Wo waren wir kürzlich stehen geblieben?
Ach ja: beim Koaxialkabel. Ein Teil, auf das der Funker leider nicht verzichten und das ein hungriger dB-Fresser sein kann. Je dünner es ist, desto gewaltiger ist sein Appetit. Die Dicke ist also umgekehrt proportional zu seinem dB-Appetit. Es gibt Koaxialkabel in jeder Stärke. Im nachfolgenden Bild habe ich ein paar der Grösse nach aufgereiht.
Die beiden zuoberst kennen wir ja bereits. Sie werden gerne in Magnetloop-Antennen zweckentfremdet. Nur die Abschirmung wird für die Loop-Antenne benutzt. Zwar geht die Legende um, die Magnetloop würde besser strahlen, wenn man den Innenleiter mit der Abschirmung verbinde. Wie dieser Effizienzgewinn zustande kommen könnte, ist mir schleierhaft.
Eine andere Legende behauptet, diese Sorte Kabel sei hoffnungslos veraltet und von modernen Kabeln schon längst überholt worden. Also sehen wir mal nach:
Das oberste Kabel ist ein 7/8 Zoll Cellflex. Verwirrenderweise beträgt sein Durchmesser wesentlich mehr als 7/8 Zoll: nämlich 27.8mm, wie aus dem Datenblatt hervorgeht. Im VHF/UHF-Bereich hat es die besten Dämpfungswerte aller hier vorgestellten Kandidaten. Nämlich 1.43dB pro 100m im 2m Band und 2.55dB im 70cm Band. 4.44dB pro 100m sind es noch im 23cm Band. Es verträgt in diesen Bereichen problemlos Leistungen im Kilowatt-Bereich und ist auch deshalb erste Wahl für eine dezidierte EME-Station.
Das zweite von oben ist ein Halbzoll Cellflex in der alten Variante mit spiralförmigen Rillen. Auch sein Durchmesser hat wenig mit einem halben Zoll zu tun, misst es doch ganze 15.8mm im Durchmesser. Im 2m Band verliert es 2.69dB pro 100m auf dem Weg zur Antenne und im 70cm Band 4.77dB wie aus diesem Datenblatt hervorgeht.
Auch Andrew mit seinen Heliax-Kabeln ist ein Hersteller von professionellen Kabeln, ähnlich den Cellflex Typen.
Einige Hersteller von "Amateurfunk-Kabeln" stellen ebenfalls 15mm Koax her. Stellvertretend sei hier das Ecoflex 15 plus erwähnt. Seine Dämpfungswerte liegen aber deutlich über dem des Halbzoll-Cellflex. Soviel zu "moderne Kabel schlagen Klassiker".
Weiter runter in der Liste geht es nun von den Profikabeln zu den "Amateurkabeln":
Das dritte Kabel von oben ist ein Ecoflex 10. Dieses 10mm Kabel hat fast doppelt soviel Dämpfung wie das Halbzoll Cellflex, ist aber wesentlich besser, als das in die Jahre gekommene, originale RG213. Es ist doppelt geschirmt: mit einer Kupferfolie und darüber noch einem Kupfergeflecht. Eine Bauweise, die heute in allen hochwertigen Kabeln für den Amateurfunk verwendet wird. Dazu gehört auch, dass das Dielektrikum aus Polyethylen niedriger Dichte (Schaum-PE) besteht, das einen hohen Luftanteil aufweist. Auch das H-2000 von Belden ist so aufgebaut, besitzt aber anstelle der siebendrähtigen Kupferlitze einen Vollleiter aus Kupfer. Natürlich sind auch die Kabel von Messi&Paoloni nach dem gleichen Prinzip konstruiert. Ebenfalls die in Nordamerika weit verbreiteten Kabel von Times Microwave Systems, wie z.B. das 10mm Kabel LMR-400. Bei diesen besteht die Abschirmfolie jedoch aus Aluminium und die darüber liegende Schicht aus verzinntem Kupfergeflecht. Punkto Dämpfungswerte sind sie trotzdem mit den europäischen Typen gleichen Durchmessers vergleichbar.
Um Koaxialkabel leichter zu machen, besteht in einigen Kabeln der Innenleiter aus Aluminium, auf das eine dünne Kupferschicht aufgewalzt wird. Ein Trick, den die Hersteller von "Amateurkabeln" den Profis abgeguckt haben. Z.B. besitzt das Halbzoll Cellflex einen derartigen Innenleiter.
