Samstag, 28. März 2020

AM aus der Quarantäne


Am stahlblauen Frühlingshimmel sind in diesen Tagen kaum Flugzeuge auszumachen. Ein Blick auf Flightradar24 zeigt fast nur noch Frachtmaschinen, Privatjets und einzelne Rückholflieger für gestrandete Touristen. Dafür sind die Amateurfunkbänder platschvoll. Vor allem FT8 erfreut sich großer Beliebtheit. In den FT8 Kanälen ist kaum eine Lücke zu finden: von 160m bis hinauf ins 10m Band. Ja 10m! Denn die Ionosphäre hat in den letzten Tagen aufgedreht. 10m war am späten Nachmittag zeitweise in Richtung Südamerika offen.

Wie vorauszusehen, wird in der Politik und den Medien die Frage nach dem Ende der Corona-Restriktionen immer heftiger diskutiert. "Deutschland halte das keine drei Monate durch", las man zum Beispiel, und der US-Präsident möchte ab Ostern wieder Normalbetrieb in der Wirtschaft. Man wird vermutlich einen Mittelweg finden und es wird interessant sein, die Auswirkungen in den verschiedenen Ländern zu beobachten.
Zwar lassen sich die meisten Arbeiter wohl wieder in die Fabriken "schicken", aber ob dann alle wieder auf Kreuzfahrt gehen, nach Malle fliegen und sich unbekümmert in Restaurants oder Stadions drängen, wage ich zu bezweifeln.

Wir Old Timer, die zuhause bleiben müssen, haben jetzt mehr Zeit für Bastelprojekte und Experimente.
In der Anstalt hatten wir einen Anfall von Nostalgie zu verzeichnen, und haben die uralte Amplitudenmodulation wieder hervorgekramt.

Die AM-Mittelwellensender werden ja immer rarer. Nur noch der Flugfunk und einige CB-Funker machen AM. Zwar können die meisten Amateurfunkgeräte nicht nur AM empfangen, sondern auch senden. Aber ich schätze, dass das bisher nur wenige Funker ausprobiert haben. AM ist in Vergessenheit geraten.

AM ist, technisch gesehen, reine Verschwendung: von Leistung und Bandbreite. Mein IC-7300, der die Amplitudenmodulation digital erzeugt, haut 25% der Leistung in den Träger und die restlichen 75 werden in die beiden Seitenbänder aufgeteilt. Resultat: mehr als doppelte Bandbreite als ein SSB-Signal.

Sowas Archaisches auf den überfüllten Bändern einzusetzen, wäre ein Affront ohne Hamsprit spirit.
Aber im oberen Teil des 160m Bandes, auf 10m und 6m hat es noch Platz für AM. Natürlich auch im 2m Band.

Das Resultat der Tests war verblüffend. Die Qualität der AM mit dem IC-7300 und auf UKW mit dem IC-9700 ist erstaunlich gut. Der AM-Sound ist faszinierend, besonders auf 160m und man fühlt sich ein halbes Jahrhundert in der Zeit zurückversetzt. Erstaunlicherweise schlägt sich die AM im 160m Band recht gut gegen den hohen Störpegel. Doch gegen SSB hat sie natürlich keine Chance bei leisen Signalen.
Die Bandbreite lässt sich zwar beim Empfang einstellen, doch beim Senden liegt sie fix bei ca. 3 kHz. Also etwa von 100Hz bis 3kHz. Gerade recht für alte Ohren.

Im folgenden Video empfängt Doug KD4MOJ den IC-7300 mit seinem Flex6700. Zuerst in SSB, mit und ohne Kompression, dann in AM. Neben dem AM-Signal ist auch die Wirkung der Kompression interessant. Wer nicht mit großen Antennen und Endstufen gesegnet ist, sollte nicht auf Kompression verzichten: bei SSB, notabene. In AM wäre sie kontraproduktiv und ist deshalb nicht zuschaltbar.

