Donnerstag, 28. Februar 2019

Die Baken der Ampelfrau



In Luzern wundert man sich über Demenzradio, abgekürzt DMR. Aber man ist nachsichtig, da die Fastnacht vor der Tür steht. Dabei ist Demenzradio eine durchaus ernste Angelegenheit und keineswegs zum Lachen, genauso wie der ganze Amateurfunkbetrieb auch. Zum Lachen sollte man in den Keller oder aufs 11m Band gehen. Aber was erwartet man schon von Außenstehenden, die noch nie in der Klapsmühle waren?
Mein Blog soll eine Lanze brechen für alle randständigen Funker. Für all jene die an den Aethergott, den großen Tower und den ultimativen Power glauben. Und natürlich für alle Demenzfunker, die schon längst vergessen haben, was sie an der Prüfung gelernt haben. Apropos: Ich habe meine HB3 Prüfung zwar vergeigt, aber bis zum nächsten Termin kann ich mit dem Präsident Jackson spielen, und wenn ich Rat brauche, so hole ich den in der Klapsmühle. 
So auch gestern Abend. 
Auf dem Parkplatz bin ich Charlie begegnet, der Frau mit den Ampelaugen - eines rot und das andere grün. Seit sie sich ein Auge tätowieren ließ, kann sie nicht mehr fliegen und ist Dauergast in der Anstalt.
"Ich habe einen neue Bake entdeckt", begrüsste sie mich, und ohne eine Antwort abzuwarten plapperte sie munter weiter:
"Sie heißt HB9AW und sendet auf 144.467 MHz. Sie macht Striche..."
"...das haben Baken so an sich", unterbrach ich sie. "Aber du verwechselst sicher die Frequenz. HB9AW ist die das Rufzeichen der Sektion Sursee, und die haben eine 60m Bake und keine auf 2m in Betrieb."
"Nein, du irrst dich, ich habe sie ganz klar gehört - ganze drei Striche."
"Nur drei Striche und dann nichts mehr?"
"Genau! Sie sendet nämlich jeden Strich 3dB schwächer als der vorhergehende und nach einer Weile beginnt sie den Zyklus wieder von vorne.
Ich war baff. Charlie war verhinderte Pilotin und redete normalerweise nur in AM. Warum hatte sie plötzlich ein Interesse an Amateurfunk?
"Mit was hörst du denn auf dem 2m Band?", fragte ich sie.
"Mit meinem neuen Icom IC-9700."
"Was?" Ich war doppelbaff. "Du hast dir ein solches Gerät zugelegt. Ich wusste gar nicht, dass es schon ausgeliefert wird."
"Vielleicht beliefern sie die Anstalt bevorzugt."
"Aber du wohnst doch im Keller. Da hört man doch nichts."
"Nicht mehr. Putin, der Hausmeister, hat mir eine Dachkammer verschafft, nachdem ich mich um seinen Hund Trumpi gekümmert habe."
"Ich glaub, ich spinne."
"Da bist du hier gerade richtig. Nur rein in die warme Stube. Übrigens habe ich noch eine zweite Bake entdeckt, die hier gut zu hören ist. DB0HRF auf 144.475."
"Das ist Wahnsinn, die steht doch auf dem Feldberg nördlich von Frankfurt. Bist du Bakenforscherin geworden?"
"Kann man so sagen. Senden darf ich ja noch nicht. Aber Armin hat mich für die Prüfung angemeldet. Er meint, als Pilotin sei das für mich ein Nasenwasser."
Ich wurde rot, denn für mich waren die Aufgaben ein spanisches Dorf gewesen und ich hatte nur Bahnhof verstanden und dabei drei Bleistifte zerkaut.

Das Gespräch mit Charlie war nicht die einzige Überraschung gestern Abend. Doch darüber mehr in meinem nächsten Blog.

