Mittwoch, 30. März 2022

Der Rückkehrer

 



Da ich schon immer gerne neue Geräte ausprobiert habe, ist die Reihe der Funkgeräte sehr lange, die durch meinen Shack gewandert sind. Der erste 2m Transceiver war ein Semco, ein AM-Gerät mit  durchstimmbarem Empfänger und mit einem Quartz gesteuerten Sender. Nachdem man auf seiner Fest-Frequenz CQ gerufen hatte, drehte man über das Band um die Gegenstation zu finden, die meistens eine andere Frequenz hatte. Die Urversion des Split-Betriebs. 

Meine erste Kurzwellenstation war ein Trio/Kenwood TS-510. Nachddem ich einige Jahre als SWL mit einem Lafayette HA-350  und einem Marconi CR-100 in den Aether gelauscht hatte. 

Meist waren es japanische Transceiver. Keiner blieb lange Zeit. Mein Geräte-Durchsatz versuchte mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten. Jedoch die teuren amerikanischen Geräte wie Collins und Drake besuchten meinen Shack erst, als sie aus zweiter Hand für mich erschwinglich wurden. Ab und zu verirrten sich auch kommerzielle Empfänger wie Harris oder Watkins-Johnson in meine Funkbude. Aber auch ausgemusterte Militärgeräte wie das legendäre SE-222

Doch keiner blieb länger als ein paar Jahre. Das Verlangen, immer wieder neue Technik kennenzulernen, versiegte nie. Dazwischen gab es auch immer ein paar Rückkehrer. Geräte, deren Verkauf ich bereute und erneut kaufte. Manchmal neu, manchmal aus zweiter Hand, weil sie schon lange nicht mehr produziert wurden. Der zuvor erwähnte Lafayette HA-350 war so ein Rückkehrer. Aus einem Anfall von Nostalgie erstand ich ihn nach Jahrzehnten erneut. Und war prompt enttäuscht. Meine Erinnerung hatte ihn verklärt. Oder der Multi-2000, ein kurioser 2m Transceiver, den ich immer gerne spazieren fuhr. Als Portabelgerät war das Teil ja nicht kommod. Man arbeitete damit nicht mehr split wie mit dem Semco, und der Transceiver konnte bereits SSB. Aber anstatt übers Band zu kurbeln, schaltete man über das Band, da anstelle des VFO's, die Frequenz mit einer Reihe von Drehschaltern eingestellt wurde. Das Gerät war in diesem Sinne mein erster "Digital-Transceiver." Kein Wunder, dass er meinen Shack zweimal besuchte.

Ein KW-Transceiver der zurückkehrte war der Icom IC-765. Der letzte klassische ICOM vor der Einführung der digitalen Signalverarbeitung und der SMD-Technik bei diesem Hersteller. Bestückt mit einer ganzen Sammlung von optionalen Quartzfiltern verfügte er über einen ausgezeichneten Empfänger. 

Der IC-765 war Ende der 80er das Flaggschiff von Icom und verfügte, wie es sich für ein Flaggschiff gehört, über ein eingebautes Netzteil. Obwohl er seine Macken hatte und ich so ziemlich alle Fehler beheben musste, die von anderen Benutzern beschrieben wurden, würde ich ihn heute noch als Rückkehrer begrüssen. Zum dritten Mal.  Hier habe ich u.a. über diesen sehr guten Transceiver berichtet. Leider fehlt mir der Platz für dieses wunderbare Gerät.

Denn gerade gestern ist ein alter Bekannter zu mir zurückgekehrt. Einer der Nachfolger des IC-765. Der letzte Spross einer ganzen Reihe von Tranceivern, in denen Icom die digitale Signalverarbeitung perfektioniert hatte: Der Icom IC-756 Pro3. Und zwar einer der letzten, der vom Band kam. 2009 musste er seinem Nachfolger IC-7600 seinen Platz abtreten. Als Flaggschiff war er nicht gedacht, darum verfügt er auch nicht über ein eigenes Netzteil. Diesen Job musste er dem IC-7800 überlassen.

Das Gerät kostete Ende 2009 in der Schweiz 4200 Franken. Es wurde nachträglich mit einem INRAD Roofingfilter ausgerüstet und ist der letzte KW-Transceiver von Icom, der noch mit einem echten Drehspulinstrument als S-Meter ausgerüstet ist.