 

Mittwoch, 18. März 2020

Oscar 100 Upconverter von Amsat DL



Einkaufen im Corona Zeitalter ist ein besonderes Erlebnis. Heute mussten sie hier in der Nähe in einem Laden die Polizei rufen. Ein älterer Herr hatte die Pasta-Regale leergeräumt und in drei Einkaufswagen verfrachtet. Er weigerte sich standhaft, etwas abzugeben.
Erstaunlich ist auch der Run auf WC-Papier. Logischerweise müssten nächstens die WC-Schüsseln in den Baumärkten knapp werden. Zudem erwarte ich im Internet Rezepte für Papiersuppen.
Gestern stand ich staunend vor dem leeren Mehlregal in der Landi. Das erinnerte mich daran, dass ich eine neue Brotback-Maschine brauchte. Meine läuft auf dem Zahnfleisch. Also Computer an und auf die Seite des Online-Händlers meines Vertrauens: und siehe da! Nur noch wenige Modelle und Stückzahlen waren an Lager. Kein Wunder: das gehamsterte Mehl muss verbacken werden. Und die Maschinen kommen aus dem fernen Osten.

Damit vom geostationären Satelliten OSCAR 100 was runter kommt, muss zuerst was rauf. Und zwar auf 2.4 GHz - haarscharf am WLAN-Band vorbei. Dazu gibt es jetzt eine interessante Lösung von AMSAT-DL. Ein Up-Converter, der vom 70cm oder 23cm Band auf 2.4 GHz umsetzt und 6 Watt liefert. 23cm wäre ideal für den ICOM IC-9700. Damit nichts schief geht, sollte man nur noch ein 10dB Dämpfungsglied zwischenschalten. Denn der Converter braucht typisch 1W Input und verträgt maximal zwei. So kann nichts schiefgehen, wenn man sich mal "verschaltet". Failsafe.

Hier geht's zum AMSAT-Shop, und hier zur Beschreibung des Up-Converters.

Sonntag, 15. März 2020

Das Narrenschiff auf dem Corona-Riff



Heute war ein wunderbarer Tag. Die Magnolie stand kurz vor der Blüte, die Vögel zwitscherten um die Wette und dicke Hummeln besuchten die Blütenkelche der Frühlingsblumen. Am Waldrand waren städtisch gekleidete Wanderer unterwegs, die ich hier auf dem Land noch nie gesehen habe, mit Hunden die ich auch noch nie gesichtet habe.
Normalerweise ist an Tagen wie diesen der Himmel voll künstlicher Wolken: Kondensstreifen der Flieger, gefüllt mit Touristen aus allen Herren Ländern. Der nächste Flughafen ist zwar weit, doch über die Anstalt führt eine wichtige Flugstrasse.
Doch heute waren weniger Kondensstreifen zu sehen als üblich. Allerdings noch mehr als zu Zeiten des Vulkanausbruchs in Island 2010. Damals waren gar keine Streifen am Himmel zu sehen, dafür gab es wunderschöne Sonnenuntergänge.
Die Wanderer, denen ich begegnete, waren schmallippig und achteten beim Kreuzen auf Distanz. Man spürte: etwas lag in der Luft.
Montag werden die Schulen geschlossen sein. Sportveranstaltungen und Konzerte sind schon dieses Wochenende abgesagt. Die Länder ringsum schließen ihre Grenzen, hört man. Aus Italien dringen Meldungen wie im Krieg: Die Ärzte in den Kliniken sind zur Triage gezwungen, entscheiden, wer leben darf und sterben muss. Mit Corona sterben sei schrecklich, liest man: wie langsames Ertrinken bei vollem Bewusstsein.
Wenn es nicht wichtig wäre, sich zu informieren, würde man am liebsten Internet und Fernseher abschalten. Die Schreckensmeldungen kommen im Stundentakt. Was heute Abend noch gilt, ist morgen bereits obsolet und die Einschläge kommen näher.
Gut, dass die immer strikteren Maßnahmen der Regierungen "befristet" sind.  Gut, dass man über Spekulationen lesen kann, das Virus verschwinde mit der Sommerwärme. So bleibt die Illusion der Hoffnung. Gut, dass von Brot und Spielen noch das Brot bleibt - vorerst.
Doch der Krieg hat seine eigenen Regeln und wie in der Liebe gilt alles, was zum Ziel führt.
Krieg ist ein hartes Wort für die weltweite Pandemie, doch die ganze Welt befindet sich tatsächlich in einem Krieg mit einem heimtückischen Gegner. Nur wird er nicht mit Bomben und Gewehren ausgetragen. So haben sich die Militärs den dritten Weltkrieg nicht vorgestellt. All die Rüstung für die Katz, vorgesorgt wurde am falschen Ort.
Doch wie jeder Krieg, wird auch dieser einmal vorbei sein. Gewonnen oder verloren. Neu beginnen werden die Menschen. Ob sie diesmal lernen werden, ich bezweifle es.
Doch eines weiß ich gewiss: es wird nie mehr so sein, wie zuvor.



