Doch was ist eine Runde?
Zuallererst müssen mehr als zwei mitmachen, sonst ist es ein einfaches Zwiegespräch, in Funkerkreisen QSO genannt. Treffen sich mehr als zwei, ist es eine spontane Runde, treffen sie sich zu einer bestimmten Zeit und folgt das Gespräch einem gewissen Ablauf unter der Leitung eines "Chefs", ist es eine organisierte Runde. Darum soll es in diesem Blog gehen.
Gleich wie diese Runden auch heißen und und auf welchem Band sie sich abspielen, sie laufen alle ungefähr nach dem gleichen Schema ab. Wenn ihr, liebe Leser, noch nie bei einer Runde mitgemacht habt, hier die wichtigsten Informationen über diese geselligen Aethertreffen.
1. Der Chef
Eine Runde hat immer einen Chef. Wo kämen wir hin, wenn jeder einfach losplärren würde. Der Chef sorgt für Ordnung. Er beginnt die Runde penibel genau zur vorgesehenen Zeit. Wehe, er ist drei Sekunden zu spät: schon wird seine zeitliche Kompetenz in Frage gestellt.
Also nehmen wir mal an, er sei pünktlich. Dann beginnt er mit dem Ruf nach den Teilnehmern. "CQ Runde XY" zum Beispiel. Irrt er nicht in Zeit und Frequenz, Ort und Raum, melden sich in der Regel dann die Teilnehmer.
2. Die Teilnehmer
Eine Runde ohne Teilnehmer ist eine Nullrunde. Sie tritt dann ein, wenn der Ruf des Chefs ungehört verhallt. Doch meistens meldet sich der Erste, kaum hat der Chef seine Mikrofontaste losgelassen. Der erste ist der Early Bird - der frühe Vogel. In der Natur ist es so, dass der frühe Vogel den Wurm fängt, doch beim Early Bird spielen andere Gründe eine Rolle. First in, first out, zum Beispiel. Wer früh drin ist, ist auch früh raus. Aber manchmal ist der frühe Vogel auch einfach der Vizechef oder eine andere wichtige Person. Damit kommen wir zu:
3. Die Begrüssung
Ein freundlicher Chef begrüsst die Teilnehmer einzeln und namentlich. In der darauffolgenden Begrüssungsrunde begrüssen auch die Teilnehmer den Chef sowie die anderen Teilnehmer. Wichtige Teilnehmer noch die Ehefrau des Chefs. Manchmal vergisst einer diesen Schritt und kommt in der Hitze des Gefechts ohne Begrüssung direkt zur Vorstellung. Name. Ort, Station. Antenne. Wie im Militär.
In dieser Phase versuchen noch die letzten Nachzügler ihre Antennen abzustimmen. Wenn der Letzte gemerkt hat, dass er die falsche Antenne dran hat, geht auch dieses Ächzen und Pfeifen zu Ende.
4, Der entschuldigte Teilnehmer
Wichtige Teilnehmer lassen sich entschuldigen, wenn sie einmal nicht an der Runde teilnehmen können. Ich weiss nicht, ob das eine spezifisch helvetische Eigenschaft ist, oder eine posttraumatische Nachwirkung aus der Schulzeit. Ob sie dazu die Unterschrift der XYL oder des Pfarrers benötigen, entzieht sich meiner Kenntnis.
Weniger wichtige Teilnehmer können der Runde aber unentschuldigt fernbleiben, ohne Strafaufgaben befürchten zu müssen.. Damit kommen wir zum:
5. Fremdling
Das ist einer, der sich in die Runde verirrt hat. Er hat einfach übers Band gedreht und den Ruf des Chefs gehört. "Oh fein, eine Runde!" Denkt er sich, "da mach ich auch mit." Dabei überhört er vielleicht, dass der Ruf des Chefs nur einer bestimmten Sorte Teilnehmer gilt. Zum Beispiel den Mitgliedern eines bestimmten Vereins oder den Bewohnern eines bestimmten Landes oder Bezirks. Meist ist der Verirrte ein deutscher OM. Platzt dieser in die Runde rein, wird er aber in der Regel als Anomalie aufgenommen und bis zum Ende mitgeschleppt. Ist die Runde eine Schweizerische, bemühen sich die OM, so gut es geht, Hochdeutsch zu sprechen. Schweizerhochdeutsch natürlich, was unsere lieben Nachbarn manchmal irrtümlich als Schweizerdeutsch begreifen: "Tönt nur komisch, kann man aber noch einigermassen verstehen," sagen sie sich.