Er steht dem "halben Flaggschiff" IC-7700 punkto Empfangsqualitäten kaum nach und verfügt im Gegensatz zu diesem über einen zweiten Empfänger. Über einen Balance-Regler können so gleichzeitig zwei Frequenzen in einem Amateurband abgehört werden. 

Für mich ist der Pro3 mehr als ein einfacher Rückkehrer. Ich kenne diesen Pro3 sehr genau. Denn ich habe ihm sein INRAD Filter eingebaut, ihm auf Lang- und Mittelwelle mehr Empfindlichkeit verschafft, das 60m Band freigeschaltet und den Lüfter leiser gemacht. Es war genau dieser Transceiver, der für die Langwellenverbindung (136kHz) vom ehemaligen Mittelwellensender Sottens in die USA und nach Japan benutzt wurde (1,2,3)




Freitag, 18. März 2022

Lange Leitung

 


Oft ist die Leitung zur Antenne länger, als es dem Funker lieb ist. Er macht sich Sorgen um die lästigen Dezibel, die unterwegs verlorengehen. Aber auch Sorgen ums Portemonnaie, das umso dünner wird, je dicker und länger das Kabel ist.

Der Besitzer einer Zweidrahtleitung lächelt zwar über die Sorgen des Koaxial-Kabler. Doch auch sein Funkerleben ist nicht ungetrübt. Denn seine Leitung ist nicht abgeschirmt. Wehe sie "hinkt" oder muss ungünstige Wege bis zur Antenne gehen. 

Doch bleiben wir bei den Freunden des koaxialen Kabels. 

Natürlich gilt es zu unterscheiden zwischen den kurzen Wellen und den ultra kurzen Wellen. Letztere fressen besonders gerne viele Dezibel, gar nicht zu reden von den Mikrowellen.

Die Kurzwellenfunker jedoch, so finde ich, machen sich zu viele Sorgen um ihre Dezibel. Ein, zwei dB mehr oder weniger, die auf der Leitung verloren gehen, merkt kaum einer. Schon gar nicht beim Empfang. Hier setzt das Aether-Rauschen den Massstab. Aber auch beim Senden wird selten die Gegenstation die fehlenden dB bemerken. Da ist die Antenne selbst wesentlich wichtiger. Hat sie dafür einen besser geeigneten Standort, kann dies die Kabelverluste mehr als wettmachen.

Kurz gesagt und um ein Bespiel zu nennen, würde ich mir wegen 100 Metern Koaxialkabel keine grauen Haare wachsen lassen. Sofern das überhaupt möglich wäre. Klar, ein 10mm Kabel guter Qualität muss es schon sein. Auch als Bewohner der Anstalt. So konfus kann ja keiner sein, 100m RG-58 eines zwielichtigen Herstellers einer Antenne zuzumuten. Ob das altbewährte RG-213 oder ein "moderneres" 10mm-Kabel mit geschäumtem Dielektrikum wie das Ecoflex10, spielt meines Erachtens keine funktechnische Rolle. Auf Kurzwelle, notabene.

Aber auch hier gilt der Grundsatz: Glaubt nicht alles, was euch ein Funker erzählt. Das gilt auch für mich. Macht euch selbst ein Bild.

Hier findet man einen guten Online-Rechner für diesen Zweck.

Und um die Dezibel auch ins rechte Licht setzen zu können, hier ein passender dB-Rechner dazu.

    Um einen Weg aus dem Kabel-Dschungel zu finden, können vielleicht diese Seiten helfen:

Koax24.de

Kabelwissen.de

Mittwoch, 9. März 2022

QRM

 


Gestern war ich im Spital, wie man hier sagt. Oder besser "dans l'hôpital", weil die Anstalt sich ja neuerdings in der welschen Schweiz, der Romandie befindet. Ab und zu muss man einen Menschen mal aufschneiden und gewisse Dinge rausnehmen, die nicht unbedingt nötig sind, oder Teile austauschen. Das ist wie bei den Funkgeräten: ohne Service verlottern sie. 

Da hatte ich Zeit, über gewisse Dinge nachzudenken. Zum Beispiel über die vielen Klagen der Funkamateure wegen lokalem QRM auf den Bändern. Nirgendwo scheint es mehr so ruhig zu sein wie früher. Von 160m bis VHF. Da zwitschert und brummt es und auf den Wasserfallanzeigen erscheinen Lattenzäune und andere Muster, die dort nicht hingehören. 

Einige Funker greifen dann gerne zum Hörer, pardon, zum Smartphone und klagen dem Störungsdienst ihren Kummer. Hierzulande ist der beim BAKOM angesiedelt. 