Wer nur auf KW, 2m und 70cm funkt und nur für 10m +/- ein Kabel benötigt, wird bei den 10mm Kabeln sicher fündig. Allein für KW können für geringere Ansprüche auch 7mm Typen, wie das Aircell 7 verwendet werden - an vierter Stelle von oben. Das abgebildete Aircell 7 ist übrigens kontaminiert. Es hat Wasser gezogen und deshalb ist das Kupfergeflecht oxydiert.
Für kurze Strecken und für die KW-Bänder können auch 5mm Kabel eingesetzt werden. Zum Beispiel das Aircell5. Genauso wie das vergleichbare H-155 hat es aber mehr als die doppelte Dämpfung der meisten 10mm Kabel. Im 2m Band 11.3dB auf 100m und im 70cm Band 20dB/100m. Also für VHF/UHF ein No-Go.
Bis hierher sind diese modernen Kabel - ausser die gerillten Profis - nach dem gleichen Prinzip aufgebaut. Doch an 6. Stelle von oben sieht man nun den absoluten Renner unter den Koaxialkabeln. Wer kennt das RG-58 nicht. Es hängt an jeder CB-Funke und ist total veraltet. Keine doppelte Schirmung, solides PE anstatt Schaum-PE. Schlaue Kabelhersteller haben es deshalb aufgepeppt und bieten neuere, bessere Varianten an. Die Bezeichnung RG-58 ist zu prominent um sie einfach fallen zu lassen.
Das Original RG-58 ist nicht doppelt geschirmt, hat kein geschäumtes Dielektrikum und entsprechend miese Dämpfungswerte. Nämlich ca. doppelt so hohe wie die modernen 5mm Kabel Aircell 5 und H-155. Doch was noch schlimmer ist: Die Schirmwirkung ist schlecht. Einstrahlungen von starken Sendern und parallelen Leitern auf Frequenzen von KW bis UKW führt oft zu unerklärlichen "Erscheinungen" im Empfänger. Aber auch das Sendesignal findet durch die ungenügende Abschirmung seinen Weg nach draussen.
Aber es geht noch schlimmer.
Denn es gibt RG-58 Kabel wie junge Katzen. Kauft man ein billiges No-Name Kabel, so kann es gut sein, dass es anstelle von 50 Ohm die TV-Kabel Impedanz 75 Ohm aufweist. Denn TV-Kabel werden in viel grösseren Mengen hergestellt als die 50 Ohm CB-Kabel. Da kann man sich in China oder anderswo leicht mal in der Beschriftung "irren". Doch wieso sollte man das tun?
Wie bei allen Fakes: Weil es billiger ist. Im 75 Ohm Kabel ist weniger Kupfer und mehr Plastik drin (dünnerer Innenleiter).
Aber wir haben noch nicht den Gipfel der Geizgeilheit erreicht. Es geht noch schlimmer. Und damit kommen wir zum untersten Kabel im Bild. es heisst RG-174 und ist ein 2.5mm Kabel. Ein Liebling der Portabelfunker. Im 2m Band hat es eine Dämpfung von 32dB pro 100m und im 70cm Band 59dB. Bei KW spielt auch das keine Rolle, werdet ihr sagen. Vor allem wenn man nur ein kurzes Stück verwendet. Was sind da schon ein, zwei dB. Ihr mögt Recht haben. Aber ich verschenke ungern Dezibel. Ist ein dB weg, kommen von meinem QRP-Sender nur noch 4 Watt anstatt 5 Watt an die Antenne. Sind 2dB fort, verbleiben nur noch 3 Watt. Das ärgert mich.
Natürlich kann es immer noch schlimmer kommen. Und das ist leider oft der Fall. Schlecht gelötete oder gecrimpte Stecker und Verluste im Tuner tragen auch noch zu den Verlusten bei. Bei VHF/UHF kommen noch die beliebten Diplexer und Triplexer hinzu. Diese Teile haben einen kaum stillbaren Appetit auf Dezibel.
Man könnte auch das Bild oben noch erweitern. Zum Beispiel mit dem Kabel RG-178. Ein 1.8mm Kabel; also der Gipfel der Portabilität. Wer seine Station damit ausrüstet, dem sind die Dezibel vermutlich wurscht. 58 dB im 2m Band und 100 dB im 70cm Band frisst das Käbelchen auf 100m.
Die Typenvielfalt bei den Koaxialkabeln ist gross. Doch welches Kabel man auch wählt: der geneigte Funker studiert vor dem Kauf die Datenblätter und überlegt sich, wieviel Dämpfung er in Kauf nehmen will.
Bild zuoberst: Die Stauseen sind voll. Wasser muss abgelassen werden. Im Bild die Mauer des Schiffenensees.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen