Sonntag, 23. Dezember 2018

Das Funkwetter



Weihnachten steht vor der Tür und da sind von Armin keine gescheiten Antworten mehr zu erwarten. Er lebt dann mehr in seiner Parallelwelt, die ihn vor der Wirklichkeit schützt. Also habe ich, anlässlich meiner letzten Ausbildungsstunde, Bienchen mit drängenden Fragen nach der Funkausbreitung bombardiert. Denn ich grüble immer noch an den Gründen herum, wieso ich mit dem Präsident Jackson die Anstalt nicht erreichen kann. Ein paar Mal habe ich den Begriff Funkwetter im 11m Band aufgeschnappt. Es scheint, dass neben der mysteriösen Ionosphäre auch das Wetter für die Wellenausbreitung eine Rolle spielt. 

"Vielleicht kann mein Präsident die Anstalt nicht erreichen, weil das Wetter so schlecht ist?", sagte ich zu Bienchen.

"Du meinst das Funkwetter?", entgegnete sie. "Wetter und Funkwetter sind nämlich nicht das Gleiche."

"Wo liegt denn da der Unterschied? Haben Wolken, Regen oder Schnee denn keinen Einfluss auf die Ausbreitung? Und was ist mit dem Funkklima? Die Trockenheit diesen Sommer ist sicher nicht spurlos am Aether vorbeigegangen. Vielleicht ist der auch ausgetrocknet."

Bienchen verdrehte die Augen und formte ihre Stirn zu einer Furche.

"Ich erinnere mich, dass Marconi in meinem Traum ebenfalls vom Wetter gesprochen hat", schob ich nach. 

"Das kommt darauf an", entgegnete sie.

"Na toll. Auf was denn? Auf die Luftfeuchtigkeit oder die Windgeschwindigkeit?"

"...Nein...das heisst Ja...darauf kann es auch ankommen, aber die Sache ist etwas verzwickt."

Kein Wunder, dass ich Schwierigkeiten mit dem Funkwetter hatte, wenn sogar Bienchen dabei herum druckste. Wie sollte ich unter diesen Umständen die Prüfung bestehen, die mit Riesenschritten näher rückte?

"Wenn man vom Funkwetter spricht, meint man damit den Zustand der Ionosphäre, welche die Kurzwelle zur Erde zurück reflektiert. Deren Zustand hängt nur von der Sonnenaktivität ab und hat nichts mit dem Wetter zu tun."

"Aber da gibt es doch diese sporadische E-Schicht, die speziell im Mai und Juni zu unerwarteten Reflektionen führt und wo man im 11m-Band tolle Euopaverbindungen machen kann. Ich habe gelesen, dass da auch die Gewitter eine Rolle spielen sollen. Und Gewitter haben mit dem Wetter zu tun. Also spielt in diesem Fall doch das Wetter mit!"

"Das ist ein Einzelfall und man kann das nicht verallgemeinern."

"Aha. Ein Einzelfall wie dieser Märchenreporter Claas Relotius beim Spiegel. Ich glaube nicht an Einzelfälle."

"Du bringst wieder alles durcheinander. Journalismus hat nichts mit Funkausbreitung zu tun. Und beim Relotius handelt es sich um einen Fall von "wie bestellt so geliefert."

"Vielleicht wird das Funkwetter auch so geliefert wie es bestellt wird. Denk' nur an HAARP. Die heizen dort oben in Alaska extra die Ionosphäre auf um die Ausbreitung zu beeinflussen."

"Das sind Verschwörungstheorien."

"Auch der Spiegel hat immer wieder von Verschwörungstheorien geschrieben. Als es ihm zu bunt wurde hat er einfach die Kommentarfunktion abgestellt, damit die Leserkommentare die Reporter nicht in ihrem Narrativ störten."

"Bleiben wir doch bei der Funkausbreitung. Die ist weniger verworren als die Redaktion im ehemaligen Nachrichtenmagazin. Natürlich hat das Wetter auch technische Einflüsse auf den Funk. Ob der Boden unter der Antenne trocken oder durchnässt ist, spielt für die Antenne sicher eine Rolle..."

"...und wenn der Blitz in die Antenne einschlägt, ist auch das Wetter schuld", bemerkte ich. "Ist zwar ein Einzelfall aber immerhin schlagen pro Tag weltweit 40'000 Blitze irgendwo ein. Aber der Blitz muss nicht unbedingt in die Antenne zischen. Gewitter erzeugen einen hohen QRN Pegel."

"Du scheinst zumindest den Q-Code intus zu haben. Trotzdem: auf die Ausbreitung im Kurzwellenbereich hat das Wetter praktisch keinen Einfluss. Da ist die Ionosphäre am Zug und die richtet sich nach der Sonne. Ganz anders ist es auf höheren Frequenzen, also im VHF,UHF und besonders im Mikrowellenbereich. Dort spielt sogar die Luftfeuchtigkeit eine Rolle."

"Und was passiert, wenn die Luft feucht ist?"

"Auch da kommt es auf die Frequenz an. Wasserdampf spielt im Bereich von einigen GHz keine wesentliche Rolle. Doch bei höheren Frequenzen verursacht er eine erhebliche Zusatzdämpfung. Bei 22 GHz zum Beispiel hat der Wasserdampf ein Dämpfungs-Maximum. Bis zu 0.2 dB Zusatzdämpfung pro Kilometer kommen zur normalen Streckendämpfung hinzu."

"Au Backe. Und unser 24 GHz Amateurfunkband liegt gerade daneben."

"Eben. Darum sollte man trockene Luft auswählen, wenn man dort weite Verbindungen tätigen will. Und die findet man erstens im Winter und zweitens in den Bergen."

"Und weiter oben im Mikrowellenbereich? Wird es da wieder besser?"

"Nein, es wird immer schlimmer. Bei 60 GHz gibt es eine weitere Dämpfungsspitze. Dort ist der Sauerstoff dafür verantwortlich und schlägt mit sage und schreibe 16 dB pro Kilometer zu - zumindest auf Meereshöhe. Schon nach wenigen Kilometern bleibt daher vom Signal nicht mehr viel übrig. Für manche Anwendungen ist aber gerade das wünschenswert."

"So hoch will ich aber nicht funken. Für's erste wird mir das 2m und 70cm Band genügen. Spielt das Wetter dort auch verrückt?"

"Nur im positiven Sinn. Bei stabilen Wetterlagen können sich Inversionsschichten in der Atmosphäre bilden, die dein Signal über weite Strecken reflektieren. Also sowas wie die Ionosphäre, nur in wesentlich geringerer Höhe, und nicht durch Ionen sondern durch Luftschichten verursacht."

Frohe Weihnachten!

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