Doch Vorsicht ist die Mutter der Röhrenkiste: Die meisten Störungen sind hausgemacht. Ladegeräte, Solaranlagen, Sparlampen etc. Die ganze Palette fernöstlicher Elektronikkunst trägt ihren Teil zum häuslichen Störnebel bei. 

Auch umgekehrt geht oft: Bei manchen Funkern spielt die Bespassungs-Elektronik verrückt, wenn der Funker auf die Taste drückt. HF stört NF.

Was kann der geplagte Funker dagegen tun? All das elektrische Zeug in Alufolie einwickeln?

Jeder erfahrene OM hat da so seine Rezepte. 

Mein Shack ist besonders gefährdet. Denn meine Antennen befinden sich allesamt in der Funkbude: zwei Magloops für 10 bis 80m, eine 2m und eine 70cm Yagi. Und auf dem Fensterbrett ist seit neustem noch ein Halbwellenstrahler für das 6m Band angeklemmt. Auf der anderen Seite sitzen jede Menge Ladegeräte rum und warten auf ihren Einsatz. Das Notebook mit Netzteil, das WLAN und der Drucker hocken auch unter der Antenne. Und natürlich wird die Szene ausschliesslich von modernen LED-Lampen beleuchtet. Nicht zu vergessen das ganze Set an Labor-Instrumenten, das in standby auf seinen Einsatz wartet.

Doch Störungen habe ich nur eine: wenn der Schindler-Aufzug fährt, springt der Zeiger des S-Meter vor Schreck in die Höhe. Doch der Lift ist verständlicherweise für mich tabu und die wenige Fahrten sind kein Drama. Ok, das ist noch der Dyson meiner XYL. Aber der ist auch tabu. Entstörung untersagt.

Doch was ist mit dem Rest? Wieso verträgt sich die Elektronik so gut mit der HF und umgekehrt? Liegt das an der guten Erdung? Liegt es an einer Abschirmung? An QRP?

Erdung habe ich keine. Wieso auch? Das Stromnetz hat ja eine und die Antennen sind unter Dach. Doch die Antennen spielen sicher eine Rolle: Magloops erzeugen im Nahfeld hauptsächlich ein starkes Magnetfeld und nehmen auch dieses bevorzugt auf. Störungen aus der Bespassungs-Elektronik verbreiten ihre elektrische Feldkomponente in der Nähe. Die Yagis und der Halbwellenstrahler sind symmetrische Antennen, die kein Gegengewicht benötigen. HF schleicht am liebsten als Mantelwellen auf dem Koaxialkabel rum, wenn die Antenne asymmetrisch ist. Grüsse vom Enfeed. 

Doch das alleine würde nie genügen. Das Geheimnis der gegenseitigen Verträglichkeit liegt in meinem Fall, so denke ich, an dem exzessiven Einsatz von Entstörmaterial. Es gibt bei mir keinen Meter Kabel, der nicht mit Ringkernen, Klappferriten und Filtern garniert ist. Von der Steckdose bis zum Speisepunkt der Antennen. Ich habe das Zeug gleich kistenweise im Einsatz. Ferrite  soweit das Auge reicht.

Meine liebsten Ringkerne sind die blauen von Epcos-TDK Electronics mit dem Material N30. Bei den grössten kann sogar ein Netzkabel samt Stecker durchgefädelt werden. Vorzugsweise mehrfach. Diese Kerne eignen sich sehr gut für die Kurzwelle als Mantelwellensperren, aber auch als zusätzliche Netzfilter. Apropos Netzfilter: Letztere sitzen natürlich gleich an der Steckdose. Die meisten Geräte haben dann noch ihr eigenes. Sofern es sich nicht um Billigware handelt. 

Für UKW eignen sich vor allem die Klappferrite, die es in allen Grössenordnungen gibt. Ihre Dämpfungswerte sind zwar nicht berauschend, aber man kann sie ja auch in Serie einsetzen. Ich mache das nach dem Prinzip "Nützt es nichts, schadet es auch nichts." 


Man kann nie genug von dem Zeug im Einsatz haben. Es ist sinnlos, Ferrit um Ferrit an und ab zuklappen und dann gebannt aufs S-Meter zu starren um zu sehen ob es ein Fitzelchen genützt hat. Es bringt auch nichts, sein Clusterfuck Drahtverhau schön nach Schweizerart anzuordnen und zu bündeln. Schönheit hilft bei Störungen nichts. Da hilft nur eine präventive und massive Verwendung von Ferritmaterialien. 

