Mittwoch, 26. Dezember 2018

FT-8 neue Version



WSJT-X neuste Version 2.0 ist endlich da und enthält auch ein neues FT-8. Der Clou: es ist nicht rückwärts kompatibel. Alt und Neu vertragen sich nicht. Wer jetzt also nicht umstellt, wird immer weniger Partner finden und wer schon umgestellt hat immer mehr.
Inzwischen gehört FT-8 zu den beliebtesten Betriebsarten und stellt das altertümliche Morsen in den Schatten. Mit einem Mausklick eine Verbindung über Tausende von Kilometern zu tätigen, ist einfacher, als erst mühsam das Telegrafieren zu erlernen. Ob FT-8 auf die Dauer aber ebenso viel Spaß macht, ist eine andere Frage.
Überhaupt scheint der Spassfaktor beim Funkhobby mehr mit der Anstrengung verbunden zu sein als mit anderen Faktoren wie etwa dem Portemonnaie. Eine Funkverbindung mit dem selbst gebauten Gerät und einem Stück Draht im nächsten Baum scheint vielen spannender als der mühelose Kontakt mit dem neusten Transceiver und dem Beam auf dem Gittermast.

Was ich tun werde, wenn ich endlich die Prüfung gemacht und eine Lizenz erhalten habe, weiß ich noch nicht. Die Vielfalt in diesem Hobby ist riesig und es erstaunt mich, wenn ich höre, dass es Funker gibt, die tagein tagaus nur auf einem Relaiskanal hocken. Das muss ja so ähnlich sein, wie den ganzen Tag in der Anstalt zu sitzen.
Aber vielleicht ist es ein Demenzproblem. Genauso wie dieses FT-8. Auch bei fortschreitendem Verlust der Gehirnflora wird es sicher noch möglich sein, mit der Maus auf das richtige Kästchen zu klicken. Notfalls kann man es auf dem Computerschirm mit Filzstift markieren.

Sonntag, 23. Dezember 2018

Das Funkwetter



Weihnachten steht vor der Tür und da sind von Armin keine gescheiten Antworten mehr zu erwarten. Er lebt dann mehr in seiner Parallelwelt, die ihn vor der Wirklichkeit schützt. Also habe ich, anlässlich meiner letzten Ausbildungsstunde, Bienchen mit drängenden Fragen nach der Funkausbreitung bombardiert. Denn ich grüble immer noch an den Gründen herum, wieso ich mit dem Präsident Jackson die Anstalt nicht erreichen kann. Ein paar Mal habe ich den Begriff Funkwetter im 11m Band aufgeschnappt. Es scheint, dass neben der mysteriösen Ionosphäre auch das Wetter für die Wellenausbreitung eine Rolle spielt. 

"Vielleicht kann mein Präsident die Anstalt nicht erreichen, weil das Wetter so schlecht ist?", sagte ich zu Bienchen.

"Du meinst das Funkwetter?", entgegnete sie. "Wetter und Funkwetter sind nämlich nicht das Gleiche."

"Wo liegt denn da der Unterschied? Haben Wolken, Regen oder Schnee denn keinen Einfluss auf die Ausbreitung? Und was ist mit dem Funkklima? Die Trockenheit diesen Sommer ist sicher nicht spurlos am Aether vorbeigegangen. Vielleicht ist der auch ausgetrocknet."

Bienchen verdrehte die Augen und formte ihre Stirn zu einer Furche.

"Ich erinnere mich, dass Marconi in meinem Traum ebenfalls vom Wetter gesprochen hat", schob ich nach. 

"Das kommt darauf an", entgegnete sie.

"Na toll. Auf was denn? Auf die Luftfeuchtigkeit oder die Windgeschwindigkeit?"

"...Nein...das heisst Ja...darauf kann es auch ankommen, aber die Sache ist etwas verzwickt."

Kein Wunder, dass ich Schwierigkeiten mit dem Funkwetter hatte, wenn sogar Bienchen dabei herum druckste. Wie sollte ich unter diesen Umständen die Prüfung bestehen, die mit Riesenschritten näher rückte?

"Wenn man vom Funkwetter spricht, meint man damit den Zustand der Ionosphäre, welche die Kurzwelle zur Erde zurück reflektiert. Deren Zustand hängt nur von der Sonnenaktivität ab und hat nichts mit dem Wetter zu tun."

"Aber da gibt es doch diese sporadische E-Schicht, die speziell im Mai und Juni zu unerwarteten Reflektionen führt und wo man im 11m-Band tolle Euopaverbindungen machen kann. Ich habe gelesen, dass da auch die Gewitter eine Rolle spielen sollen. Und Gewitter haben mit dem Wetter zu tun. Also spielt in diesem Fall doch das Wetter mit!"

"Das ist ein Einzelfall und man kann das nicht verallgemeinern."

"Aha. Ein Einzelfall wie dieser Märchenreporter Claas Relotius beim Spiegel. Ich glaube nicht an Einzelfälle."

"Du bringst wieder alles durcheinander. Journalismus hat nichts mit Funkausbreitung zu tun. Und beim Relotius handelt es sich um einen Fall von "wie bestellt so geliefert."

"Vielleicht wird das Funkwetter auch so geliefert wie es bestellt wird. Denk' nur an HAARP. Die heizen dort oben in Alaska extra die Ionosphäre auf um die Ausbreitung zu beeinflussen."

"Das sind Verschwörungstheorien."

"Auch der Spiegel hat immer wieder von Verschwörungstheorien geschrieben. Als es ihm zu bunt wurde hat er einfach die Kommentarfunktion abgestellt, damit die Leserkommentare die Reporter nicht in ihrem Narrativ störten."

"Bleiben wir doch bei der Funkausbreitung. Die ist weniger verworren als die Redaktion im ehemaligen Nachrichtenmagazin. Natürlich hat das Wetter auch technische Einflüsse auf den Funk. Ob der Boden unter der Antenne trocken oder durchnässt ist, spielt für die Antenne sicher eine Rolle..."

"...und wenn der Blitz in die Antenne einschlägt, ist auch das Wetter schuld", bemerkte ich. "Ist zwar ein Einzelfall aber immerhin schlagen pro Tag weltweit 40'000 Blitze irgendwo ein. Aber der Blitz muss nicht unbedingt in die Antenne zischen. Gewitter erzeugen einen hohen QRN Pegel."

"Du scheinst zumindest den Q-Code intus zu haben. Trotzdem: auf die Ausbreitung im Kurzwellenbereich hat das Wetter praktisch keinen Einfluss. Da ist die Ionosphäre am Zug und die richtet sich nach der Sonne. Ganz anders ist es auf höheren Frequenzen, also im VHF,UHF und besonders im Mikrowellenbereich. Dort spielt sogar die Luftfeuchtigkeit eine Rolle."

"Und was passiert, wenn die Luft feucht ist?"

"Auch da kommt es auf die Frequenz an. Wasserdampf spielt im Bereich von einigen GHz keine wesentliche Rolle. Doch bei höheren Frequenzen verursacht er eine erhebliche Zusatzdämpfung. Bei 22 GHz zum Beispiel hat der Wasserdampf ein Dämpfungs-Maximum. Bis zu 0.2 dB Zusatzdämpfung pro Kilometer kommen zur normalen Streckendämpfung hinzu."

"Au Backe. Und unser 24 GHz Amateurfunkband liegt gerade daneben."

"Eben. Darum sollte man trockene Luft auswählen, wenn man dort weite Verbindungen tätigen will. Und die findet man erstens im Winter und zweitens in den Bergen."

"Und weiter oben im Mikrowellenbereich? Wird es da wieder besser?"

"Nein, es wird immer schlimmer. Bei 60 GHz gibt es eine weitere Dämpfungsspitze. Dort ist der Sauerstoff dafür verantwortlich und schlägt mit sage und schreibe 16 dB pro Kilometer zu - zumindest auf Meereshöhe. Schon nach wenigen Kilometern bleibt daher vom Signal nicht mehr viel übrig. Für manche Anwendungen ist aber gerade das wünschenswert."

"So hoch will ich aber nicht funken. Für's erste wird mir das 2m und 70cm Band genügen. Spielt das Wetter dort auch verrückt?"

"Nur im positiven Sinn. Bei stabilen Wetterlagen können sich Inversionsschichten in der Atmosphäre bilden, die dein Signal über weite Strecken reflektieren. Also sowas wie die Ionosphäre, nur in wesentlich geringerer Höhe, und nicht durch Ionen sondern durch Luftschichten verursacht."

Frohe Weihnachten!

Mittwoch, 19. Dezember 2018

Der Fake Journalist



Liebe Leser

Ich bin's nochmal, Armin aus der Anstalt. Eigentlich wollte ich euch heute etwas über die Ausbreitung der Funkwellen erzählen, doch dann bin ich über eine Geschichte gestolpert, die so unwahrscheinlich und märchenhaft ist, dass ich euch unbedingt darüber berichten möchte, auch wenn sie nichts mit Aetherwellen zu tun hat. Es ist eine Geschichte, die aus der Anstalt stammen könnte.

Der Begriff Fake News ist ja in aller Munde, seit ein neuer Präsident ins weiße Haus eingezogen ist. Ein Begriff der seither in den Medien Karriere gemacht hat, oft auch im Zusammenhang mit dem Begriff Verschwörungstheorie.

Wer nicht mit Scheuklappen durch die Welt geht, der glaubt nicht alles, was in der Zeitung steht oder im Fernsehen berichtet wird. Die Kadenz der Meldungen in den Medien ist einfach zu hoch, um immer den Fakten zu entsprechen. Ich denke, vieles wird abgeschrieben, erfunden oder zumindest so zurecht gebogen, dass es in die politische Richtung passt, die das entsprechende Medium propagiert.

Wer bisher noch daran gezweifelt hat, findet nun in der renommierten Zeitschrift Spiegel eine Geschichte, für die das Wort Märchenpresse perfekt trifft.

Da ist ein junger Top-Journalist, der jedes Jahr für seine Reportagen Preise abgeräumt hat, entlassen worden, weil viele seiner Storys frei erfunden waren. Ein Skandal, der die Gemeinde der Journalisten zutiefst erschüttert und die Leser staunend und zweifelnd zurücklässt. Es ist dem Spiegel hoch anzurechnen, dass er diesen Skandal publik macht und detailliert darüber berichtet. Doch man fragt sich unwillkürlich, ob das wirklich ein Einzelfall ist oder bloß die Spitze des Eisberges.

Der Mann hat sehr gut geschrieben und wäre ein toller Fantasy-Autor. Er trat seriös und überzeugend auf und war in seiner Zunft hoch angesehen (CNN Journalist of the Year, Peter Scholl-Latour Preis usw.) Er gehörte zu den besten der besten und schien eine blendende Karriere vor sich zu haben. Doch dann ging es ihm, wie vielen Kriminellen und Betrügern: Er trieb sein Spiel zuweit und sein Leben stürzte zusammen wie ein Kartenhaus.

Hier ist seine Geschichte nachzulesen.

Schade, dass der Mann nicht in der Gegend wohnt. Er würde bestens hier in die Anstalt passen und einen interessanten Gesprächspartner abgeben.