Sonntag, 8. März 2020

Radio Hill



Auch hier in der Anstalt haben wir nun einen Think Tank gegründet. Man muss schließlich mit der Zeit gehen. Das Prinzip ist einfach: wir setzen uns alle in einen Tank und denken ganz fest nach.

Kürzlich haben wir über Remote Stationen nachgedacht. Das ist eine feine Sache und das Prinzip ist einfach: wer zuhause keine große Antenne aufstellen kann, tut das einfach anderswo. Vorzugsweise auf einem Hügel. In dem Fall heißt der Hügel dann Radio Hill.
Die Verbindung vom Antennengeschädigten hinauf zum Radio Hill erfolgt nicht etwa über Koaxialkabel, sondern ganz ordinär über das Internet.
Dort oben sind wir ganz ungestört und können uns mit allem eindecken, was das Herz begehrt. Kilowatt Endstufen und Tannenbaumbeams. Kein Tischlifunk (QRP), kein Hamsphere und kein QRM. Der Radio Hill ist von seinem Benutzer von überall her erreichbar: von Zuhause aus der Großstadt, vom Tessin oder den Malediven.

So hört man immer öfter Stationen mit exotischen Rufzeichen im 80m oder gar im 2m Band in Lokalstärke. KH6/HB9$$$ ruft auf 160m, VK7/HB9£££ auf 2m.

Zwar sitzen die Operateure in diesen fiktiven Fällen auf Hawaii und Tasmanien, doch die Stationen, die die Signale in den Aether senden, befinden sich in der Schweiz.

Nach langem Sitzen im Tank - unserer Anstalts-Denkfabrik, haben wir uns gefragt, ob diese Rufzeichen eigentlich korrekt sind. Müssen die Operateure tatsächlich den Landeskenner ihrem Heimatrufzeichen voranstellen, obwohl sie bis zu ihrer Remote Station übers Internet funken?
Ist es nicht vielmehr so, dass das Rufzeichen der Station gilt, von der das Signal ausgestrahlt wird?
Oder machen sich die OM in Hawaii oder Tasmanien Strafbar, wenn sie nicht korrekt über das Internet mit der Schweiz kommunizieren? Oder sind sie nicht vielmehr der Fernmeldeverwaltung unterstellt, in der ihre Station sitzt?

Wir sind ganz konfus und haben deshalb eine Denkpause eingeschaltet.

PS. Der Vater aller Radio Hügel befindet sich hier.

Сопка Радио

Freitag, 6. März 2020

Corona Panik auf der Titanic



In der Anstalt ist der Corona Virus zurzeit Thema #1. Besucher werden am Eingang geröntgt und müssen dann für eine bestimmte Zeit in Quarantäne. Für die Bestimmung der Zeitdauer wurde speziell ein Zufallsgenerator angeschafft, um das Virus zu verwirren. Panik ist streng verboten, da ansteckender als das Virus selbst. Dafür findet wöchentlich ein Hamster-Wettbewerb statt: wer die meisten Hamster hat, bekommt eine Maske. Diese nützt zwar nichts, gibt dem Träger aber ein Gefühl von Sicherheit.

Unser Hausmeister bekam eine Extra-Maske für seinen Vorschlag, die benutzten Teebeutel nicht nur zweimal, sondern dreimal durch Waschen und Trocknen zu rezyklieren. Inzwischen hat er sie aber bereits auf Ebay versteigert. Nicht die Teebeutel, die Maske.
Das hat er gut gemacht, denn die Masken wirken vermutlich solange nicht, wie man sie nicht kaufen kann.

Außerhalb der Anstalt gibt es keine Masken mehr, steht in den Zeitungen geschrieben. Die wenigen, die eine haben, verzichten auf das Tragen um nicht gemobbt zu werden. Auch Desinfektionsmittel soll es draußen keine mehr geben. Hier haben wir das Problem elegant gelöst: Der gesamte Alkoholvorrat wurde in ein Regenfass geschüttet, in dem jeder eintauchen muss, der raus oder rein will. Wer einmal drin ist, will kaum mehr raus.