     

Dienstag, 26. Februar 2019

Ein Netzteil aus der Anstalt



Gestern habe ich wieder Armin und Anton in der Anstalt besucht. Ich suche nämlich ein neues Netzteil für den Präsidenten. Mein altes ist abgeraucht; erstaunlich wie viel Rauch in einem Netzgerät enthalten ist. Meines wollte erst aufhören, nachdem ich den Netzstecker gezogen hatte.
Meine leise Hoffnung in der Anstalt ein überschüssiges Netzteil zu finden, ging aber nicht auf. Stattdessen musste ich mit viel gut gemeinten Ratschlägen vorlieb nehmen. Immerhin besser als nichts, doch Ratschläge erzeugen leider keinen Strom.
Anton empfahl mir, sein Blog zu studieren und lieferte auch gleich die nötigen Links dazu. Denn ohne die findet man in den Funkperlen rein gar nichts. Sind doch die Titel total hintersinnig verfasst, ohne Bezug zum eigentlichen Thema. Und natürlich hat er auch entsprechende Tags vergessen. Kein Wunder, dass er in der Anstalt gelandet ist:

Die Entstörung eines Nissei Netzgeräts

Ein 13.5V/50A Netzgerät für 100 Euro


Ein Server-Netzteil mit 82A bei 12V (DPS-800GB)

Ein Meanwell 12V 50A Netzgerät wird entstört

Armin gab natürlich auch seinen Senf dazu und meinte, dass das Prinzip immer das gleiche sei und auf drei Säulen beruhe:

1. Verhindere mit einem Netzfilter, dass Störungen aus dem Schaltnetzteil zurück ins Stromnetz gelangen können.

2. Verhindere, dass das Netzteil selbst Störungen in den Aether strahlt, indem du es in eine zusätzliche Abschirmung einbaust - Matrjoschka-Prinzip (Gehäuse im Gehäuse).

3. Verhindere mit einem zusätzlichen Filter (Selbstbau), dass Störungen durch den 12V Ausgang nach draußen gelangen.

Nach soviel Theorie habe ich die beiden alten Zausel wieder alleine gelassen und bin in meinem Opel Rekord wieder nach Hause gezottelt.

Sonntag, 24. Februar 2019

Sämu das "Kalb"


Sämu hat offenbar nicht mehr alle Röhren im Schrank. Er funkt jetzt nur noch mit einer Gopro. Da er sie nicht einfach auf seine Glatze kleben kann, hat er sie auf seinem alten Militärhelm befestigt.
So könne er alle Funkverbindungen im Detail dokumentieren und das Logbuch erübrige sich.
Bienchen bleibt nach wie vor verschwunden, seit sie im Wald ein sprechendes Velo entdeckt hat, und so bleibt mir nur die Anstalt, wenn ich mit jemandem ernsthaft über Funkangelegenheiten sprechen möchte. Leider will mich der Psychikater nicht einweisen und so bleibt mir nichts anderes übrig, als mit meinem alten Opel Rekord hinzufahren. Doch die Fahrt ist kurzweiliger geworden, da ich mein Präsident Jackson im Auto installiert habe. Dazu habe ich ein Loch in den Kofferraumdeckel gebohrt und eine 2.75m lange Fiberglasrute darauf gesetzt. Es war nicht einfach, das Teil zu bekommen. Früher konnte man die Dinger im CB-Laden kaufen. Meine habe ich auf dem Flohmarkt in Domodossola aufgetrieben. In den Hochzeiten des CB-Funks waren diese Antennen das "Non plus ultra" und sahen auf einem Opel Manta oder Toyota Celica nicht nur gut aus und erweckten die Aufmerksamkeit der jüngeren weiblichen Bevölkerung, sie waren auch sehr wirksam; viel besser als die heutigen Stummel und auch besser als die legendäre DV27.
Allerdings durfte man keinen Fuchsschwanz daran anbinden. Nicht wegen dem Tierschutz, sondern wegen dem Fahrtwind. Obwohl die Blechstärken bei den Autos damals grösser waren, hätte sich die Antenne auf der Autobahn verabschieden können.
Den Tipp habe ich übrigens von Sämu. Natürlich hatte er keine Fiberglasrute auf seinem Truck montiert, aber auf dem Kotflügel hinten rechts seines Triumph GT-6. Ein echter Hingucker.
Früher habe er eine solche Antenne auch vor dem Dachfenster gehabt. Mit Ziegelrot eingefärbt wegen der Nachbarschaft und dem Hausmeister. Auch heute noch schwärmt Sämu für lange Mobilantennen. Doch als HB3er hat er seine Aktivitäten vom 11m auf das 2m Band verlegt; hauptsächlich Relaisfunk in DMR - also Demenzradio.
Das Bild im vorletzten Blog ist übrigens von ihm. Er hat vor dem Dachfenster in seiner Funkbude die längste Mobilantenne montiert, die man für das 2m Band kaufen kann: eine NR22L von Diamond. Sie ist 2.5m lang und als schlanke Edelstahlrute natürlich unauffälliger als die üblichen Blindenstock-Antennen und funktioniert tut sie genau so gut.
Natürlich fehlt das Autoblech als Gegengewicht, aber Sämu benutzt die Kupferumrandung des Dachfensters, die auch an den Blitzableiter angeschlossen ist, als Ersatz. Dadurch ist auch die Blitzfrage geklärt, sofern er nicht vergisst, dass Koax bei Gewitter abzuhängen.
Doch Sämu ist ein "Kalb" und macht oft Sachen. So hat er seine NR22L auch schon für das 10m Band benutzt. 2.5m Länge würde ja passen und die kleine Induktivität im schwarzen Knubbel in der Strahlermitte sei für 10m kein Problem, meint er. Die Antenne sei auf 28.5 MHz resonant und habe dort ein SWR von 1:1.5. Auch auf 29.6 MHz sei sie noch mit 1:2 brauchbar. Hier im Bild nochmals die NR22L mit "Biecht" (Rauhreif, also gefrorener Tau).