Mit den besten Grüssen
Euer Armin   

Sonntag, 16. Dezember 2018

Der virtuelle Werkzeugkasten des Funkers



Liebe Leser
ich bin es, euer Armin aus der Anstalt. Der Namenlose hat mich wieder einmal rangelassen. Aber er hat mir seine Bedingungen diktiert:
"Lass diesen Genderscheiss mit LeserX und so."
Auf meinen Einwand, dass korrektes Gendern in Deutschland zum guten Ton gehöre und dass solches sogar an den Universitäten gelernt werde, meinte er:
"Das ist nur eine kleine laute Minderheit, vorwiegend Studenten aus den Weichholzfächern und verblödete Ideologen."
Nun denn, ich will mich daran halten. Aber das ist nicht der Grund meines heutigen Postings.

Ich möchte euch davon berichten, welche Online-Instrumente ich benutze, wenn ich mich mit kleinen Funk-Basteleien beschäftige. Man lernt ja an der Prüfung allerhand Formeln und ehrlich gesagt, kann man das meiste davon wieder vergessen. Ausser das Ohmsche Gesetz. Aber wir hier in der Schweiz haben einen einfachen Trick, damit das in unserem Hirnkasten bleibt. Wir zeichnen in Gedanken einen spitzen Berg und denken an den Kanton Uri. Das U sitzt im Gipfel und R*I hocken unten im Tal.
Für alles andere gibt es praktische Online-Tools, die die Arbeit enorm beschleunigen.

Benötigt man zum Beispiel ein Dämpfungsglied um ein paar dB zu vernichten, hilt diese Seite weiter.
Und da man nie die krummen Widerstände in der Schublade hat, kann man die nächsten Werte aus der E12 oder 24er Reihe einsetzen und ausrechnen lassen, was diese Abweichung ausmacht.

Auch für die Berechnung von Resonanzfrequenzen oder die Suche nach L und C bei einem Schwingkreis muss man nicht unbedingt nach dem Formelbüchlein greifen. Dieses Tool hier hilft einem bestimmt weiter. Man kann damit für jeden Schwingkreis entweder F, L oder C berechnen lassen.

Aus dem gleichen Werkzeugkasten stammt dieser Online Rechner für die Reaktanz von Kapazitäten oder Induktivitäten. Wer zum Beispiel wissen will, ob ein Abblock-Kondensator für eine bestimmte Frequenz genügend Kapazität hat oder eine Drossel genügend Induktivität, findet hier die Antwort.

Wer sich mit den Dezibel schwer tut, findet hier Erleichterung. Die Tabelle im Jahreskalender des "Funkamateur" ist zwar gut gemeint, aber nicht mehr nötig. Denn dieser Online Rechner erledigt die Arbeit schneller und präziser.

Spannungsteiler kommen immer wieder vor, und mit der friedlichen Peace-Software lassen sie sich im Nu ausrechnen.

Wer nicht wie ich auf Toroid-Kerne schwört und den Ringkernrechner benutzt, sondern unbedingt noch eine Luftspule einsetzen möchte, dem hilt dieses Online-Tool.

Alle genannten Seiten haben nebst den vorgestellten Tools viele weitere praktische Anwendungen für den Bastler zu bieten. Stöbern lohnt sich.

Aber auch anspruchsvollere Berechnungen lassen sich mit Online-Tools lösen. Zum Beispiel die Impedanzanpassung mit einem einfachen Netzwerk. Wer sich mit Antennenanpassung - z.B. mit Antennentunern befasst, der kommt aber nicht um DG0SA herum. Ein fantastisches Werkzeug!

Wer aktive Filter einsetzt, sucht am besten im Werkzeugkasten von Analog Devices.

Doch wer mit HF zu tun hat, setzt eher passive Filter mit Induktivitäten und Kapazitäten ein. Auch für diesen Fall gibt es ein tolles Werkzeug, das in Sekundenschnelle die notwendigen Werte ermittelt. Wahlweise mit exakten oder Standard-Werten.
Eine Alternative ist das AADE Programm, das man direkt auf seinem Rechner installieren kann. Auch von hier.

Zum Schluss noch etwas ganz anderes. Eine Neuigkeit aus unserer Region. Die Berner Sektion der USKA HB9F hat neuerdings eine 6m Bake in Betrieb. Ihre 10W ERP sendet sie aus einem horizontal polarisierten Big Wheel auf 50.420 MHz.

Liebe Grüsse aus der Anstalt

Euer Armin




Freitag, 14. Dezember 2018

Ordnung ist die Abwesenheit von Chaos



"Der hat offensichtlich ein Problem mit seiner Gerhirnflora, sonst würde er nicht solch geistigen Dünnpfiff erzählen", wetterte Armin, als ich ihm von meinem Besuch beim Funkgerätehändler erzählte. Dabei hatte ich mich bloß nach einem geeigneten Funkgerät umsehen wollen. Denn ich rechnete fest damit, nächstens die HB3 Prüfung zu bestehen.

"Die Prüfungen finden nicht statt, wenn es genügend Teilnehmer hat, sondern sind fix festgelegt. Die nächste ist am 16. Januar. Ich hoffe, du hast dich bereits angemeldet. Man muss sich spätestens bis vier Wochen vor der Prüfung anmelden. Sonst musst du bis im März warten."

Armin war heute nicht gut drauf, fand ich. Normalerweise regte er sich nur auf, wenn ihn ein technisches Problem ärgerte, doch selten wegen Menschen. Aber vielleicht hatten sie ihm heute die falschen Pillen gegeben. Ob er eine rote bekommen hatte?

"Ja, ich bin angemeldet. Bienchen hat in den zweiten Gang geschaltet und bildet mich nun im Schnellverfahren aus. Wäre ja schade, wenn wir im Januar nicht bereits miteinander funken könnten. Zwar hat es bisher auf Elfmeter mit dem Präsident Jackson nicht geklappt, aber im Zehnmeter-Band werden wir es schaffen."

"Wenn es mit dem Präsident Jackson nicht klappt, wird es mit keinem anderen Präsidenten gehen", murrte er. "Der Wald und die Hügel zwischen uns fressen die Wellen auf."

"Sämu sagt, es liege am Skip und nicht am Wald. Die Ionosphäre sei im Moment schwach wegen dem Klimawandel."

Armin verdrehte die Augen.
"Wie hat der nur die Prüfung geschafft. Wahrscheinlich hat er abgeschrieben."

"Das habe ich in der Schule auch gemacht. Eine Zeit lang habe ich dem Lehrer vorgemacht, ich würde schielen. Aber ich habe eine bessere Idee: Du könntest für mich an die Prüfung gehen. Vielleicht gibt dir der Anstalts-Direktor frei."

"Ich kann hier nicht ohne Begleitung weg, das weißt du. Der Psychodoktor meint, ich würde draußen Dinge sehen, die gäbe es gar nicht und könnte dabei in Schwierigkeiten kommen. Und weißt du was? Ich glaube, er hat Recht. Bei meinem letzten begleiteten Ausgang haben die Menschen über mich gelacht und hinter meinem Rücken mit den Augen gezwinkert."

"Wieso? Hat man dir angesehen, dass du aus der Anstalt kommst? Oder musstest du eine Zwangsjacke tragen?"

"Ich weiß nicht. Vielleicht lag es an meiner Kleidung. Ich trage nämlich immer mein Pyjama darunter. So kann ich ruhig im Zug schlafen."

"Dann hattest du wahrscheinlich das Pyjama drüber und nicht drunter. Du bist ja auch sonst ein ziemlicher Chaot."

"Du irrst dich. Bei mir hat jedes Ding seinen Platz. Das ist ein Zeichen von höchster Ordnung. Nur für Außenstehende sieht es hier aus, als würde Chaos herrschen. Doch das ist nur eine Folge ihres Nichtwissens. Ordnung herrscht, wenn sich alles dort befindet, wo es hingehört. Das trifft übrigens auch auf Menschen zu. Es würde die Ordnung stören, wenn ich nicht in der Anstalt wäre. Tut mir leid, mein Freund, ich kann nicht an die Prüfung kommen. Auch nicht mit dir zusammen."

"Schade, zusammen hätte es Spaß gemacht. Du hättest dich auch anmelden können und wird hätten in der Prüfung einander abgeschrieben. Aber ich verstehe deine...besonderen Umstände. Und allmählich beginne ich auch deine Ordnung zu verstehen. Du sagst also: Ordnung sei die Abwesenheit von Chaos, weil Chaos die Abwesenheit von Ordnung sei und beide nie gleichzeitig existieren könnten."

"Genau. Daher ist Ordnung unsichtbar und vermeintliche Ordnung oft nichts anderes als Chaos und vermeintliches Chaos manchmal Ordnung. Die Ordnung ist ein extrem empfindliches Wesen und es gibt kaum ein Ding auf dieser Welt, das sich so leicht zerstören lässt wie Ordnung."

Bild: SOS: Save our Souls. Seele 18 konnte nicht gerettet werden, aber das Meer hat sie gnädigerweise an den Strand gespült.

Mittwoch, 12. Dezember 2018

Brand im Stockcorner JC4



Bei meinem letzten Besuch in der Anstalt entdeckte ich ein weiteres Geheimnis dieses "Etablissements": Die Anstalt ist auch eine Reparaturwerkstätte - zumindest Armins Zimmer.
Als ich eintrat, sass er über einen grauen Kasten gebeugt und schimpfte mit ihm.
Ich setzte mich in den Besuchersessel und versuchte aus seinen Worten schlau zu werden.

"Was haben die sich dabei gedacht", empörte er sich. "gewöhnliche Polyesterkondensatoren um Hochfrequenzstrom zu leiten. Bauen einen Tuner und haben keine Ahnung von Antennen. Bauen Polyesterkondensatoren ein, um Kosten zu sparen! Dabei fließt dort zumindest ein Teil des Antennenstroms. Die haben Schwein, dass es Mantelwellenströme gibt...tztz."

"Was ist das für ein Gerät? Ist das deins und was ist mit ihm?" Fragte ich, als er seine Schimpftirade unterbrach, um Atem zu holen.

Überrascht wandte er sich zu mir. Zwar hatte er auf mein Klopfen "Herein" gerufen, mich aber anscheinend sofort wieder vergessen.
Armin seufzte, nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse und erklärte dann:

"Das ist ein automatischer Antennentuner, den ich von einem Funkfreund bekommen habe. Ich soll ihn reparieren."

"Dann ist er also kaputt", stellte ich unnötigerweise fest.

"Nein, er funktioniert noch. Aber er stinkt und ein paar Bauteile sind karbonisiert. Ebenfalls ein Teil der Leiterplatte. Vermutlich hat er gebrannt, bis der Sauerstoff im dicht geschlossenen Gehäuse aufgebraucht war."

"Gebrannt und teilweise zerstört und trotzdem noch funktionstüchtig. Das musst du mir erklären."

Armin drehte sich zu mir und zeigte mir die bis zur Unkenntlichkeit verkohlten Bauteile und das Loch in der Leiterplatte.

"Bei elektronischen Geräten ist es wie beim Menschen. Gewisse Dinge kann man entfernen ohne dass er aufhört zu funktionieren. Zum Beispiel den Blinddarm. Andere Dinge kann man zwar entfernen, aber man muss mit einer verminderten Funktion rechnen. Zum Beispiel die Gallenblase.
Genauso ein Fall habe ich hier. Der Tuner geht noch, doch der Erdanschluss für das Gegengewicht ist komplett im Eimer."

"Das ist schlimm", konstatierte ich. Denn in der Zwischenzeit wusste ich, dass der Strom auch ins Gegengewicht fliessen muss, damit die Antenne richtig funktionieren kann.
"Ein Wunder, dass er trotzdem einigermaßen funktioniert hat."

