, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. 
Da seit einiger Zeit die Kondensstreifen am Himmel fehlen, vermute ich, dass nächstens die Flugbranche Pleite geht. Wohl genauso wie Kreuzfahrer, Reisebüros, Hotels und Beizen. 
Dafür werden neue Geschäftszweige entstehen und junge clevere Menschen die verkrusteten Bankrottiere ersetzen.
Zwar schreien alle jetzt nach staatlicher Unterstützung, sogar im Land des Erzkapitalismus. Die Welt da draußen scheint Kopf zu stehen. 
Natürlich sollte ein vernünftiger Staat dafür sorgen, dass keiner verhungert, alle ein Dach über dem Kopf und medizinische Versorgung haben. Aber obsolete Geschäfte retten? Da wäre es doch gescheiter, neue zukunftsträchtige Unternehmen zu fördern. 

Aber vielleicht liegt das am Glauben jenseits des Anstaltsfensters, das neue Virus verschwinde so rasch wie es gekommen sei und alles sei dann wieder wie vorher.

Damit dieser Zustand erreicht wird, wollen die von der Wirtschaft getriebenen Politiker so rasch wie möglich die Maßnahmen lockern, die zur Eindämmung des Virus ergriffen wurden. Einige sprechen dabei von Herdenimmunität. Wieso denke ich dabei unwillkürlich an "Wahlvieh"?
Die Wirtschaft soll wieder brummen wie Autos und der "Normalzustand" des ewigen Wirtschaftswachstums wieder erreichen.

Gerade habe ich zwei Pillen erhalten: eine rote und eine blaue. Ich denke, dass ich eine davon verschwinden lassen werde, wenn der Wärter Pfleger nicht hinschaut.

Gute Reise durch die neue Welt.  

Bild: ein vierhörniges Jakobsschaf 

Sonntag, 19. April 2020

Halbwellen Vertikal für das 10m Band



Kürzlich ist mir im Keller der Anstalt eine alte CB-Antenne über den Weg gelaufen. Ein vertikaler Halbwellenstrahler, 5.5m lang, aus glänzendem Aluminium. In der Boomphase des Jedermannfunks der Stolz vieler 11m DXer.

Am unteren Ende des Alu-Stängels sah es allerdings nicht so "glänzend" aus. Die angenietete SO-239 Buchse wackelte bereits beim Berühren und der Anpasstrafo war aus guten Gründen im Fuß der Antenne versteckt: Er sah nach Verlust aus und seine Lötstellen ebenfalls.

Trotzdem: In Zeiten des weltweiten Lockdowns ist auch alter CB-Schrott für den Funker eine Perle.
Zwar befindet sich die Sonne im Minimum ihres elfjährigen Zyklus, aber der gewiefte Funker ist auch ein Prepper: er bereitet sich auf das nächste Maximum vor. Außerdem steht die Es Saison vor der Tür und wird dem 10m Band auch dieses Jahr wieder kurzfristig Leben einhauchen.

Ja. Ich meine 10m und nicht 11m. Denn der Stängel funktioniert auch im Amateurfunkband. Man muss ihn nur etwas anpassen.
Da ich bereits gute Erfahrungen mit einem Halbwellen-Strahler für das 6m Band gemacht hatte, kopierte ich die dort verwendete Anpassung auf den CB-Stängel. Dieser wurde auf 5m Länge gekürzt. Zwar etwas kürzer als Lambda Halbe aber der Verkürzungsfaktor hat ja auch ein Mitspracherecht.
Am Ende eines Halbwellendipols ist die Impedanz hoch (ca. 2.5 - 3 kOhm) und daher muss vom 50 Ohm Koax entsprechend rauf transformiert werden. Das geschieht mit einem angezapften Resonanzkreis.
Zum Abgleich setzt man einen Trimmer ein und die Anzapfung erfolgt verschiebbar mit einer Krokodilklemme. Mit dem Trimmer wird die Resonanz eingestellt und mit der Verschiebung der Anzapfung das SWR. Wie das so ist in der HF-Praxis: die beiden Einstellungen beeinflussen einander. Aber mithilfe eines Antennen-Analyzers ist das keine große Sache. Der Trimmer (30pF) kann dann durch einen Fixkondensator ersetzt und die Anzapfung angelötet werden.

Natürlich taucht bei einem endgespeisten Dipol wieder die Frage nach dem Gegengewicht auf. Ob man dafür oder dagegen ist: das Metallrohr, an dem die Antenne befestigt wird, nimmt einem diese Frage ab.

Bleibt noch die Frage nach der Höhe über Grund. Ist so hoch wie möglich wirklich das beste Rezept? Dazu habe ich diesen spannenden Artikel gefunden.


Die neue Spule und der Kondensator hatten leider keinen Platz mehr in dem kleinen schwarzen Plastikgehäuse. Dafür ist ihre Güte unbestritten. Die versilberte Spule hat eine Induktivität von ca. 1uH und der russische Türknopfkondensator darunter 27pF.
Die Spule lässt sich mit diesem Tool rechnen und hiermit die Resonanzfrequenz. Denn die Formeln hat man sowieso vergessen. Wegen dem vielen Tastenöl, das bereits über die Festplatte gelaufen ist.
     

Freitag, 10. April 2020

Swiss Activity Contest



Die Schweiz hat sich von den "Nordlichtern" inspirieren lassen:
Seit Anfang dieses Jahres findet in der Eidgenossenschaft wöchentlich ein Contest statt, der mit den Daten und Zeiten des Nordic Activity Contest abgestimmt ist.

