Mittwoch, 9. März 2022

QRM

 


Gestern war ich im Spital, wie man hier sagt. Oder besser "dans l'hôpital", weil die Anstalt sich ja neuerdings in der welschen Schweiz, der Romandie befindet. Ab und zu muss man einen Menschen mal aufschneiden und gewisse Dinge rausnehmen, die nicht unbedingt nötig sind, oder Teile austauschen. Das ist wie bei den Funkgeräten: ohne Service verlottern sie. 

Da hatte ich Zeit, über gewisse Dinge nachzudenken. Zum Beispiel über die vielen Klagen der Funkamateure wegen lokalem QRM auf den Bändern. Nirgendwo scheint es mehr so ruhig zu sein wie früher. Von 160m bis VHF. Da zwitschert und brummt es und auf den Wasserfallanzeigen erscheinen Lattenzäune und andere Muster, die dort nicht hingehören. 

Einige Funker greifen dann gerne zum Hörer, pardon, zum Smartphone und klagen dem Störungsdienst ihren Kummer. Hierzulande ist der beim BAKOM angesiedelt. 

Doch Vorsicht ist die Mutter der Röhrenkiste: Die meisten Störungen sind hausgemacht. Ladegeräte, Solaranlagen, Sparlampen etc. Die ganze Palette fernöstlicher Elektronikkunst trägt ihren Teil zum häuslichen Störnebel bei. 

Auch umgekehrt geht oft: Bei manchen Funkern spielt die Bespassungs-Elektronik verrückt, wenn der Funker auf die Taste drückt. HF stört NF.

Was kann der geplagte Funker dagegen tun? All das elektrische Zeug in Alufolie einwickeln?

Jeder erfahrene OM hat da so seine Rezepte. 

Mein Shack ist besonders gefährdet. Denn meine Antennen befinden sich allesamt in der Funkbude: zwei Magloops für 10 bis 80m, eine 2m und eine 70cm Yagi. Und auf dem Fensterbrett ist seit neustem noch ein Halbwellenstrahler für das 6m Band angeklemmt. Auf der anderen Seite sitzen jede Menge Ladegeräte rum und warten auf ihren Einsatz. Das Notebook mit Netzteil, das WLAN und der Drucker hocken auch unter der Antenne. Und natürlich wird die Szene ausschliesslich von modernen LED-Lampen beleuchtet. Nicht zu vergessen das ganze Set an Labor-Instrumenten, das in standby auf seinen Einsatz wartet.

Doch Störungen habe ich nur eine: wenn der Schindler-Aufzug fährt, springt der Zeiger des S-Meter vor Schreck in die Höhe. Doch der Lift ist verständlicherweise für mich tabu und die wenige Fahrten sind kein Drama. Ok, das ist noch der Dyson meiner XYL. Aber der ist auch tabu. Entstörung untersagt.

Doch was ist mit dem Rest? Wieso verträgt sich die Elektronik so gut mit der HF und umgekehrt? Liegt das an der guten Erdung? Liegt es an einer Abschirmung? An QRP?

Erdung habe ich keine. Wieso auch? Das Stromnetz hat ja eine und die Antennen sind unter Dach. Doch die Antennen spielen sicher eine Rolle: Magloops erzeugen im Nahfeld hauptsächlich ein starkes Magnetfeld und nehmen auch dieses bevorzugt auf. Störungen aus der Bespassungs-Elektronik verbreiten ihre elektrische Feldkomponente in der Nähe. Die Yagis und der Halbwellenstrahler sind symmetrische Antennen, die kein Gegengewicht benötigen. HF schleicht am liebsten als Mantelwellen auf dem Koaxialkabel rum, wenn die Antenne asymmetrisch ist. Grüsse vom Enfeed. 

Doch das alleine würde nie genügen. Das Geheimnis der gegenseitigen Verträglichkeit liegt in meinem Fall, so denke ich, an dem exzessiven Einsatz von Entstörmaterial. Es gibt bei mir keinen Meter Kabel, der nicht mit Ringkernen, Klappferriten und Filtern garniert ist. Von der Steckdose bis zum Speisepunkt der Antennen. Ich habe das Zeug gleich kistenweise im Einsatz. Ferrite  soweit das Auge reicht.

Meine liebsten Ringkerne sind die blauen von Epcos-TDK Electronics mit dem Material N30. Bei den grössten kann sogar ein Netzkabel samt Stecker durchgefädelt werden. Vorzugsweise mehrfach. Diese Kerne eignen sich sehr gut für die Kurzwelle als Mantelwellensperren, aber auch als zusätzliche Netzfilter. Apropos Netzfilter: Letztere sitzen natürlich gleich an der Steckdose. Die meisten Geräte haben dann noch ihr eigenes. Sofern es sich nicht um Billigware handelt. 

Für UKW eignen sich vor allem die Klappferrite, die es in allen Grössenordnungen gibt. Ihre Dämpfungswerte sind zwar nicht berauschend, aber man kann sie ja auch in Serie einsetzen. Ich mache das nach dem Prinzip "Nützt es nichts, schadet es auch nichts." 


Man kann nie genug von dem Zeug im Einsatz haben. Es ist sinnlos, Ferrit um Ferrit an und ab zuklappen und dann gebannt aufs S-Meter zu starren um zu sehen ob es ein Fitzelchen genützt hat. Es bringt auch nichts, sein Clusterfuck Drahtverhau schön nach Schweizerart anzuordnen und zu bündeln. Schönheit hilft bei Störungen nichts. Da hilft nur eine präventive und massive Verwendung von Ferritmaterialien. 

Stört dann trotzdem noch ein Schaltnetzteil, bleibt nur noch dessen Ersatz durch ein altertümliches Trafo-Netzteil.

Im übrigen sollte jeder, bevor er sich über Störungen beschwert, im Keller mal die Hauptsicherungen rausschrauben und dann mit dem Akku gespeisten Empfänger hören. 


2 Kommentare:

  1. Hallo Anton, der Tipp mit der Haussicherung und dem Akku-Empfänger ist der beste.
    Bleib Gesund
    Michael DL7EM

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  2. So mach ich es auch immer falls plötzlich was neues auf KW auftaucht. Hab glücklicherweise nur eine Nachbarin mit grossen Pladnafernseher die wirklich identifizierbar auf KW stört. Allerdings waren früher die Weihnachtsbeleuchtungen ein riesen Problem. Das hat sich aber in den letzten Jahren zum Positiven verändert; kaum noch Störungen von den neuen Dekoartikeln. Das letzte böse Gerät das ich im Haus selbst ausfindig gemacht habe war ein Apple Ladegerät des Tablets meiner Tochter, das sie von der Schule bekam ;) zum lernen natürlich :)
    Mit den Solaranlagen im Umfeld (auch unsererer eigenen) hab ich Glück, nichts zu bemerken.

    Bleibt gesund und viel Spaß beim Hobby
    Christoph DL6SEZ

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