"Das ist kein Wunder. Anstelle des Erde hat der Tuner den Mantel des Koax als Gegengewicht benutzt. Die Entwickler dieses Tuners haben nämlich die Abschirmung des Kabelanschlusses direkt auf die Geräte-Erde gelegt, den eigentlichen Erdanschluss aber nicht. Dieser wurde mit zwei Kondensatoren mit dem Gerätechassis verbunden. Die Gedankengänge der Ingenieure kann man manchmal auch in einer Anstalt nicht nachvollziehen."

"Und diese Kondensatoren sind verbrannt. Aber wieso waren es zwei und nicht einer?"

"Weil die Ingenieure ein schlechtes Gewissen hatten. Denn sie haben billige Polyesterkondensatoren benutzt, die nicht für Hochfrequenz geeignet sind. Darum schalteten sie zwei parallel um mindestens den Strom aufzuteilen. Und weil ihr Gewissen noch nicht ganz beruhigt war und sie statische Aufladungen der Antenne fürchteten, haben sie dazu noch einen 10 KiloOhm Widerstand parallel geschaltet."

"Aha...und der wurde auch karbonisiert?"

"Ja, sozusagen als Kollateralschaden."

"Und wie reparierst du dieses Desaster?"

Armin nahm den offenen grauen Kasten vom Tisch und hielt ihn mir unter die Nase.
"Ist schon geschehen, ich habe anstelle der verbrannten Polyesterkondensatoren zwei gleichwertige 10nF Glimmerkondensatoren eingesetzt. Die halten den HF-Strom aus."

"Aber wieso hat der Tuner eine zeitlang funktioniert und ist dann plötzlich gestorben?"

"Das wissen die Götter. Ich bin kein Kriminologe. Aber ich bin froh, dass es diesmal nicht ein Relais oder einen Abstimmkondensator erwischt hat."

Bild: der reparierte Stockcorner Tuner.

Weitere Infos:
Datenblatt Polyesterkondensatoren
Stockcorner Automatik-Tuner JC4s
Berichte zu diesem Tuner, hier und hier und auch da 

Sonntag, 9. Dezember 2018

Monopoly



"Befreie deinen Geist, der nichts anderes tut, als im Kreis zu gehen und sich selber schon tausendmal begegnet ist."

"Was muss ich dazu tun?"

"Stehenbleiben, einfach nur stehenbleiben."

"Du hast gut reden, Armin. Du kennst meine Träume nicht und du hast noch nie für Marconi im Vallée de Trient auf Tannen klettern müssen."

Bei Putins eigenartigem Konzert im Korridor war ich in Ohnmacht gefallen und lag nun auf Armins Bett. Ein ungutes Gefühl beschlich mich. Die Welt schien sich verschoben zu haben.

"Irgend etwas stimmt nicht mehr. Bemerkst du das auch?", fragte ich ihn.

"Woran erkennst du das? Hier in der Anstalt ist doch alles normal wie immer." Er blickte mir forschend in die Augen.

Ich drehte den Kopf und blickte zum Fenster. Draussen riss ein Sturm die letzten dürren Blätter von den Bäumen. Regen trommelte gegen die Scheiben und ich vermeinte darin den Rhythmus von Morsezeichen zu vernehmen. Auf dem Pult vor dem Fenster lag eine gelbe Warnweste.

"Ach die!", sagte er, als er meinen Blick bemerkte. "Damit zeige ich meine Solidarität mit den Menschen außerhalb der Anstalt."

"Dann ist doch etwas faul dort draussen."

"Die Welt ausserhalb der Anstalt dreht sich immer schneller. Die Menschen verlieren die Bodenhaftung und werden durch die Zentrifugalkraft weggeschleudert. Je weiter weg vom Zentrum, desto schlimmer. Zuerst erwischt es die Menschen am Rande - die Randständigen. Später kommen die Mittelständigen dran. Am Ende bleiben nur die, die dem Zentrum am nächsten stehen."

"So wie beim Teufelsrad am Oktoberfest in München?

"Genau. Die, die am Schluss noch übrig bleibt, hat gewonnen. Es ist immer das gleiche Prinzip."

"Und dann? Was passiert am Ende?"

"Beim Teufelsrad ist es einfach. Es hält an und ein neues Spiel kann beginnen. Bei dem Spiel auf der Weltscheibe fliegt irgendwann die ganze Chose auseinander. Aus dem daraus entstehenden Chaos wird dann ein neues Spiel gestartet."

"Du reduzierst die Welt auf ein Spiel auf einer Scheibe? Unsere Welt ist doch viel komplexer!"

"Für viele Menschen ist das Leben ein Spiel und die Welt ein Casino. Wer am Ende am meisten hat, ist Sieger. Am meisten Macht, am meisten Geld. Die beiden Dinge sind untrennbar miteinander verbunden. Zwar gibt es im Keller des Casinos noch ein paar Kellerräume, in denen anders gespielt wird. In einem davon geht es vordergründig nicht um Macht und Geld, sondern um Moral. Ein sehr flüchtiger Wert."

"Du bist verrückt!"

"Na klar. Darum bin ich auch hier und du noch dort draußen." Armin deutete auf das Fenster.

"Ist denn das Ende wirklich unvermeidlich? Man könnte doch die Umdrehungsgeschwindigkeit verringern. Dann könnten alle auf der Scheibe bleiben und es würde keinen wegspicken."

Armin kicherte.
"Das geht nicht. Eine stetige Erhöhung der Umdrehungsgeschwindigkeit ist systeminhärent. Wird gebremst, bricht die Achse. Die Gescheiteren unter den Politikern wissen das. Darum sprechen sie auch davon, dass man die "Menschen mitnehmen" müsse. Sie wissen: wenn es zuviele wegspickt, ist das Spiel zu Ende, und ob sie dann Sieger sein werden, ist fraglich. Aber ob dumm oder gescheit, alle klammern sich an das Zentrum, an die Achse der Macht."

"Wird ihnen dabei nicht schwindelig?"

"Natürlich. Darum schwindeln auch die meisten. Es gibt nur wenige, die ohne Schwindel über die Runden kommen."

"Du hast seltsame Ansichten, Armin. Mhm...die Welt als Casino auf einer Scheibe...was wird denn in diesem Casino gespielt? Blackjack, Roulette, oder hebeln alle einfach an den Spielautomaten rum."

"Monopoly natürlich."

Mittwoch, 5. Dezember 2018

Tanz in der Anstalt



Armin tanzte mit Charlie im Korridor als ich gestern in der Anstalt ankam. Die beiden wirbelten herum wie Derwische.
Bereits im Treppenhaus war mir die Musik aufgefallen, aber ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Sie war gefühlt aus dem vorletzten Jahrhundert. "Ski-Twist von Vico Torriani", meldete meine Erinnerung mit Verzögerung.
Bei meinen bisherigen Besuchen in der Anstalt hatte ich zwar gelernt, mich über nichts und niemanden zu wundern, doch beim Anblick der "Kapelle" fielen mir fast die Augen aus dem Kopf. Putin, der Hausmeister, saß mit nacktem und eingeölten Oberkörper am Boden, spielte auf einer Ziehharmonika und sang dazu lauthals. Neben ihm saß das Fibonacci-Kind und begleitete ihn auf einer Flöte.
Es musste eine Zauberflöte sein: feine glitzernde Sterne schwebten durch den Korridor wie Sternenstaub. Mir wurde ganz unwirklich weihnachtlich zumute und ich konnte nicht anders, als mich zu den Musikanten zu setzen.
In diesem Augenblick fielen mir die Töne eines drittes Musikinstruments auf, das im Spiel sein musste. Aus dem tiefen, knarzenden Rhythmus schloss ich auf eine verstimmte Bassgeige. Doch nirgends war ein solches Instrument zu erspähen. Erst als mein Blick auf Putins Hund Trumpi fiel, einen golden Retriever, schloss sich in meinem Hirnkasten das richtige Relais und ich realisierte, dass Trumpi einen Furz nach dem anderen von sich gab.
Fragen über Fragen schwirrten durch meinen Kopf und störten die Relaiskontakte: Was wurde hier gefeiert? Was hatte Trumpi gefressen? Wo war Putins Rasenmäher? Ich hatte ihn noch nie ohne gesehen. Und war das Fibonacci-Kind wirklich Putins Tochter? Ja, war sie überhaupt ein Mädchen und nicht eher ein Junge, nach dem Haarschnitt und den Gesichtszügen zu schließen? Und wieso ähnelte sie Charlie und nicht Putin?
Da ging unvermittelt eine der Türen zu den Zimmern der Patienten auf. Es musste die neben Armins Zimmer sein. Ein Strubbelkopf erschien im Türspalt. Die Zeit hatte deutliche Spuren in ihre Mundwinkel gegraben. "Die Alte mit dem Luftgewehr, schoss es mir durch den Kopf." Ihr Gesicht kam mir bekannt vor. Irgendwo hatte ich sie schon gesehen. Nur die Frisur irritierte mich.
"Möchte jemand einen Tee?", fragte sie mit krächzender Stimme. Wie beim Platzen einer Sicherung setzte die Musik aus. Nur Trumpi ließ noch einen fahren.
"Sie muss eine Hexe sein", dachte ich unwillkürlich.
"Ich habe ihn frisch gebraut", sagte sie, "mit extra viel."
"Viel was?" Wollte ich gerade fragen, doch Putin kam mir zuvor:
"Das wäre nicht nötig gewesen, ich hätte dir Gebrauchtbeutel bringen können, wenn du gefragt hättest. Es hätte dem Klima geholfen."
"39088169", blubberte das Fibonacci-Kind.
"Achte auf deine Zahlen", sagte die Hexe und verschwand wieder, bevor jemand die Tee-Frage beantworten konnte.
"Sie hat bald fertig", sagte Putin und begann sein Lieblingsstück zu spielen: Highway to Hell. 
Verwundert blickte ich auf sein Instrument. Ich hatte das Stück noch nie aus einem Schifferklavier gehört. Doch er spielte es virtuos und hämmerte auf den Tasten rum, sodass ich unwillkürlich an eine Stalinorgel denken musste."
Das Fibonacci-Kind begleitete ihn diesmal nicht. Stattdessen sagte es kaum hörbar:
"Betrete keinen fremden Traum, ohne vorher zu fragen."
Ich war baff. Es war das erste Mal, dass ich aus ihrem oder seinem Mund etwas anderes hörte als Zahlen. Aber noch bevor ich antworten konnte, verlor ich den Kontakt zu dieser Wirklichkeit.

Das nächste was ich wahrnahm, war das Rauschen von Wasser. Alarmiert öffnete ich die Augen. Ich lag in Armins Zimmer auf dem Bett. Er goss eine goldgelbe Flüssigkeit aus einer Flasche in einen Becher und reichte ihn mir.
"Nichts ist wie es scheint", sagte er zu mir. "Trotzdem ist alles miteinander verwoben."
"Was ist geschehen?"
"Nichts, eine kleine Schwäche, nur eine kleine Schwäche." 

Samstag, 1. Dezember 2018

Gedankenspiele



Heute hatte ich wieder Unterricht bei Bienchen. Aber ich war nicht richtig bei der Sache und grübelte immer wieder über meine Träume der vergangenen Nacht.

"Hörst du mir überhaupt zu?" Fragte mich Bienchen, faltete ihre Stirn zu einer Furche und musterte mich über den Brillenrand.