Ziel ist es, die Aktivitäten auf den VHF/UHF/SHF-Bändern (50 MHz und höher) zu fördern.

Jeden Dienstagabend kommt ein anderes Band ins Spiel und einmal im Monat am Donnerstagabend findet der Wettbewerb auf 50 MHz statt. Jeden Monat wiederholt sich dieser Zyklus.

Hier findet man alle Informationen zu diesem interessanten Wettbewerb.
Aufgeführt sind zurzeit die Daten bis und mit April, aber ich nehme an, dass der Wettbewerb analog dem Nordic Activity Contest zumindest auch für den Rest des Jahres weiterlaufen wird.

Gestern Abend (Donnerstag 9.4.2020) war 6m an der Reihe. Ein Band das außerhalb von Es-Bandöffnungen und etwas Meteorscatter praktisch tot ist und auf dem sehr selten Verbindungen über die Bodenwelle stattfinden. Es war deshalb eine interessante Gelegenheit, das 6m Band zum Beispiel mit 2m zu vergleichen. Denn letzten Dienstag war 2m an der Reihe und man konnte zum Teil die gleichen Stationen kontaktieren.

Die meisten arbeiteten von zuhause aus. Im Gegensatz zu den großen VHF/UHF-Contesten waren keine "Monsterstationen" von Höhenstandorten aus QRV.
Auf den ersten Blick war wenig los. Doch das lag daran, dass die meisten nur hörten und nicht riefen. "Einfach mal reinhören und ein paar Punkte verteilen", dachten sich viele OM.
Als ich dann selbst zu rufen begann, änderte sich das Bild und ich begegnete OM in meiner Nachbarschaft, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt. Und da der übliche Stress der großen Wettbewerbe nicht zu spüren war, hatte man auch Zeit, ein paar persönliche Worte zu wechseln. Viele Contest-Verbindungen wurden so zu normalen QSO's.

Natürlich sind bei vielen Stationen die 6m Antennen nur bescheiden. Wie bei mir ein Halbwellen-Vertikalstrahler. Das muss bei einem Vergleich mit dem 2m Band berücksichtigt werden. Trotzdem war ich von 50MHz etwas enttäuscht. So toll 6m bei Es-Öffnungen sind: für lokale Verbindungen hat m.E. 2m die Nase vorn. Zumal 50 MHz nicht so störfrei zu sein scheint, wie 144 MHz.

Nächsten Dienstag geht es dann weiter auf 70 cm.

Bild: Kein Virus an diesem Ort


Samstag, 4. April 2020

Wie kommt das Kabel durch das Fenster?

Auch die Anstalt steht unter Quarantäne. Doch solange wir ein Dach über dem Kopf haben, Vorratsschrank und Weinkeller gefüllt sind, sind wir gelassen. Zumal jetzt auch der berühmte Fernsehprediger Kenneth Copeland das Corona-Virus mit einem Bannspruch belegt hat:


Beruhigt können wir uns deshalb anderen Themen zuwenden.
Zum Beispiel der Frage, wie das Koaxialkabel durchs Fenster kommt, wenn der Sender drin und die Antenne draußen ist.
Denn Vermieter haben oft eine Allergie gegen Bohrmaschinen und manchmal ist der Beton arg dick.
Wie zum Beispiel der in unseren Luftschutzkellern. Doch gerade dort unten geht es lustigerweise ohne bohren. Denn irgendeine Norm hat für Atombunker offenbar eine Antennendurchführung vorgeschrieben. Wer sucht, der findet.

Natürlich gibt es Spezialkabel, extra flach und extra teuer, die man im Fenster einklemmen kann.
Doch einklemmen kann man in den meisten Fenstern auch ganz gewöhnliche Kabel. Sie müssen einfach nur dünn und robust genug sein. Wer trotz RG-213 sein Fenster problemlos schließen kann, sollte aber seine Dichtheit überprüfen. Alte Bauernregel: Wenns dem Bauer in die Suppe hagelt, ist das Fenster schlecht genagelt.

Auch hier in der Anstalt achtet der Hausmeister pingelig auf das Bohrmaschinenverbot. Wir behelfen uns, indem wir Sauschwänze ins Fenster klemmen - so genannte Pigtails. Und zwar die von der robusten Sorte. Also keine RG-174, sonst ist plötzlich der Schwanz ab.
Wir verwenden RG-316. Die kommen mit Steckern konfektioniert aus China für eine Handvoll Dollar. Sie haben einen versilberten Innenleiter als Innenleiter und ein Dielektrikum aus Teflon. Der Mantel ist aus FEP und äußerst robust. Auch wenn das Kabel gequetscht wird, ist ein Kurzschluss unwahrscheinlich und die Verluste sind vernachlässigbar. Auf Kurzwelle verträgt so ein Pigtail mehr als 300W und auch im 23cm Band verkraftet es noch 100W.
Natürlich wird vor und nach dem Pigtail verlustärmeres Kabel verwendet. Bei 150 MHz hat das RG-316 Kabel immerhin ein Drittel dB Dämpfung. Doch für den Pigtail - meist nur 30cm lang, ist das vernachlässigbar.


Diese RG-316 Pigtails gibt es auf Ebay mit allen möglichen Steckern/Buchsen und in verschiedenen Längen. Sollte tatsächlich mal ein Sauschwanz kaputt gehen, reißt das kein schwarzes Loch in die Hobbykasse.