Wie gesagt: Panik ist strengstens verboten. Wer vor Angst schlottert, bekommt eine Spritze in den Allerwertesten und muss dann ins Fass. Bei der letzten Pandemie 1918 seien nämlich viele Insassen aus Angst gestorben. Zumindest stand das auf den Totenscheinen, versicherte mir ein Wächter Pfleger. Um das zu verhindern, hat der Direktor angeordnet, dass wir jeden Morgen in der Eingangshalle einen Flashmob aufführen. Titel: Hysterie! Hysterie! Es ist ja bloß eine Grippe.

Natürlich sieht man gewisse Dinge etwas anders, wenn man verrückt ist. So betrachte ich zum Bespiel den Corona-Virus nicht als politisch/rhetorisches Problem, sondern als medizinisch/technisches. Zudem bin ich kein Anhänger von Statistik sondern ein Adept der Exponentialfunktion. So habe ich die Verschwörungstheorie entwickelt, dass es sich bei der Verbreitung des Virus um eine Exponentialfunktion handeln muss.

Das ist so etwas wie eine Explosion, nur etwas langsamer. Zurzeit verdoppelt sich die Zahl der Infizierten etwas alle zwei Tage.
Nach zwanzig Tagen haben wir also 10 Verdoppelungen. Die Formel dazu lautet 2 hoch 10. Aus einem einzigen Infizierten werden also nach zwanzig Tagen 1024. Zurzeit sind es in der Schweiz rund 100 Fälle. Daher muss ich mein Resultat mit 100 multiplizieren. Das ergibt schon eine eindrückliche Zahl von 102400 Menschen.

Mit drastischen Maßnahmen kann man die Kurve natürlich verflachen. Sperrt man alle Menschen zuhause ein, wie das in China geschehen ist, kann man die Exponentialkurve ausbremsen.
Doch der Preis ist hoch: ein totaler Zusammenbruch der Wirtschaft.
Man wird sich wohl für einen tragbaren Mittelweg entscheiden zwischen Zusammenbruch des Gesundheitswesens und Zusammenbruch der Wirtschaft. Frau Merkel hatte vermutlich genau das im Sinn, als sie einen Weg mit Mass und Mitte anmahnte.

Ich denke, in zwei Monaten wird wohl jeder von uns mindestens einen in Familie und Freundeskreis kennen, der Corona hat. Und spätestens im Sommer werden wir eine ausgewachsene Wirtschaftskrise haben.
Wie dem auch sei: Wir in der Anstalt sind der Ansicht, dass unser Leben nie mehr so sein wird wie zuvor.
Daher genießt jeden Tag, auch wenn ihr nicht so verrückt seid.

    Was passiert, wenn man in Panik gerät, sehen wir im folgenden Filmausschnitt:


Donnerstag, 5. März 2020

Neuer Bandplan für Oscar 100

Oscar 100 erfreut sich steigender Beliebtheit. Noch nie war DX in SSB/CW vom Balkon aus einfacher als heute. Leider bleiben der ferne Osten, Australien, große Teile Südamerikas und Nordamerika außen vor. Vielleicht werden zusätzliche Satelliten in Zukunft diese Lücken füllen?



Inzwischen muss halt die gute alte Ionosphäre noch ihren Dienst tun. Leider ist die von unserer Sonne abhängig und diese ist zurzeit sehr schwach. Wir befinden uns in der Talsohle zwischen zwei Sonnenzyklen: dem 23. und dem 24. Zyklus. In den nächsten Jahren sollte es wieder bergauf gehen. Doch wie diesmal der Gipfel aussehen wird, kann nur geraten werden. Wird Nummer 24 noch schwächer als Nummer 23?

 Für die Vielflieger unter uns bedeuten Sonnenflecken-Minima eine erhöhte Strahlenbelastung. Denn unsere schwache Sonne schützt uns im Moment weniger vor der galaktischen Strahlung als üblich.
Aber zum Glück kann man seinen Sitz im Flugzeug wählen. Da gibt es mehr oder weniger exponierte Plätze.
Zurzeit ist Fliegen ja nicht gerade angesagt.Fluggesellschaften berichten über viele No Shows.
Der sicherste Ort für den Funker ist zurzeit sein Shack. Und wenn der Vorratsschrank gut gefüllt und genügend Tastenöl vorhanden ist, kann er beruhigt seinem Hobby frönen.