"...doch, doch...aber ich hatte gestern Nacht eine Begegnung mit Herrn Fourier - natürlich nur im Traum."

"Jean Babtiste Joseph Fourier, wie ich deine nächtlichen Zeitreisen kenne."

"Genau der. Und er hat mir erklärt, wie das mit dem Wirkungsgrad und der Batterie funktioniert. Und ich frage mich noch immer, wieso man nicht mehr als die Hälfte der Energie aus der Quelle rausbekommt."

Bienchen starrte mich an, als wäre ich ein Alienmonster.
"Du bringst wieder mal alles durcheinander. Dabei haben wir das doch schon vor zwei Wochen besprochen. Außerdem konnte das der Joseph damals noch gar nicht wissen."

"Aber du hast mir doch erklärt, dass eine Batterie ihre maximale Leistung abgibt, wenn der angeschlossene Lastwiderstand gleich gross ist wie der Innenwiderstand der Batterie. Und in diesem Fall wird am Innenwiderstand genau gleich viel Energie verheizt wie an der Last. Ich erinnere mich noch genau, den wir haben über Norton und Thévenin gesprochen und den beiden bin ich in meinen Träumen noch nie begegnet."

"Ach so, jetzt bringst du noch die beiden ins Spiel. Ich denke du verwechselst etwas Grundsätzliches. Selbstverständlich kann man einer Spannungsquelle oder eben einer Batterie die maximale Leistung nur entlocken, wenn Rl = Ri ist. Aber kein vernünftiger Mensch tut sowas. Das würde eine Batterie innert kürzester Zeit in den Exitus treiben. Stell dir deine arme Autobatterie vor. Auch in deinem alten Opel hat die sicher um die 10 Milliohm Innenwiderstand. Wenn du 10 Milliohm als Last dranhängst fliessen da mal kurz 600 Ampère. Da hast du dann einige Kilowatt Leistung, die sich Innenwiderstand und Last teilen müssen. Das gibt ein tolles Feuerwerk. Dabei können wir glatt vernachlässigen, dass der Innenwiderstand lastabhängig ist. Sowas tut man einer Batterie nicht an."

"Dann ziehe ich praktisch immer viel weniger Energie aus einer Batterie als maximal möglich ist?"

"Vernünftigerweise Ja."

"Aber dann sinkt doch der Wirkungsgrad meiner Quelle weit unter 50%!"

"Falsch. Maximal mögliche Leistungsentnahme und Wirkungsgrad sind zwei verschiedene Paar Stiefel. Das ohmsche Gesetz solltest du ja beherrschen, dann kannst du es selbst ausrechnen. Je größer der Lastwiderstand ist, desto besser der Wirkungsgrad der Quelle.


"Mhm...das mag ja auf eine Batterie zutreffen, aber wie ist es dann zum Beispiel mit einem Sender. Der ist ja eigentlich nichts anderes als eine Wechselstromquelle. Gelten da nicht andere Regeln. Da habe ich doch komplexe Impedanzen und der Sender muss am Ausgang 50 Ohm haben um perfekt an das 50 Ohm Koaxkabel angepasst zu sein. Innenwiderstand und Last sind also gleich gross. Ergo kann mein Sender nie mehr als 50% Wirkungsgrad haben."

"Das ist ein Fehlschluss. Aber vereinfachen wir das Ganze mal ein wenig. Vergiss komplexe Impedanzen, vergiss die 50 Ohm Leitung und lass uns nur von reellen Widerständen sprechen. Darum hängen wir am Senderausgang gedanklich einfach einen Dummy Load an, eine Kunstlast ohne Blindwiderstand."

"Aber wir haben ja Wechselstrom. Der Sender durchfährt doch dauernd die Sinuskurve und Spannung und Strom sind jeweils nur nach 180 Grad wieder gleich. Da müssen wir doch mit komplexen Zahlen Rechnen, sonst blicken wir nicht durch!"

"Ach was! Vereinfachen wir die ganze Chose einfach noch weiter und nehmen anstelle eines Sinus einen ordinären Rechteck. Nehmen wir an, der Sender habe eine Gegentaktendstufe mit zwei MOSFET und steuere diese abwechslungsweise voll durch. Wir haben also nach wie vor einen Wechselstrom." Bienchen schenkte mir ihr schönstes Haifischlächeln.


"Aber diese MOSFET haben ja einen sehr kleinen Durchlasswiderstand. Wenn der quasi dem  Innenwiderstand des Senders entspricht, wie komme ich dann auf die 50 Ohm meines Dummy Loads, den ich angeschlossen habe."

Bienchen gluckste.
"Das brauche ich doch gar nicht für diesen dämlichen Dummy. Wie wir vorhin besprochen haben, wird die maximal mögliche Leistungsabgabe des Senders zwar nicht erreicht. Dank des sehr kleinen Innenwiderstandes der Endstufe haben wir aber einen hohen Wirkungsgrad. Je nach Transistoren weit über 90%."

"Schön und gut, aber wenn ich jetzt mein Koaxialkabel mit 50 Ohm Impedanz anhänge, funktioniert es nicht mehr!", trumpfte ich auf.

"Dafür gibt es Transformatoren."

"Das ist doch verrückt. Du vereinfachst die Sache bis zur Unkenntlichkeit."

Bienchen zuckte die Schultern.
"Es ist besser, die Dinge zu vereinfachen um sie zu begreifen. Sie werden dann später von selbst wieder kompliziert.
Aber genauso funktioniert es. Häng' nach dem Trafo noch ein Tiefpassfilter dran um den Herrn Fourier mit seinen Harmonischen zu unterdrücken, und du hast zum Beispiel einen einfachen aber hocheffizienten Telegrafie-Sender."

"Aber manche Funker haben auch ein Mikrofon und möchten den Sender gerne modulieren. Was jetzt Bienchen? Jetzt wird es doch kompliziert!" Ich versuchte ihr Haifischlächeln zu imitieren.

"Ganz und gar nicht, mein lieber Funkerlehrling. Ich mache einfach Pulsbreitenmodulation. Das ist ein variables Rechteck-Signal. Der Wirkungsgrad bleibt somit hoch. So funktionieren moderne Audio-Endstufen und übrigens auch Hörgeräte. Die Kunden freuen sich, wenn sie dank des hohen Wirkungsgrades weniger oft Batterien wechseln müssen," grinste sie zurück.
"Ich brauche das Audiosignal (grün) nur mit einem Sägezahn (blau) zu takten, wie du hier sehen kannst:"


"Und wenn ich jetzt nicht eine Pulsbreitenmodulation aus meiner Senderendstufe oder dem Audioverstärker möchte, sondern ein wunderschönes Sinussignal. Dann ist doch alles futsch und der Wirkungsgrad im Keller!"

"Genau so ist es. Es gibt ja die verschiedenen Senderklassen von A bis C. A ist rein und fein und C ist gruselig verzerrt und bloss für FM geeignet. Je mehr du dich vom Rechteck entfernst, desto schlechter wird dein Wirkungsgrad. Denn bei einem Sinus sind deine Transistoren nur an zwei Punkten innerhalb 360Grad voll durchgesteuert. Und das auch nur im Idealfall. bei voller Aussteuerung. Aber wer sendet denn heute noch sowas."

"Vielleicht die, die keine Oberwellen möchten. Dieses Rechteck-Signal hat doch jede Menge Harmonische."

"Jetzt kannst du wieder von deinem Joseph Fourier träumen, wenn du es genau wissen möchtest. Aber so schlimm ist es nicht. Ein Rechteck hat bloss die 3., die 5., die 7. Harmonische etc. intus - keine Geradzahligen. Wobei die 3. ein Drittel der Amplitude des Grundsignal hat und die fünfte 1/5 beziehungsweise die siebente 1/7. Wenn du deinen dB Rechner anwirfst, wirst du feststellen, dass da nichts ist, was ein gutes Tiefpassfilter nicht wegkriegen könnte. Das verschlechtert den Wirkungsgrad zwar wieder ein wenig, aber ein bisschen Wärme kann ja nie schaden. In einem Hörgerät übernimmt übrigens der winzige Lautsprecher die Rolle des Tiefpasses."

"Jetzt raucht mir aber gewaltig der Kopf. Ich glaub' ich werfe nicht den Rechner an, sondern weg."

"Den brauchst du aber noch für die Prüfung."







Mittwoch, 28. November 2018

Weihnachtsgeschenke



"Was würdest du einem Funker zu Weihnachten schenken, Bienchen?", unterbrach ich unsere wöchentliche Lehrstunde mit einem Gedankenblitz. Denn mit Schrecken dachte ich daran, dass ich für meinen Freund Armin noch kein Weihnachtsgeschenk hatte.

Bienchen faltete ihre Stirn zu einer Furche, ihre linke Augenbraue hob sich bedenklich.
"Es kommt drauf an, welcher Typ Funker dein Freund ist."

"Mhm...es ist ja kein Geheimnis: er funkt aus der Anstalt."

"Es geht also um Armin?"

"Sag ich doch. Und du weißt selbst, was er für ein Typ ist."

"Als Mensch ja: er ist ein schizophrener Spinner. Als Funker habe ich keine Ahnung. Auf welchen Bändern funkt er? telegrafiert er, oder quasselt er ins Mikrofon? Jagt er Expeditionen, Füchse oder Diplome? Bastelt er oder kauft er sich alles ab Stange? Macht er eventuell gar SOTA?

"Was ist denn das? Eine Art Yoga?

"Das sind Funker, die zum Spass auf Berge kraxeln, die bestimmte Bedingungen erfüllen."

"Ach so. Und welche Füchse jagen Funker?"

"Kleine Sender, die man zum Spass im Wald versteckt. Und bevor du weiter fragst: Expeditionen sind Funker auf einer seltenen Insel oder in einem exotischen Land."

"Wieso werden die denn gejagt?"

"Zum Spaß natürlich. Aber weder im Wald noch auf dem Berg, sondern von der warmen Bude aus."

"Mhm. Die haben ziemlich viel Spass, diese Funker. Doch Armin sitzt in der Anstalt, die ist nicht sehr spassig."

"Betrachten wir das Problem mal analytisch", meine Bienchen, die ob des Unterbruchs unseres Unterrichts nicht gerade erbaut war. Wir steckten nämlich mitten in den blinden Widerständen fest.
"Die wesentlichen Utensilien eines Funkers sind Funkgerät und Antenne. Wir können also davon ausgehen, dass beides vorhanden ist. Wenn nicht, reitet er ein totes Steckenpferd. In diesem Fall sollte er absteigen und das Pferd wechseln."

"Mit den heutigen Möglichkeiten der Informations-Technologie könnte er das Steckenpferd aber auch simulieren. Er wäre dann gewissermaßen ein Funk-Simulant."

"Das gibt es schon. Es heisst HamSphere. Aber kommen wir auf den Punkt: Da Gerät und Antenne in der Regel vorhanden sind, sollte man davon Abstand nehmen, eines dieser Teile zu kaufen."

"Logisch. Schon mein Portemonnaie hat davon Abstand. Obschon so ein Beam auf dem Dach der Anstalt schön aussehen würde. Aber was kann man denn überhaupt schenken?"

"Vielleicht ein Buch. Aber du müsstest erstmal abklären, ob der Funker überhaupt liest. Die meisten lesen ja nicht einmal die Bedienungsanleitung. Und viele gute Fachbücher sind auf Englisch. Das kann auch nicht jeder.