PS. Wer gute Augen hat, erkennt im oberen Bild rechts eine Reihe Sendemasten. Sie gehören einem der letzten Langwellen-Rundfunksender in Europa: Radio Monte Carlo auf 216 kHz bei Roumoules. Im Vordergrund der Lac de St. Croix.

Freitag, 15. Februar 2019

Der IC-7300-Effekt: Preiszerfall bei gebrauchten Funkgeräten



Kürzlich traf ich in der Anstalt auf Anton. Vielleicht liegt es am Etablissement, aber sein Standpunkt scheint sich etwas verschoben zu haben, was alte Funkgeräte betrifft. Als ich ihn danach fragte, welches Gerät ich kaufen soll. wenn ich die Prüfung geschafft habe, sagte er folgendes:

Wie man schön auf der Schweizer Occasion Börse Ricardo sehen kann, sind die Preise von gebrauchten Funkgeräten am abstürzen. Zwar wollen es noch nicht alle wahrhaben und verlangen für ihre 20-30 Jahre alten Geräte Mondpreise. Sie klammern sich regelrecht an ihren alten Schrott und träumen von längst vergangenen Zeiten.
Doch der Icom IC-7300 hat die Messlatte neu gesetzt. Beim Schweizer Icom Vertreter Lixnet ist der Transceiver zurzeit für 1490 Franken zu haben. In den USA ist er noch günstiger und geht für ca. 1100 Dollar über den Ladentisch. WIMO in DL verkauft das Teil für 1179 Euronen.

Der IC-7300 hat zwar das Preisschild eines Einsteigergerätes, doch technisch ist er vielen älteren Transceivern überlegen. Zudem hat er als direkt abtastender SDR gegenüber den alten Kisten ein unschlagbares Alleinstellungsmerkmal.
Und so fragt sich der OM von heute, wieso er für ein altes Gerät den gleichen Betrag oder gar mehr auslegen soll wie für das neuste Modell mit besseren Eigenschaften.
Diese Überlegung sickert nun langsam in die Köpfe der OM und hat die Preise auf dem Occasionsmarkt Richtung Süden geschickt.
Der Vorgänger des IC-7300, der IC-7410 hat zwar als neu wesentlich mehr gekostet und ist sicher ein gutes und solides Gerät. Doch kaum ein OM wird einen gebrauchten 7410er für den Preis eines 7300er erwerben wollen. Kein Farbdisplay, kein hochauflösender Wasserfall und kein Echtzeit Spektrum. 
Älteren und weniger gut ausgestatteten Geräten geht es noch schlechter. Für 30+ jährige Kisten, die gar noch teure Zusatzfilter brauchen und in der Ausfallkurve (Badewanne) bereits am kritischen Ende stehen, bezahlen nur noch Verrückte und Nostalgiker mehr als 500 Stutz.