Ist die Begrüssung vorbei und der letzte Penner Nachzügler eingesammelt, kommt die Runde zum ersten wirklich wichtigen Traktandum Punkt:
6. Das Wetter
Was wäre eine Runde ohne Wetter. Wetter hat jeder, auch wenn er im Keller wohnt, wohin in die XYL mit seinem Gerümpel verbannt hat.
Auch wenn der Kreis der Teilnehmenden den Radius von 50km nicht überschreitet, jeder liest penibel genau seine Wetterstation ab. Auf zwei Kommastellen. Worauf er sehr stolz ist. Natürlich könnten die Teilnehmer auch einfach auf die Meteokarte im Internet gucken, aber das wäre zu einfach. Und man käme dabei nicht in den Genuss der abweichenden Drücke von einem Kilometer auf den nächsten.
Wie überall gibt es natürlich solche die bescheißen: sie lesen das Wetter auf ihrem Smartphone ab. Und damit kommen wir zu einem Teilnehmer der herausragenden Art:
7. Der Experte
Der Experte ist in jedem Fall Spezialist. Man hört es bereits seiner Sprache an. Er sagt nicht etwa Bewölkung, Sichtweite, Temperatur, Windgeschwindigkeit oder Druck, sondern benutzt den korrekten Q-Code aus dem Flugfunk. QBB, QBA, QMU, QAN, QNH. Die phänologischen Details sind ihm weniger wichtig. Wen interessiert es schon, wenn's bei ihm vor dem Dachfenster Katzen hagelt.
Andere Experten, andere Spezialitäten. Der Ausbreitungsexperte hat die ersten Kapitel des Rothammels intus und weiss immer Bescheid, woher der Schwund und die miesen Ausbreitungsbedingungen kommen. Der Modulationsexperte nörgelt an der Modulation seiner Mitfunker rum und diagnostiziert Fehler fern.
Die zuhörende Teilnehmer geben sich konziliant, denken aber "Klugscheisser." Wie gut, dass niemand sehen kann, wenn einer beim Funken Handzeichen gibt. Im Worst Case (Wurstfall) morst man die Worte mit dem Finger auf dem Stationspult mit. Das nennt sich übrigens Cewismus und ist eine ernstzunehmende Störung.
Damit kommen wir bereits zum nächsten Durchgang, Dem eigentlichen Pièce de Résistance.
8. Der Rapport
Eine Runde ohne Rapporte ist keine Runde. Dabei ist es völlig egal, dass kein S-Meter richtig tickt. Rapport muss sein. In der Regel verteilen die mit den guten Antennen und die, die gerne auch im 80m Band den Vorverstärker benutzen, hohe Rapporte. Gerne auch in dB über S9. Ungeachtet dessen, dass jeder einen eigenen S9-Wert sein Eigen nennt und die Deebees aus einem japanischen Märchenbuch stammen.
Die Funker mit den schlechten Antennen geben natürlich niedrige Rapporte.
Vergisst man, einem Teilnehmer einen Rapport zu geben, wird der natürlich nachgefordert - der guten Ordnung halber und für das Logbuch. Und damit kommen wir schon zur Schlussrunde:
9. Der Abschied
Einmal ist Gott sei Dank auch die längste Runde zu Ende. Man verabschiedet und freut sich über die gewonnene Erkenntnis. Der eine oder andere korrigiert noch den einen oder anderen Rapport (wichtig!) oder fragt nach einem Rapport, den er verpasst hat, weil er Tomaten auf den Ohren hat ihm der Kopfhörer verrutscht ist. Experten geben noch ungefragt Ratschläge, doch die meisten haben nichts mehr zu sagen. Die Frequenz wird still, was bleibt ist das Knacken des Weidezauns nebenan und das Brutzeln des versammelten Chinaschrotts in der Nachbarschaft.
So, nun wisst ihr, wie ihr euch verhalten müsst, wenn ihr auf eine Runde trefft, ohne das Risiko einzugehen, zum Irrläufer zu werden. Das sichert den gewohnten Ablauf, ohne die Teilnehmer zu verunsichern und den Chef aus dem Takt zu bringen. Andernfalls seid ihr entschuldigt.