"Schwierig, schwierig. Aber wie wäre es mit einer Morsetaste?"

"Auch da sind tiefschürfende Abklärungen notwendig. Viele Funker können nicht mehr morsen. Und die, die es können sind ziemlich heikel. Benutzen sie eine Handtaste, einen Bug, ein Doppelpaddle oder ein Singlepaddle? Und eingefleischte Telegrafisten haben in der Regel schon eine ganze Tastensammlungen. Also Finger weg!"

"Ein Stehwellen-Messgerät?"

"Hat auch schon jeder. Meistens im Funkgerät bereits eingebaut. Das ist wie bei den Autos: bei den meisten ist das Radio auch schon drin."

"Das war bei meinem Opel Rekord nicht der Fall. Dafür hat er jetzt einen schönen Blaupunkt mit dem 49m Band. Aber sag mal, Bienchen. Was würdest denn du schenken in meiner Lage?"

"Einen Bremsenkessel?"

"Bahnhof?"

"Das ist ein Dummy Load, eine Kunstlast. Die entlastet den Aether."

"Das macht doch keinen Spass."

"Genau, darum besitzen die wenigsten Funker eine Dummy Load."

"Du bist heute nicht gerade hilfreich. Was würde einem Funker wirklich helfen?"

"Etwas mit dem er seine Antenne verbessern oder untersuchen kann..."

"...das hat er ja schon - seine Stehwellenanzeige."

"Die sagt ihm nichts über die tatsächlichen Verhältnisse. Er sollte Blindwiderstand und Wirkwiderstand kennen und sollte erfahren ob die Antenne kapazitiv oder induktiv ist."

"Ach so, und wie heisst so ein Teil?"

"Das ist ein Antennen-Analyzer. Aber Vorsicht, da gibt es viel unbrauchbaren Schrott. Das Gerät sollte die interessierenden Bänder abdecken. Viele gehen zum Beispiel nicht im Mittelwellenband, viele funktionieren nur auf Kurzwelle und können mit einer 2m-Band Yagi nichts anfangen, und einige billige zeigen nicht einmal das Vorzeichen des Blindwiderstandes, geschweige denn die komplexe Impedanz. Wobei wir wieder beim heutigen Thema wären und den Unterricht fortsetzen könnten."

"Warte mal. Gibt es nicht diese kleinen blauen Truckli? Ich glaube sie heissen Netzwerk-Analyzer. Können die nicht dasselbe, beziehungsweise noch wesentlich mehr?"

"Sicher. Es kommt halt immer darauf an, was man will. Einige ziehen es vor, alles in einem kleinen, einfachen Handgerät zu haben, andere gehen gerne mit dem Computer im Garten spazieren und bevorzugen komplexe Lösungen. Meistens handelt es sich dabei um Ingenieure."

"Armin hat keinen Garten. Sein Antennenbaum steht im Territorium des Hauswarts: Putin mit seinem Rasenmäher und dem Hund Trumpi."

"Vielleicht wäre es in diesem Fall besser, sich auf die weniger gefährliche - auf die theoretische Seite - zu beschränken. Schenk ihm doch einfach ein Programm zur computergestützten Antennenanalyse. Da kann er die bestmögliche Installation gefahrlos erproben, bevor er sich nachts in den Park schleicht, um den Draht in Putins Baum zu hängen. Ich nehme an, Trumpi schläft dann oder guckt TV. und Putin spukt im Serverraum rum."



Samstag, 24. November 2018

Der automatische Antennentuner - ein Zauberkasten



"Du hast mir letztes Mal viel geholfen, als mich Thomas mit seinen Fragen gelöchert hat", sagte ich zu Armin. Ich war wieder einmal in der Anstalt zu Besuch. Viel hatte sich nicht geändert. Nur Putin, der Hauswart, hatte sich einen Hund zugelegt, der hinter seinem Rasenmäher einherschwänzelte und einen wichtiges Gesicht zur Schau trug. Ein Golden Retriever. "Er nennt ihn Trumpi", hatte mir Charlie zugeflüstert, als ich sie unten im Korridor getroffen hatte.

"Und? Hat es was geholfen?", fragte Armin.

"Nicht viel, er hat mich weiter mit Fragen gelöchert. Vor allem zu dem automatischen Antennentuner, den er benutzt. Wie funktionieren diese Dinger eigentlich?"

"Mit wenigen Ausnahmen alle nach dem gleichen Prinzip. Es sind alles Pi-Tuner."

"Pipi-Tuner."

"Nein nur Pi. Aber dir fehlen zu viele Schuljahre, um das zu verstehen, und in der Migros-Klubschule hast du das offenbar auch nicht gelernt. Pi ist die Kreiszahl 3.14 und etwas Zerquetschtes."

"Ach so. Darum rattert der wie gequetscht im Kreis rum, wenn er die Antenne nicht spürt..."

"...nicht anpassen kann. Aber von daher kommt das nicht. Das griechische Zeichen für Pi sieht aus wie ein Tempeleingang. Zwei Säulen tragen ein Dach. Die Säulen symbolisieren Kondensatoren, das Dach eine Induktivität..."

"...also eine Spule. Warum rattert der Tuner dann. Ist es die Spule, die außer Fassung gerät?"

"Nein, es sind Relais die verschiedene Kondensatorenwerte schalten. Auch die Induktivität, die aus mehreren, in Reihe geschalteten Spulen besteht, wird mit Relais umgeschaltet."

"Ach so. Die rattern alle in der Kiste rum, bis sie die richtigen Werte gefunden haben. Das kann aber sehr lange dauern. Wenn viele Kondensatoren und Spulen drin sind, gibt es ja jede Menge Kombinationsmöglichkeiten."

Armin sah mich an mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen.
"Dein mathematisches Verständnis tendiert offenbar nicht ganz gegen Null. In der Tat könnte es so lange dauern, bis es die Relais aus ihren Lötstellen schüttelt, wenn nur der Zufall im Spiel wäre. Doch im Tuner stecken Sensoren für die Spannung, Strom und die Phasenlage auf der Senderseite. Ein Mikroprozessor steuert mit einem cleveren Algorithmus die Relais auf dem kürzesten Weg zur bestmöglichen Anpassung."

"Das heisst: bestes Stehwellenverhältnis für den Sender."

"Genau. Natürlich sind die maximal erreichbaren Kapazitäts- und Induktivitätswerte beschränkt. Der Tuner kann also nur einen bestimmten Impedanzbereich anpassen. Dann muss er passen."

"Ach so. Aber wieso haben dann viele Funker einen Tuner in ihrer Funkbude; sogar einen, den sie mühsam von Hand abstimmen müssen. Sind die besser?"

"Nein. Die Funker sind von Vorgestern. Sie schwören auf alte Technik."

"Ach so. Darum nennt man sie Old Men. Aber es gibt ja noch viele Hersteller, die Tuner für die Funkbude anpreisen."

"Das ist mir auch ein Rätsel. Erstens hat heute jedes anständige Funkgerät einen Tuner eingebaut und zweitens gehört ein Tuner sowieso dorthin wo die Musik spielt; und das ist am Speisepunkt der Antenne oder dorthin wo die Zweidrahtleitung zum Dipol beginnt."

"Das müsste dann aber ein symmetrischer Tuner sein, nicht wahr?"

"Du erstaunst mich immer wieder, mein Freund. Besuchst du zurzeit etwa wieder die Migros-Schule?"

"Nein, die bieten nur einen Kurs über Migro-Prozessoren an. Ich gehe bei Bienchen zur Schule. Sie macht mich prüfungsreif für die HB3er Lizenz."

"Nun, bei einer Zweidrahtleitung bräuchte es in der Tat einen symmetrischen Tuner, der oft auch Koppler genannt wird. Aber es gibt einen einfachen Trick um sich daran vorbei zu schmuggeln. Man hängt einfach einen 1:1 Strombalun zwischen Pi-Tuner und Zweidrahtleitung."

"Wäre es nicht generell besser, in jedem Fall einen Balun oder einer dieser magischen Magnetbalune zwischen Tuner und Antenne zu hängen, von denen soviel gesprochen wird?"

Armin verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
"Auf keinen Fall. Im Fall einer unsymmetrischen Antenne wie der L- oder T-Antenne, Vertikalantenne oder sonst einem Gebilde mit Gegengewicht, darf nichts zwischen Tuner und Speisepunkt sein. Und der Speisepunkt ist dort, wo der Ausgang des Tuners ist. Das gleiche gilt für das Gegengewicht. Es beginnt dort, wo die Erdklemme des Tuners ist."

"Aber so ein Stück Koaxkabel am Tuner kann doch nicht schaden, wenn man den Tuner gerne im Schermen haben möchte."

"Um Himmels willen. Das machen nur DAF."

"Die Dümmsten aller Funker?"

"Genauso ist es und so funktioniert es auch, beziehungsweise nicht."

"Aber die mit dem Tuner in der Funkbude machen es doch genauso, und die, die einen im Funkgerät haben auch. Sind die alle dumm?"

"Nein, dort geht es nur darum, ein etwas im Abseits stehendes Stehwellenverhältnis zurechtzurücken. Wenn das Koaxkabel zwischen Funkbude und Antenne nicht zu lang und von guter Qualität ist, sind die Verluste bei dieser Aktion zu verschmerzen. Ein automatischer Antennentuner ist aber dazu gedacht, einen sehr großen Impedanzbereich anzupassen. Er macht aus einem Draht von fast beliebiger Länge eine Allbandantenne."

"Ohne Verluste?"

"Natürlich nicht. Aber im Vergleich zu allem anderen Firlefanz ist so ein Teil wie ein Zauberkasten.

Stockcorner JC4

CG-3000

HB9BNK zum Thema 

Donnerstag, 22. November 2018

Die Elektronik - unser Schicksal



Was mich an der Elektronik gleich nach dem Besuch des Kindergartens fasziniert hat, sind die Farben. Die Ringe auf den Widerständen in allen Farben des Regenbogens, Kondensatoren in allen Farbmischungen wie auf der Palette des Malers. Auch die Drähte kunterbunt, geringelt und gestreift, in Pastell oder knallig. Ein wahrer Augenschmaus. Dazu das geheimnisvolle Glühen der Elektronenröhren. Elektroniker und Polizisten dürfen nicht farbenblind sein. Erstere um den Code zu lesen, der in den Farben steckt, letztere um die Ampeln zu lesen. Allerdings gibt es Ausnahmen. Ein bekannter Polizist kann kaum rot und grün unterscheiden. Aber er war so gescheit, dass er sich merken konnte, welche Farbe bei der Ampel unten und oben ist. Die Mitte ist ja eh klar. Er ist sogar ein hohes Tier geworden. Vermutlich weil er so gut rennen und damit Einbrecher fassen konnte.

Das zweite, was mich an der Elektronik fasziniert ist, dass sie überhaupt funktioniert. Das hat für mich einen Touch von Mystik und Magie. Ein Bekannter von mir glaubt auch an die Zauberei in den elektronischen Schaltungen - nein, nicht der Polizist, er ist Bürolist. Wobei alle -isten schon eine gewisse Gemeinsamkeit haben. Genauso wie die -logen. Letztere gehören ja zu den neumodischen Berufen, die vor allem mathematikallergische und ideologieaffine StudentInnen wählen - padon...Studierende. Da lobe ich mir die alten Gewerbe wie Wagner, Küffer, Abdecker oder Totengräber. Letzteres ist übrigens ein todsicherer Beruf. Arbeitslos wird da niemand - das Geschäft boomt, auch wenn es nicht zukunftssicher ist, wie wir gleich sehen werden.
Ein Onkel von mir war Karrer. Er fuhr mit seinem, von einem Pferd gezogenen, Karren den ganzen Tag herum. Im Gegensatz zum Kutscher aber bloss Rüben und Kartoffeln und keine Passagiere. Den Beruf gibt es heute noch. Die Autobahnen sind verstopft mit Leuten die herumkarren. Meistens sich selbst. Allerdings mit mehr Pferden als in der Vergangenheit. Viele Pferde vor dem Karren waren auch schon früher ein Statussymbol, daran hat sich nichts geändert.