Stört dann trotzdem noch ein Schaltnetzteil, bleibt nur noch dessen Ersatz durch ein altertümliches Trafo-Netzteil.

Im übrigen sollte jeder, bevor er sich über Störungen beschwert, im Keller mal die Hauptsicherungen rausschrauben und dann mit dem Akku gespeisten Empfänger hören. 


Freitag, 4. März 2022

Der alte Neue

 


In meine Funkbude ist ein Neuer eingezogen. 22.5 kg schwer und mit vielen Drehknöpfen und Tasten ausgestattet. Im Grunde ein armer Kerl, der durch mehrere Shacks gezogen ist und bisher keine Bleibe gefunden hat. Keiner wollte ihn behalten. Zu gross, zu komplex, zu wenig digital. Denn trotz seiner gewaltigen Ausmasse und seiner luxuriösen Ausstattung ist er halt nur ein halbes Flaggschiff. Der IC-7700 von Icom.



Wieso dieser Transceiver jemals gebaut wurde, ist mir ein Rätsel. Denn Icom hatte damals bereits ein Flaggschiff: den IC-7800. Auch die Mittelklasse von Icom wartete mit sehr guten Spezifikationen auf und befand sich auf einem ausgereiften Niveau. In diesem Segment war, nach der erfolgreichen Pro-Serie, der IC-7600 im Angebot. Aber Icom war wohl der Ansicht, dass zwischen Mittelklasse und Flaggschiff noch ein weiterer Transceiver Platz hätte. Dumm nur, dass diesem der zweite Empfänger fehlte. Und noch dümmer, dass es im ersten Anlauf nicht klappte und die Endstufen des 200Watt Gerätes reihenweise ihren Geist aufgaben. 

Heute hat Icom weder ein halbes noch ein ganzes Flaggschiff im Verkaufsgestell. Der IC-7851 wurde im Juli 2021 abgekündigt. Der IC-7700 musste schon vorher das Feld räumen. Seine Technik galt als veraltet, angesichts der Konkurrenz der "Direct Sampler" bei denen der A/D-Wandler "an der Antenne hängt". Zurzeit ist der IC-7610 Icom's bestes Pferd im Stall. Ein Direct Sampler mit mitlaufendem Preselector. Ein Feature, das übrigens auch im IC-7851 und IC-7700 bereits vorhanden war. Es wird DigiSelect genannt und ist m.E. ein "Must" in einem Direkt-Abtaster. Im IC-7700 ist es eher "Nice to have".

Vielleicht lassen sich heute grosse teure Geräte nicht mehr so gut verkaufen und haben einen schlechten ROI (Return of Investment). Immerhin kostete das Flaggschiff IC-7851 um die $12500.- und das "halbe Flaggschiff" IC-7700 seinerzeit immer noch die Hälfte davon. Irgendwie logisch, nicht? Halbes Flaggschiff, halber Preis! Die heutigen Direct Sampler sind übrigens auch günstiger in der Herstellung.  

Die Spektrum- und Wasserfall-Anzeige des IC-7700 sieht im Vergleich zu den "Direct Samplern" etwas alt aus. Während bei den Direkt-Abtastern das Spektrum unmittelbar angezeigt wird und alle Signale gleichzeitig "aufpoppen", ist die Anzeige des IC-7700 mit einem Spektrum-Analysator vergleichbar. Die Abtastrate und die damit verknüpfte VBW (viewing bandwidth) sind nicht zu übersehen. 

Doch der LCD-Schirm ist gestochen scharf und lässt sich durchaus sehen. Die beiden simulierten S-Meter sind kaum von Drehspul-Instrumenten zu unterscheiden. Doch das Wichtigste: Der Empfänger gehört auch heute noch zur Spitze. Alle DSP Goodies sind eingebaut und auf dem Stand der heutigen Empfängertechnik. Da hat sich seit der Pro-Serie nicht mehr viel getan. 

Dass sein Empfänger in der Sherwood List unter "ferner liefen" fungiert, ist bloss dem Umstand geschuldet, dass sein schärfstes Roofing-Filter 3kHz Bandbreite hat und Sherwood seine Liste nach den 2kHz-Werten sortiert. Der Empfänger ist absolut top. Hier der Bericht des Icom-Gurus Adam Farson.