Einige Beispiele stehen bei mir auf dem Stationstisch oder langweilen sich im Gestell.
Zum Beipiel ein IC-7200. Ein relativ neuer Transceiver, der 2007 auf den Markt gelangte und dessen Produktion 2017 eingestellt wurde. Solide Technik im Military Style. Leider mit einem winzigen Display. Die letzten wurden für unter 1000$ verscherbelt. Wer würde heute wesentlich mehr als 500 Franken oder Euro für das Teil bezahlen? Ich möchte es erst gar nicht ausprobieren.

Oder der IC-7400, den ich zurzeit hauptsächlich im 2m Band benutze. Das Teil wurde zwischen 2001 und 2009 gefertigt und war recht störanfällig. Er ist gegenüber dem IC-7300 schon arg in den Rückstand geraten. Nicht nur beim drögen monofarbenen Display, auch bei vielen Details. Zwar kann er 2m mit 100W, aber ich habe bereits einen IC-9700 vorbestellt, als idealer Compagnon zum IC-7300. Dann ist er mir übrig. Wenn ich Glück habe, bekomme ich noch 600 oder 700 dafür.
Der IC-9700 wird übrigens auch die Preise für Allmode UKW Transceiver in den Keller reißen, wie z.B. den IC-910.
Doch was des einen Leid ist, ist des anderen Freud: Noch nie konnte man so günstig einen gebrauchten Transceiver ergattern wie heute. Doch man hüte sich vor den alten Schwarten aus dem Vor-SMD-Zeitalter. Diese Kisten können jederzeit aussteigen und du wirst niemanden finden, der dir das Teil zu einem resonablen Preis repariert. Auf einen neuen IC-7300 gibt es aber Garantie. 

Röhrengeräte sind definitiv out. Sie haben entweder noch Sammlerwert (z.B. Collins) oder sind bloß noch unbrauchbarer Schrott (z.B. Kenwood TS-520). 

PS. Anton steht mit seiner Sicht nicht allein:

   

Donnerstag, 7. Februar 2019

Die Unordnung der Realität



Mein Psychikater weigert sich standhaft, mich in die Klapsmühle zu schicken. Träume seien nicht genug, meint er. Solange man sich nicht darin verirre und jeden Morgen in die Realität zurückkehre, sei alles in Ordnung. Doch die Realität ist keineswegs in Ordnung. Wie ich gerade erfahren habe, hat die Anstalt, in der Armin lebt, einen Neuzugang zu verzeichnen. Ein weiterer Funkamateur wurde dort aufgenommen. Vielleicht kennen ihn einige von euch aus seinem ehemaligen Blog: es ist Anton.
Armin hat es mir am Telefon gesagt und er meinte, sie könnten jetzt dort oben in den tief verschneiten Hügeln des Alpenvorlandes den Klub der irren Funker gründen.
Doch das sind nicht alle schlechten Nachrichten, die mich heute beunruhigen: Bienchen ist spurlos verschwunden. Sämu der Trucker hat sie als letzter gesehen. Sie habe ein sprechendes Velo im Wald gefunden, habe sie ihm gesagt. Jetzt sind wir zwei die einzigen Normalen in der Gegend, die übrig bleiben. Ein HB3er und Marconis Traumassistent. Weiter habe ich es bisher leider nicht gebracht. Denn die Funkerprüfung habe ich vergeigt. Trotz Bienchens Bemühungen, mich darauf vorzubereiten. Als ich zur Prüfung ging, dachte ich, ich wüsste alles. Aber als ich die Prüfungsbögen vor mir hatte, wurde mir klar, dass ich eigentlich nichts wusste. Zwar rief ich in einem verzweifelten Tagtraum Marconi, Faraday und Ohm zu Hilfe, doch sie blieben stumm. Schwingkreise verknoteten sich in meinem Kopf zu bizarren Gebilden ohne Sinn und Zweck und aus den Formeln wurden unzähmbare Ungeheuer. Ich sass einfach da, morste mit meine Bleistift SOS und war nicht einmal imstande meinen Namen zu schreiben. Hieß ich jetzt Guglielmo oder Michael?
Auf der Heimfahrt hielt mich die Polizei an und fragte, ob ich ein Velo mit Antenne gesehen hätte. Als ich fragte, ob es sprechen könne, ließen sie mich weiterfahren.