Aber wir sind ja bei der Elektronik und ihrer Faszination. Sie ist ein eigener Kosmos, eine Welt für sich. Eine sehr grosse Welt im Vergleich zu anderen Welten. Die Welt des Wurms ist zum Beispiel bloss ein Apfel. Nur die Welt der Banker ist größer. Darum sprechen die feinen Herren auch vom Anlage-Universum. Doch im Gegensatz zu der Welt der Elektronik, beruht das Anlage-Universum auf einer Illusion und einem riesigen Beschiss.
Die Elektronikwelt bestimmt unser Schicksal. Nicht nur, wenn wir am Steuer Nachrichten eintippen und einen Unfall bauen. Sie wird eines Tages eine KI gebären, eine künstliche Intelligenz. Und das wird die Welt in kürzester Zeit verändern. Ob zum Guten oder Schlechten wage ich nicht zu prognostizieren.
Viele Menschen ahnen nicht, was da auf sie zukommt und viele halten eine Maschine, die intelligenter ist als der Mensch und sich ihrer selbst bewusst ist, nicht für möglich. Sie sind entweder unwissend, ignorant oder gottesfürchtig. Letzteres ist übrigens ein verräterisches Wort. Aber ich will jetzt nicht auf dieses Gebiet abgleiten. Obwohl auch ich die Möglichkeit nicht ausschliesse, dass es Götter gibt. Nicht einen, sondern mindestens zwei. Der eine verlässt sich immer auf den anderen, dass er etwas gegen die Missstände auf Erden tut, und keiner unternimmt etwas.

Wo war ich stecken geblieben? Ach ja, die Welt der Elektronik - unser Schicksal. Sie wird auch die industrielle Revolution 4.0 einleiten. Wir sind auf dem besten Weg dazu. Fabriken mit Robotern statt menschlichen Arbeitern sind bloss die Vorhut. Es gibt am Ende keinen Beruf, den Roboter und KI nicht ersetzen können - sogar Totengräber. Die Menschen sind dann überflüssig und werden nicht mehr gebraucht, höchstens als Konsumenten wenn sie Schwein haben und die Chef-KI ein Einsehen hat. Heere von Arbeitslosen werden das Resultat sein. Und ob ein bedingungsloses Grundeinkommen die Horden junger Männer besänftigen kann, ist zu bezweifeln. Sie sind gleich nach der KI das zweitgrößte Problem.

Wie auch immer. Wenn die Welt vorher nicht untergeht, werden unsere Nachfahren nicht biologische Wesen, sondern intelligente Maschinen sein. Hoffentlich werden sie es besser machen als wir.
   

Dienstag, 20. November 2018

Schon wieder eine L-Antenne



Da bloggt man still und leise, abseits des grossen Publikums vor sich hin, und schon bekommt man Leserpost. Wie habe ich das nur verdient?
Geschrieben hat mir, wie könnte es anders sein, ein Funker. Am liebsten würde ich es einfach so machen wie Sämu mit seinem Hund, der ihn einfach Hund nennt und den Funker einfach Funker nennen. Aber geben wir ihm mal einen Namen, zum Beispiel Thomas.

Also dieser Thomas ist aus der großen Stadt aufs ruhige Land gezogen, in die Pampa, wie man im nördlichen Königreich sagt. Damit habe ich auch schon verraten, wo Thomas lebt: im Reich der Königin Merkel mit ihren grünen, gelben, schwarzen, roten und blauen Fürsten und den ebenso farbigen Schulzen. Vielleicht habe ich eine Farbe vergessen; das spielt aber keine Rolle, da es in diesem Königreich sowieso so kunterbunt zugeht, dass man nicht mehr weiss, wo einem der Kopf steht.

Thomas hatte in der Stadt einen wunderbaren Dipol als Antenne - die gescheiteste Antenne, die es überhaupt gibt. Doch draussen in der Pampa passt sein Dipol nicht mehr in den Garten hinter dem Haus. Doch Thomas hat meinen Blog über die L-Antenne gelesen, die zweitgescheiteste Antenne, die es gibt, und denkt, dass diese in seinen Garten passen könnte.
Thomas hat nun viele Fragen zu dieser zweitgescheitesten Antenne und hat mir dazu einen ganzen Katalog geschickt. Denn im Reich der Königin Merkel muss alles seine Ordnung haben. Was nicht erlaubt ist, ist verboten. Dies im Gegensatz zum Reich von König Makron. Dort ist alles erlaubt was nicht verboten ist. Darum regeln dort nicht Polizisten sondern Freischärler in gelben Westn den Verkehr.

Doch zurück zu Thomas' Fragenkatalog. Da seine Fragen meine Inkompetenz überschreiten und ich sowieso nicht alles glaube, was ich denke, bin ich direkt in die Anstalt gefahren, um bei meinem Freund Armin nach Antworten zu suchen.

"Thomas möchte wissen, wie die Vorschriften bezüglich Länge und Höhe der L-Antenne lauten", fiel ich mit der Antenne ins Haus. "Trotz intensivem Gugeln hat er dazu keine Antwort gefunden. Der eine sagt so, der andere so. Wie lautet das korrekte Höhen/Längenverhältnis?"

Armin zog die Stirne kraus.
"Genauso lautet die Vorschrift: die Antwort geben die Verhältnisse."

"Er möchte aber etwas Konkretes, verstehst du? Er hat maximal 27m zur Verfügung und nur 6 bis 7m Höhe. Ist das nicht ein Missverhältnis?"

"Mhm... das ist schon ein Mistverhältnis. Kann der denn keinen Fahnenmast setzen, wenn er schon keinen gescheiten Baum hat?"

"Leider nicht. Denn er wohnt im Königreich Merkel und da sind Fahnen nicht gern gesehen. Wer Flagge zeigt, bekommt Besuch von der Antifa. Das ist die Sturmtruppe des dunklen Fürsten, glaube ich."

"Ach so. Trotzdem soll er sich keine Sorgen machen. Es gibt für L-Antennen schlicht keine Regel bezüglich Höhe und Länge. Das L liegt ja sowieso auf der Schnauze und da ist es egal. Neben den Nachbarn gibt es nur drei, die sich für die Höhe und Länge interessieren."

"Drei? Etwa Ritter der Königin?"

"Blödian, die Ritter der L-Antenne tz tz! Der eine heisst Richtdiagramm, der andere Antennentuner, und der dritte heißt Verlust. Sie treten immer im Dreiergespann auf und man versteht sie nur, wenn man ein Programm zur Antennenanalyse hat und auch kann. Du weisst ja, Haben hat nichts mit Können zu tun."

"Das habe und kann ich nicht. Aber gibt es nicht wenigstens eine Daumenregel?"

"So eine Daumenschraube gibt es. Erstens: Je höher, desto weniger Verluste. Zweitens: Die L-Antenne ist mit ihrem vertikalen Teil ein Flachstrahler, was gut ist für weit entfernte Stationen. Und mit ihrem horizontalen Teil ein Steilstrahler, was gut ist für den Nahverkehr im Königreich. Genau genommen gilt das für die längeren Kurzwellenbänder, Für die kürzeren wird es dann komplizierter. Je länger also der vertikale Teil, desto mehr ist sie Flachstrahler, je größer der horizontale Teil, desto mehr ist sie Steilstrahler. Drittens: Der automatische Antennentuner hat bei bestimmten Längen und Frequenzen manchmal Schwierigkeiten und rattert sich einen Ast ab. Dann muss man abschneiden oder ansetzen."

"Gut, das ist ja schon mal was. Aber Thomas hat noch nach den Erddrähten gefragt. Ob die ein oder fünf Meter sein müssen und wieviele."

"Mit einem Meter wären die Verlustgeister der Erde kaum zufrieden. Ebensowenig der Tuner. Seine Relais würden im Kreis herum klappern. Ein Meter Draht nützt nur, wenn an seinem Ende ein anständiger Erdpfahl angeschlossen ist. So wie der in der Stadt Kassel, wo sie blödsinnigerweise einen Erdpfahl in den Boden getrieben und vergessen haben, ihn anzuschliessen. Dein Thomas soll sich mal anstrengen und jede Menge Erddrähte verlegen und zwischendurch auch mal einen Erdpfahl einschlagen. Am besten soviele wie der Adventskalender Türchen hat. Aber mindestens vier und mindestens 5m lang. Sag ihm, sein Stehwellen-Verhältnis und das Leben seines Tuners hängen davon ab."

"Gut, ich werde ihm das mitteilen. Aber ich weiss nicht, ob Thomas ein Stehwellenverhältnis hat. Seine Frau wäre damit wohl nicht einverstanden."

"Wenn er nicht graben will, kann er die Erddrähte einfach auf den Boden legen. Aber vermutlich liebt er nicht nur seine Frau, sondern auch seinen Rasenmäher und wenn dieser die Drähte entdeckt, macht er hübsche Spulen daraus."

"Du glaubst, das mit der L-Antenne wird bei Thomas funktionieren?"

"Das hat schon seit Beginn der Funktechnik immer funktioniert. Und ich verrate dir jetzt ein Geheimnis, wieso es auf jeden Fall funktionieren wird, auch wenn Thomas lange Erddrähte scheut."

"Sind ihm die Verlustgeister des Erdbodens wohl gesonnen?"

"Nein, sein Koaxkabel ist ihm wohl gesonnen. Das muss er nämlich auch im Boden verlegen. Und die Außenseite seiner Abschirmung wird bereits ein tolles Gegengewicht abgeben, wenn das L mit der Schnauze am Ende seines Gartens auf dem Boden liegt und das Kabel entsprechend lang ist. Wahrscheinlich käme er sogar ohne Radials davon, aber erzähl ihm das bloß nicht!"

"Aber die Mantelwellen, von denen du mir erzählt hast, was ist mit denen? Die machen doch nur Unsinn."

"Der wird ihnen im Erdboden ausgetrieben, auf der langen Strecke bis zum Haus. Er soll bloß nicht auf die Idee kommen, eine Mantelwellensperre beim Tuner reinzutun. Er soll sie laufen lassen, die Mantelwellen."

"Aha, es sind in diesem Fall also gute Mantelwellen und nicht böse. So wie es gute Feinde und böse Feinde in der Politik gibt und Gute Freunde und böse Freunde?"

"Genau. Die guten Mantelwellen sind dafür verantwortlich, dass Wunderantennen Wunder vollbringen und die bösen Mantelwellen sind dazu da, dass sich die Lehrer daran die Finger verbrennen."

"Das verstehe ich nicht."

"Macht nix, ich verstehe gewisse Dinge auch erst, nachdem ich sie gesagt habe."