Bei einem ersten Vergleich mit dem IC-7300 war ich positiv überrascht über die Ruhe des Empfängers und die Klarheit der Signale. Und gleichzeitig betrübt darüber, dass der Neue meinen IC-7300 als "Rauschkiste" entlarvte. 

Doch der Neue ist ein komplexes Gerät. Wer nicht gerne an Knöpfen dreht hat Mühe mit ihm. Für alles gibt es auf der riesigen Frontplatte einen Knopf und man hat damit unmittelbaren Zugriff auf alle wichtigen Funktionen. Angetan war ich u.a. über die Möglichkeit, die AGC Release-time stufenlos mit einem Drehknopf regeln zu können. Dafür ist das unausweichliche Menue nicht so verzweigt und anspruchsvoll wie bei den Dreiknopf-Geräten.

Auch die zusätzlichen 3dB der 200 Watt Endstufe sind nicht zu verachten. Dieses Plus kann in kritischen Situationen entscheidend sein. Nicht jeder hat Lust auf eine zusätzliche Kilowatt-PA auf dem Stationstisch. Der IC-7700 hat übrigens ein eingebautes Netzteil. Das ist auch nötig, denn seine Endstufe läuft mit 50 Volt. 

Den Neuen habe ich für ein Butterbrot gekauft und war total baff, dass mir keiner zuvorgekommen ist. Dabei ist es sogar ein neueres Modell mit der verbesserten Endstufe. Dort werkelt nun ein Stac2942b anstelle von zwei MRF150 MOSFET. Ein Mordskerl von Transistor, der für einen maximalen Output von 350 Watt spezifiziert ist - bei 175 MHz! Sollte der mal kaputt gehen, werde ich den Transceiver wohl verschrotten müssen. Das längst abgekündigte Teil ist, wenn überhaupt, wohl kaum unter $500 zu haben. Eine Reparatur der PA beim Fachhändler meines Misstrauens würde sicher das Doppelte kosten.

Doch Sorgen mache ich mir keine. Ich habe in meiner Funkerlaufbahn noch nie einen Endstufen-Transistor gekillt. Holz klopf.

Wie es bei mir so Brauch ist, habe ich erst mal die Motorhaube des Neuen mit meinem JIS Nr.2 aufgeschraubt. Dann wurden dem IC-7700 als erste Handlung die Weisheitszähne gezogen. Erstaunlich, dass das die Vorbesitzer nicht schon getan haben. Mit ein paar Dioden weniger läuft er jetzt auch auf 60m, einem sehr kleinen aber tollen NVIS-Band. 


Wie in dieser Klasse offenbar üblich, wurde das Handbuch nicht als geheftete Kurzanleitung geliefert, sondern als Ringordner. In Deutsch, notabene, und mit einem Prüfbericht der Qualitätskontrolle von Icom. Ein Privileg, das man bei den heutigen Massengeräten nicht erwarten darf.

Der Neue hat wenig Gebrauchspuren, von ein paar Kratzern auf dem Gehäuse abgesehen. Man sieht, dass er wenig benutzt wurde. Nur die beiden Seitengriffe und die Fussverlängerungen, die zur Grundausrüstung gehören, sind auf seinem Weg durch verschiedene Funkbuden verloren gegangen. Keine grosse Sache.

Ich denke, der Neue hat Potential zum Bleiben. Ich bin auf Kurzwelle ausschliesslich Telegrafist, und der kristallklare Klang seiner CW-Signale schmeichelt meinen alten Ohren.           

 

Donnerstag, 3. März 2022

200 Meter und darunter

 


Die USA sind das Geburtsland des Amateurfunks, der dort Ham Radio genannt wird. Ohne die passionierten Tüftler in Amerika gäbe es den Amateurfunk nicht. Ihre Geschichte wird im Buch "200 Meters & Down" von Clinton B DeSoto erzählt.

In Europa wäre der Amateurfunk wohl nie ohne die Vorreiterrolle der Amerikaner aufgekommen. Wie er sich in der Schweiz entwickelt hat, erzählt Rudolf Stuber HB9T (sk), in seinem Buch "Faszination der kurzen Wellen". 

Zu Beginn war im Land der unbegrenzten Möglichkeiten das Experimentieren mit Radiowellen nicht reglementiert. Jeder konnte tun und lassen, was ihm gerade einfiel. Doch bald kamen die Amateure mit dem aufkommenden Schiffsfunk in Konflikt. Denn Schiffe und Hams funkten damals auf Lang- und Mittelwelle. Je länger desto besser, dachte man damals. 