Sonntag, 18. November 2018

Fortschritt und Stillstand



Gestern habe ich auf Youtube den Start der Falcon 9 verfolgt, die den neuen Satelliten Es'hail 2 in den Weltraum gebracht hat. Dank den Kameras in der Rakete ein faszinierender Vorgang. Alles hat bestens geklappt und der Satellit ist jetzt im All, wo er in eine geostationäre Umlaufbahn gesteuert und in Betrieb genommen wird. Er ist in erster Linie eine Telekommunikationsplattform für den nahen Osten. Aber er beherbergt auch einen Umsetzer für die Amateurfunker. Mit diesem wird es möglich, von Brasilien bis Indien und von Nordeuropa bis Südafrika zu kommunizieren.
Die USA bleiben interessanterweise außen vor. Sie befinden sich außerhalb der Abdeckung durch den neuen Satelliten. 
Da er sich in einer geostationären Umlauf befindet - also immer am gleichen Ort am Himmel - ist ein Nachführen der Antennen nicht nötig. Man richtet sie einmal aus, wie beim Satellitenfernsehen und gut ist. Der Uplink erfolg auf 2.4 GHz und der Downlink auf 10 GHz. Auch das ist ein Novum. Und die zur Verfügung stehende Bandbreite lässt viele Verbindungen gleichzeitig zu. Das dürfte den Funkverkehr der Amateurfunker revolutionieren. Sprechverbindungen und digitale Kontakte mit der halben Welt werden vom Balkon aus möglich sein. Ein umgebauter Satellitenspiegel reicht dazu.
Wie vorgesehen ist die erste Stufe wieder sanft auf einer Plattform im Meer gelandet und kann wiederverwertet werden. Eine fantastische Ingenieursleistung.


Wesentlich weniger glücklich sind die Physiker beim CERN. Sie haben zwar ab und an einen Nobelpreis gekriegt, doch eigentlich nichts neues entdeckt. Alle ihre Entdeckungen wurden schon vor Jahrzehnten vorhergesagt - u.a. auch das Higgs Boson. Neue unerwartete Teile sind nicht zum Vorschein gekommen und kleine schwarze Löcher produzierte der riesige Beschleuniger auch nicht. Nun sind sie ratlos und fragen sich, wie es weiter gehen soll. Offenbar befinden sich die Physiker in der Sackgasse.


Samstag, 17. November 2018

Die L-Antenne


Ich bin wieder zuhause und schreibe nun wieder selbst an meinem Demenzblog. Ich kann ja meine Demenz nicht einfach anderen überlassen. Armin und Sämu haben zwar ihre Sache gut gemacht, vom Leierkastenaffen mal abgesehen.
Mein Zahlentourette stört höchstens noch beim Einkaufen an der Kasse. Aber die besten Zahlen klingen langsam ab. 
Mein Präsident Jackson ist wieder im Schuss, doch mein Interesse am Jedermannfunk ist nicht mehr so gross. Die ursprüngliche Faszination ist weg. Mir ist aufgefallen: Was früher so etwas wie ein Volksfunk war, ist in der Zeit der Smartphones nur noch ein Artefakt aus längst vergangenen Zeiten.  Wer sich tatsächlich für Funk interessiert und experimentieren möchte, macht eine Amateurfunkprüfung.

Die Geschichte mit dem Antennenverbot hat mir natürlich auch zu denken gegeben. Aber in den meisten Fällen wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. In meinen Träumen als Gehilfe von Guglielmo Marconi habe ich Drähte als Antennen schätzen gelernt. Man kann damit sehr effektive und unauffällige Antennen konstruieren.
Ich habe mich lange mit Armin über dieses Thema unterhalten. Schließlich ist die Antenne das Wichtigste bei der ganzen Funkerei. Sie verwandelt einen Elektronenstrom in einen Photonenstrom. Das tut übrigens auch eine Glühlampe. Ob da ein Unterschied besteht? Beide tun doch das gleiche, beide senden elektromagnetische Wellen aus, aufgrund eines Stroms, der durch einen Leiter fließt.

Doch zurück zum Praktischen.

"Auf was kommt es bei einer Drahtantenne wirklich an", war meine wichtigste Frage, als ich Armin kürzlich am Telefon hatte.

"Erstens, dass du sie so hoch wie möglich aufhängst. Zweitens, dass sie genügend lang ist, in Bezug auf die Wellenlänge und drittens, dass sie möglichst weit von Störquellen entfernt ist."

"Also möglichst weit weg vom Haus mit seinen Schaltnetzteilen, dem VDSL und den Sparlampen und all dem Zeug?"

"Ja, und wenn du kannst, baue eine symmetrische Antenne und speise sie wenn möglich über eine hochohmige, verlustarme Zweidrahtleitung."

"Also ein Dipol."

"Genau! Wenn du am Beginn der Zweidrahtleitung einen automatischen Antennentuner installierst und einen 1:1 Strombalun für undefinierte Impedanzen, hast du eine gute Allbandantenne."

"Aber so ein Dipol für das 160m oder 80m Band ist ganz schön lang. Was, wenn mein Garten zu kurz ist?"

"Dann verkürze den Dipol. Zwei mal 17m, zum Beispiel, spielen auch noch im 160m Band mit, wenn auch mit verminderter Effizienz. Eine Antenne braucht nicht in Resonanz zu sein, um zu strahlen."

"Aber so eine mittig gespeiste Antenne, von der eine Zweidrahtleitung runter hängt, sieht schon sehr nach Antenne aus. Geht es nicht etwas unauffälliger."

"Doch. In diesem Fall nimm die zweitbeste Lösung. Sie ist zugleich die einfachste Antenne für die Kurzwellenbänder, die du bauen kannst. Es ist die L-Antenne. Auch sie ist eine Allbandantenne, wenn du sie mit einem automatischen Antennentuner speist. Ein Strombalun erübrigt sich meistens, aber du solltest unbedingt einige Erddrähte, so genannte Radiale, im Boden vergraben."

"Wieviele und wie lang müssen dieses denn sein?"

"Die Regel lautet: viele kurze sind besser, als wenige lange. Vier sollten es aber schon sein. Nur ein einziger Erddraht bringt schon erhebliche Einbußen. Auch für das 160m Band reichen schon einige Meter. Ihre Länge und Ausrichtung richtet sich nach den örtlichen Gegebenheiten."

"Und die soll ich einfach vergraben. Das ist schon recht mühsam. Muss ich blanken oder isolierten Draht nehmen?

"Das spielt keine Rolle: zum Beispiel Elektro-Installationsdraht oder Litze. Zum Vergraben eignet sich eine alte Kettensäge. Sie fräst im Nu wunderbare Schlitze in den Boden. Wenige Zentimeter Tiefe genügen, damit der Opa mit dem Rasenmäher keinen Schaden anrichtet. Auch das Kabel vom Tuner in die Funkbude kannst du so eingraben."

Somit stand mein Plan fest. Ich würde eine L-Antenne bauen. Der Vertikalteil hoch in den Baum hinter dem Haus und der horizontale Teil zur Dachfirst gespannt.

"Der Baum ist höchstens 10m hoch und steht etwa 15m vom Haus entfernt. Wird das genügen?"

"Für das 80m Band wird es genügen, auf 160m ist es ein annehmbarer Kompromiss. Doppelte Masse wären fantastisch, aber auch mit der Hälfte kannst du noch auf 80m funken. Gut ist, dass du den Vertikalteil möglichst weit weg vom Haus hast."

Wir plauderten noch über Gott und die Anstalt und kamen schließlich auf einige Dinge zu sprechen, die sich Armin auf Ebay besorgt hatte.

"Die Chinesen liefern auch in die Anstalt?", gab ich meinem Erstaunen Ausdruck.

"Wieso sollten sie nicht? Ganz Europa ist ja im Begriff zu einer Anstalt zu werden, wenn das so weitergeht", entgegnete Armin.

Freitag, 16. November 2018

Heimliche Antennen



Hallo, ich bin's nochmal, der Sämu.
Das mit dem Antennenverbot war ein echter Schock. Allerdings ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der neue Gemeindepräsident scheint in eigener Regie gehandelt zu haben.
Gestern habe ich das Problem mit Bienchen besprochen. Nachdem ich ihr die Geschichte erklärt hatte, meinte sie:

"Ganz im Stil der EU. Wie hat doch dieser EU-Chef mit dem lädierten Ischiasnerv gesagt: "Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.
Das geht die ganze Zeit so. Gerade kürzlich wollten die Politiker einen Migrationspakt durchmogeln. Die Presse hat mitgemacht und stillgehalten. Aber das hat nicht geklappt. Schon springen einige Länder ab. Deutschland wird aber sicher unterschreiben. Die Schweiz ist in der Klemme: ihre Diplomaten waren an dem Vertrag maßgeblich beteiligt. Die deutsche Presse hat sich schon mal auf die Schweiz und Österreich eingeschossen und die beiden Länder als kleine Großhansel bezeichnet."

"Das habe ich im Radio gehört. Das Ganze sei aber kein richtiger Vertrag sondern bloss eine Absichtserklärung und verpflichte niemanden zu nichts. Also harmlos und für mich sowieso nicht relevant. Aber dieses Antennenverbot trifft mich direkt. Was mach ich ohne meinen Tower und meinen Beam. Da kann ich ja das Hobby an den Nagel hängen."

"Typisch. Solange es einem nicht selbst trifft und höchstens in der Glotze zu sehen ist, juckt es nicht groß. Du musst dich halt wehren Sämu. Gehe an die nächste Gemeindeversammlung und melde dich zu Wort."

"Was soll ich denn sagen? Dass man von meiner Antenne kein Kopfweh bekommt und dass die Hühner deswegen nicht weniger Eier legen?"

"Das ist keine gute Idee. Weisst du was Sämu: ich habe zwar keine Antenne, aber ich werde dich an die Gemeindeversammlung begleiten. Aber inzwischen machen wir einen Plan B für den Fall, dass dieses Reglement tatsächlich angenommen wird. Denn auch ohne deinen protzigen Aluminiummast mit dem Riesenrechen obendrauf kannst du schöne Funkverbindungen machen."

"Wie denn? Ich brauche doch eine Antenne, und die sollen ja verboten werden."

"Du baust eben eine die den Enten-Test nicht besteht."

"Du spinnst. Ich brauch keine Ente, mein Hund Hund reicht mir."

"Aha, dein Hund heißt also Hund. Habe mich schon gewundert wie du das Tier immer rufst. Aber der Ententest geht so: Wenn etwas aussieht wie eine Ente, schwimmt wie eine Ente und quakt wie eine Ente, dann ist es höchstwahrscheinlich eine Ente."

"Was hat denn das mit einer Antenne zu tun?"

"Denk mal scharf nach! Wenn etwas nicht aussieht wie eine Antenne, keine Isolatoren hat wie eine Antenne und kein Speisekabel sichtbar ist, dann ist es keine Antenne. Die Menschen haben eine ganz konkrete Vorstellung wie eine Antenne auszusehen hat. Ein Stängel oder ein Rechen aus Aluminium zum Beispiel, und als Toupet natürlich so ein Gittermast wie deiner. Sowas sieht gefährlich aus und macht den Leuten Kopfschmerzen wenn sie das Teil nur schon sehen. Da brauchst du nicht einmal zu senden. Auch die Größe spielt eine Rolle: Je grösser und mächtiger so eine Antenne ist, desto mehr muss sie strahlen, denkt der Betrachter. "

"Bienchen, du solltest Armin in der Anstalt Gesellschaft leisten. Das hilft mir überhaupt nicht weiter und ist kein vernünftiger Plan."