Zuerst wurde versucht, den Amateurfunk ganz zu verbieten, doch dann verbannte man die Amateure auf Wellen unter 200m Länge. Diese kurzen Wellen wurden damals als nutzlos angesehen. 

Die ersten Funkamateure zeichneten sich durch folgende Eigenschaften aus: Sie beherrschten die Morsetelegrafie und sie waren allesamt angefressene Bastler und Tüftler. Manchmal frage ich mich, wieviel von diesem Esprit heute noch übrig ist. Viele schrauben nie den Deckel ihres Transceivers ab und eine zunehmende Anzahl so genannter Amateurfunker lässt ihren Computer FT-8 Verbindungen abwickeln, währenddessen sie über FM-Relais und Internet von ihren "gearbeiteten" DX-Stationen erzählen. Die Amateurfunkverbände - wie zum Beispiel die USKA - versuchen derweil, uns alle zu Programmierern umzuschulen, in ihrem verzweifelten Versuch, die Smartphone-Generation für das Hobby zu gewinnen.

Wer neu in unser Hobby einsteigt, kauft sich logischerweise zuerst mal eine Handfunke und "funkt" über das nächste Relais. Im Gegensatz zum Smartphone ein unpraktisches Kommunikationsmittel. Späteinsteiger fallen dabei vorzugsweise in einem CB-Jargon aus vergangenen Zeiten. Doch die Begeisterung entwickelt sich nur bei wenigen zur Passion und bald wendet man sich anderen Hobbies zu. Wie zum Beispiel mein Banker, der die Amateurfunkprüfung gemacht hat, um von seiner Yacht Emails verschicken und mit anderen Skippern klönen zu können. 

Einige jedoch können sich tatsächlich für das Hobby begeistern, wie wir es in jungen Jahren getan haben. Die einen werden dann zu IT-Nerds und pflanzen im ganzen Land Relaisstationen und vernetzen diese übers Internet. Diese Tätigkeit, die nur am Rand etwas mit dem ursprünglichen Ham Radio zu tun hat, könnte man wesentlich besser mit Simulationen wie Hamsphere substituieren.

Andere entwickeln ihren, von der Evolution mitgegebenen Trieb als Sammler und Jäger. Sie brüllen sich in Contesten jedes Wochenende die Seele aus dem Leib oder sie sammeln das seltene DX, wie man exotische Destinationen und Inseln nennt. Bauen sie dann noch Antennen und basteln an ihrer Station rum oder bauen QRP-Bausätze, so kommen sie dem ursprünglichen Funkamateur am nächsten und man kann sie mit Fug und Recht OM - Old Men - nennen. Auch wenn sie noch jung sind. 

Natürlich gibt es noch andere Untergruppen, wie zum Beispiel die Prepper. Sie bereiten sich auf den Doomsday und andere Katastrophen vor. Eine Tätigkeit, der ich angesichts des heutigen Zustandes der Welt Verständnis entgegenbringen kann. Zudem sind Prepper oft Bastler, da von Natur aus praktisch veranlagt.

Dass sich Amateurfunker gar nicht für Technik interessieren, kommt auch vor, wie ich bisher in drei QSO's erfahren musste. Eine Begegnung der seltsamen Art.

Für alle anderen:

Inzwischen habe ich die Links (Tools&Blogs) wieder um einige interessante Seiten erweitert. Wusstet ihr zum Beispiel, was eine Morgain-Antenne ist? Ich hatte kürzlich ein CW QSO mit einer italienischen Station, die eine solche "Mehr-Gewinn-Antenne" benutzt - mit Pier Giorgio IV3DDO. Hier ist diese Morgain zu sehen. Die Morgain ist ein gefalteter Dipol für das 80 und 40m Band, der nur die Hälfte der Spannweite eines 80m Dipols beansprucht. Eine Kelemen-Alternative ohne Traps. 

Diese und weitere Draht-Antennen, insgesamt 418 Exemplare, sind hier zu finden, mit Skizze und Massangaben. Diese Sammlung von Iulian Rosu YO3DAC schlägt jedes Antennenbuch.  

Für die, die eher am anderen Ende des Spektrums tätig sind, könnte der neuste Beitrag aus dem Blog RF Antennas interessant sein. Dieser bestätigt meinen Verdacht, dass die Federn in den populären Springbox-Betten nichts anderes als Antennen sind.