"Benutze einfach deinen Fahnenmast als Antenne, der sieht nicht aus wie eine. Oder hänge einfach einen Draht in den Zwetschgenbaum hinter dem Haus. Ein simpler Draht wird nicht als Antenne gesehen."

"Mhm...was würdest du denn tun, wenn du eine heimliche Antenne bauen würdest."

"Ich würde z.B. eine Endfeed vom Dachzimmer in den Nussbaum spannen. Ein kaum sichtbarer Draht fällt nicht auf."

"Mhm...einfach nur ein Draht. Funk ist doch drahtlose Kommunikation!"

"Genau das ist der Punkt, Sämu."



Donnerstag, 15. November 2018

Antennenverbot













Hallo zusammen

Ich bin's. Der Sämu. Armin hat von der ganzen Schreiberei den Koller gekriegt und deshalb muss ich jetzt einspringen. Unser gemeinsamer Freund hat ja immer noch mit den Zahlen zu tun und kann nicht schreiben. Armin nennt ihn zwar den Namenlosen, doch das ist Quatsch. Wir, das heisst Armin, Bienchen und ich, nennen ihn den Leierkastenaffen. Abgekürzt LKA. Ich denke, der Name ist selbsterklärend. Der Kerl dreht immer die gleiche Leier. Redet nur über seine Träume, die ihn verfolgen. Er hänge im Traum Antennen in die Tannen im Valle de Tristesse, oder wie das heisst. Ist irgendwo im Wallis. Ich bin dort mal mit dem Laster durchgefahren. Eine denkbar schlechte Funklage.

Ich kenn mich da etwas aus, denn ich bin CB Funker und HB3er. Mein Rufzeichen tut nichts zur Sache. Man breitet ja nicht sein ganzes Privatleben einfach im Internetz aus. Darum bin ich auch nicht auf Fratzenbuch.

Eines dürft ihr aber ruhig wissen: meine Funklage ist obergünstig. Ich wohne auf einer Anhöhe am Dorfrand. Von hier aus kann ich Bienchens Villa sehen mit der großen Garage und etwas weiter das Haus des LKA. Dahinter auch das Haus wo Armin gewohnt hat, bevor sie ihn in die Anstalt spediert haben.

Wie gesagt, eine obergünstige Funklage und ein guter Platz für meinen Beam. Für die unter euch, die nicht vom Funk sind: Ein Beam ist eine Richtantenne. Sie sieht aus wie ein grosser Heurechen und lässt sich über einen Rotor drehen. Meiner steht auf einem Alu-Tower. Ein Beam ist für einen richtigen Amateur wie ein Ferrari vor der Hütte. Für den, der etwas auf sich hält ein Muss.

Und das ist seit gestern ein Problem.
Ich wollte gerade meinen Benz satteln und ins Spital fahren um den LKA zu besuchen, da stand plötzlich der Fritz vor meiner Garage. Der Vize vom Gemeindepräsi. Unter uns gesagt eine Arschgeige erster Güte.

"Ist das dein Mast?", machte er mich blöd an.

"Geht dich nichts an", gab ich zurück.

"Stell dich nicht so an. Bist du eigentlich auch zur Schule gegangen?"

"Ja, in die Baumschule."
Mir hat mal ein Anwalt gesagt, man soll mit Polizisten nicht ohne Anwalt reden, und Fritz ist Polizist.

"Der muss weg. Es gibt ein neues Reglement und da sind Antennen verboten. Das ist doch eine Antenne oder?"

Mir blieb die Spucke weg und ich vergass den Ratschlag des Anwalts.
"Von diesem Reglement weiss ich nichts. Bisher hat meine Antenne niemanden gestört. Was ist das wieder für ein Seich?"

"Das haben wir im Gemeinderat beschlossen und superprovisorisch in Kraft gesetzt. Es kommt dann bei der nächsten Versammlung auf die Traktandenliste. Der neue Präsi hat da mächtig Druck gemacht, seit ein Funker die Drohne seines Sohnes abgeschossen hat."

Meine Gedanken wirbelten umher wie in einem Kaleidoskop. Dieser geschniegelte Kerl mit seinem ungezogenen Bengel war also der neue Gemeindepräsident! Und seine Drohne hatte mein Hund gefressen. Mein Hund heißt übrigens Hund. Das ist ein praktischer Name und gut zu merken.
Jetzt wollte also dieser Lackaffe von Präsi alle Antennen im Dorf verbieten.

"Das ist verrückt", entfuhr es mir.

"Nicht verrückt sondern logisch. Antennen sind gefährlich. Diesmal ist wegen euch Funkern eine Drohne abgestürzt. Beim nächsten Mal könnte es ein Flugzeug sein. Außerdem stört die ganze Funkerei den Schlaf. Die Liese von der Dengelmatt hat auch schon deswegen auf dem Gemeindebüro vorgesprochen. Seit dein Turm hier steht, hat sie kein Auge mehr zugetan. Sogar die Zugvögel meiden das Dorf, seit es mit dieser Funkerei angefangen hat."

"Das gibt ein Massensterben", murmelte ich.

"Pass auf, was du sagst."

Ich erinnerte mich schlagartig wieder an den Ratschlag des Anwalts und riss mich zusammen:

"Was gilt denn in dem neuen Reglement als Antenne?", fragte ich und sah meinen Beam in Gedanken schon parterre.

"Jede feste Installation, die dem Aussenden von Funksignalen dient."

"Dann gute Nacht. Da muss deine Satellitenschüssel aber auch runter. Ebenso der Blitzableiter von Liese und sämtliche Fahnenmasten."

"Es geht um Antennen, Sämu, um nichts anderes. Was du da aufzählst, hat nichts mit Funk zu tun."

"Mein Fahnenmast kann also stehen bleiben?"

"Na klar, du kannst sogar einen Zaun von Fahnenmasten aufstellen."

"Und die Antenne für den Mobilfunk, neben dem Haus von Liese in der Dengelmatt, muss die auch runter?"

Fritz kratzte sich hinter dem Ohr. Ich sah in seinen Augen, dass es in seinem Hirn ratterte wie in einem alten Flipperkasten.

"Ich mag deine Spitzfindigkeiten nicht", sagte er, als er ging.

Diese Arschgeige wird sich noch wundern über das Antennenarsenal von Spitzfindigkeiten und meine Fantasie von nicht fest installierten Provisorien. Aber noch ist nicht alle Tage Abend. Morgen werde ich mal mit Bienchen darüber diskutieren.



Mittwoch, 14. November 2018

Incommunicado



Liebe Leserinnen, Leser und Leserx

Ich bin's wieder, euer Armin. Da sich dieser Blog vor allem dem Gebiet "Funk und Kommunikation" widmet, und ich bisher den Eindruck hatte, dass dieser Aspekt im Trubel der Ereignisse etwas zu kurz gekommen ist, möchte ich Ihnen heute eine kleine Anekdote erzählen:

Wohl nur wenige von Ihnen dürften mit der Tatsache vertraut sein, dass in Funkerkreisen immer noch telegrafiert wird. Das heißt, es wird mit Punkt und Strichen kommuniziert. Ein Verfahren aus den Anfangszeiten der elektrischen Kommunikation, als man noch keine Sprache übertragen konnte und als die Reichweite von Buschtrommeln und Signaltürmen als ungenügend erachtet wurde.
Bis gegen Ende des letzten Jahrhunderts wurde die Morsetelegrafie noch im Militär und in der Schifffahrt verwendet. Jetzt hört man praktisch nur noch die Hobbyfunker morsen.
Es sind aber nicht nur die rückwärts gewandten Fundamentalisten unter den Funkern, die dieser archaischen Kommunikationsart frönen, auch Newcomer fühlen sich zuweilen davon angezogen. Wie früher bei den Türmen und den Trommeln unterliegt sie strengen Regeln. Ein Feuer zu Unzeiten oder ein Schlag neben die Trommel kann katastrophale Auswirkungen haben. Auch für die Morsetelegrafie gilt: wehe, einer hält sich nicht an die traditionellen Abläufe.

Das ist einem meiner Bekannten passiert. Als er einen Funkfreund aus nördlichen Landen im Aether rufen hörte, meldete er sich entgegen dem Protokoll:
"Nicht los, heute?" fragte er und hängte an dieses Frage gewissenhaft sein Rufzeichen an. Es handelte sich also keineswegs um einen anonymen Zwischenruf nach Strich und Punkt. 

Bass erstaunt war er, als sein Funkfreund nicht auf seinen Anruf einging, sondern frisch fröhlich weiter rief als wäre da nichts gewesen, als hätte er ihn nicht gehört. Dieses Spiel wiederholte sich noch ein paar Mal.
Das kann natürlich immer wieder passieren. Mal läuft verschüttetes Tastenöl in den Empfänger, mal hat man den Kopfhörer verkehrt aufgesetzt oder die Katze spielt mit dem Abstimmknopf.
Was war in diesem Fall geschehen?
Nichts von alledem. Mit Befremden musste mein Bekannter in der Folge hören, wie sein Funkfreund zwar mit anderen Stationen verkehrte, ihn jedoch ignorierte.

Es handelte sich dabei also um einen klassischen Fall von Nicht-Kommunikation, wie er immer wieder zwischen Menschen vorkommt, vorzugsweise zwischen Mann und Frau. Die Nachricht in einer Nicht-Kommunikation zu entschlüsseln ist nicht einfach, und ich denke, er rätselt immer noch daran herum.
Mir jedoch war dieser einfache Fall von Nicht-hören-wollen sofort klar, als mein Bekannter in einem Nebensatz die Bemerkung fallen ließ, sein Funkfreund wäre Zeit seines Lebens Lehrer gewesen.

Déformation Professionelle sagt man in Anstaltskreisen dazu.
Die Weisskittel hier im Haus haben Pillen dagegen. Ich empfehle jedoch eine angemessene Dosis Tastenöl

Zum Schluss habe ich noch eine gute Nachricht und eine schlechte für die Bastler und Grübler unter euch. Zuerst die schlechte:
Der bekannte und geschätzte Helmut Singer Flugversand, der Occasionsgeräte aus der Industrie vertrieb, wurde liquidiert. Diese Quelle ist also versiegt.

Weltweit gibt es ein paar große Distributoren von elektronischen Komponenten wie Mouser, Digikey Reichelt, Conrad, Distrelec etc. bei denen man fast jedes Bauteil bekommen kann.

Ich habe mich aber immer gefragt, wo denn die Chinesen ihr Zeug bestellen. Und siehe da: Hier findet man den größten Distributor von elektronischen Komponenten in China. Er liefert nicht nur die Komponenten, die bei Digikey und Konsorten zu finden sind, sondern auch Bauteile von im Westen unbekannten Marken aus dem Land des Lächelns. Ein Stöbern lohnt sich und ist zugleich ein Augenöffner. Die Preise dieser exotischen Komponenten sind für unsere Verhältnisse extrem niedrig. Zum Beispiel 3 Cent für eine integrierte Schaltung. Das erklärt auch, wieso die Produkte aus China so günstig sind: nicht nur die Arbeitskosten sind sehr niedrig, sondern auch die Materialkosten der Produkte.

Liebe Leserinnen, Leser und Leserx. Das war etwas viel Technik für heute. Nächstes Mal werde ich Ihnen über einige beunruhigende Vorgänge hier in der Anstalt berichten, und natürlich über die Genesungsfortschritte des Namenlosen.

Euer Armin.