Sonntag, 19. Juni 2022

Verlotterte FM-Relais

 


Obwohl ich hier im Alpental sitze, höre ich recht viele Relais. Die meisten davon schweigen zwar still vor sich hin. Doch ab und zu öffnet sich eins wie von Geisterhand, doch keiner spricht. Viele dieser einsamen Relaisstationen sind vernachlässigt. Man merkt es vor allem daran, dass sie neben der Frequenz hocken. Nicht nur einige 10Hz oder maximal 100Hz, also noch im Fangbereich der AFC. Vor allem im 70cm Band reklamiert die AFC meines IC-9700 oft. Das schlimmste Relais hockt ganze vier Kilohertz neben der Frequenz. Doch das ist nur ein Anzeichen der Verlotterung. Bei einem anderen plärrt sporadisch eine Warnton rein, ähnlich dem Russischen Nebelhorn UVB-76. Der Grund blieb mir bisher verborgen. Zu lange Sprechzeit, zu viel Hub, neben der QRG? Nichts davon scheint zuzutreffen. Eine Internetseite mit Erklärungen fehlt wie bei vielen dieser Stationen. Da ich dieses Relais ab und zu benutze, habe ich dem Club, dem die Station gehört, eine Email geschrieben und angeboten, das Relais zu sponsern. Eine Antwort habe ich nie bekommen.  

Gerade hier in der Westschweiz herrscht ein Wildwuchs an Relaisstationen. Von Koordination keine Spur. Wie auch? Viele davon liegen ausserhalb des Bandplans und scheinen eher privater Natur zu sein. Das BAKOM interessiert das verständlicherweise nicht und die USKA drückt beide Augen zu. Man müsste halt Französisch sprechen. Die meisten dieser wild wachsenden Relais-Pflanzen sind natürlich digitaler Natur und wohl irgendwie auch mit dem Internet verhängt. Doch wie soll man das wissen, wenn die Dinger nicht einmal auf dem Internet dokumentiert sind?  

Natürlich ist der Amateurfunk Experimentalradio und ich habe volles Verständnis für Experimente, auch auf dem Gebiet der Relaisstationen. Aber es wäre schön, wenn die IT-Freaks nicht nur programmieren sondern auch dokumentieren würden.

Ein Club der sich vorbildlich um seine Stationen kümmert und sie nicht einfach verlottern lässt, sind übrigens die Berner (HB9F). 

Obwohl ich Direktverbindungen bevorzuge, komme ich nicht umhin, ab und zu eine Relaisstation zu benutzen. In FM. D-Star klingt scheusslich, DMR ist mir zu kompliziert und C4FM ist so unnötig wie ein Lipom.

Apropos FM: Kennt ihr den Yaesu FT-7900? Ein gutes Gerät, das leider nicht mehr (offiziell) produziert wird. Trotzdem taucht es in Scharen auf dem Internet auf. Bei E-Bay, Alibaba und Konsorten. Neu und zu einem unschlagbaren Preis. So zwischen 150 und 250 $. Es sieht aus wie das Original und heisst auch so. Doch das Teil ist ein chinesischer Klon. Überhaupt scheint Yaesu ein Fake-Problem zu haben. Man findet auch viele andere FM-Handys und Mobilstationen dieser Marke im Sumpf der chinesischen Kopierküche. Sogar auf Ricardo taucht so ein Teil ab und zu auf. Ob mit oder ohne valablem CE-Zertifikat weiss ich nicht. Vielleicht sollte ich mir mal eins bestellen. Auf der Verbotsliste des BAKOM figuriert es nicht und eine Einzelbestellung zu Mess- und Bastelzwecken würde schätzungsweise in die neue Toleranzregel unserer Regulierungsbehörde passen. 

     

Mittwoch, 15. Juni 2022

FT-8 Chancen und Risiken

 


Heutzutage läuft gut die Hälfte des Amateurfunks über FT-8. Dreht man über die Bänder, herrscht auf den FT-8 Kanälen reger Betrieb. Doch auf den anderen Frequenzen sind nur wenige SSB und CW Stationen zu hören. Der Grossteil des Funkverkehrs läuft also über einen einzigen FT8-Kanal pro Band. Dort herrscht Stau und Chaos. Vor allem, wenn die Bedingungen gut sind. 

Doch Amateurfunker sind findige Leute. Einige wählen den logischen Weg und sammeln sich in einem zweiten "inoffiziellen" FT8-Kanal. Vorzugsweise in der Nähe. Andere handeln nach der Devise "Auf die Dauer hilft nur Power:" In der Tat macht heute kaum einer mehr QRP in FT-8. Vorsichtige drehen die Kiste auf 50 Watt, in Sorge um die Gesundheit ihrer Endstufe. Weniger Bekümmerte machen auf volle Pulle und die, die schon auf dem Pausenplatz die Frechsten waren, schalten die Kilowatt-PA an.

Das ist sicher nicht im Sinne des Erfinders Joe Taylor. Aber wirksam ist es allemal. So kommt innert kürzester Zeit das DXCC zusammen und bald ist die ganze Welt im Kasten und der OM sucht verzweifelt nach Ländern die er noch nicht "gearbeitet" hat. Oder besser: die sein Computer noch nicht gearbeitet hat. Zweitverbindungen mit der gleichen Stationen ergeben keinen Sinn, gibt es doch nichts Neues zu erzählen. FT-8 Bekanntschaften oder sogar Freundschaften entstehen kaum. FT-8 ist eine hocheffiziente und minimalistische, aber im Grunde eine einsame Betriebsart. 

Trotzdem bedeutet sie nicht das Ende des Amateurfunks. Im Gegenteil. Sie ist eine Chance. 

FT-8 gibt jedem OM die Möglichkeit ferne Länder zu erreichen. Auch den so genannt Antennen-Geschädigten, also jenen, die keine langen Drähte  aufhängen, geschweige denn einen Tower mit Beam aufstellen können. Die ewig gestrigen Ausreden gelten heute nicht mehr. Mit FT-8 kann jeder mit kleiner Leistung und unscheinbaren Antennen mit der ganzen Welt Funkverbindungen tätigen. 

Eine Chance für Newcomer und Wiedereinsteiger. Eine Chance, die bei vielen Appetit auf mehr weckt. Zum Beispiel auf Funk draussen in der Natur: SOTA, POTA, WWFF. Oder auf die vielen anderen interessanten Nischen, die der Amateurfunk zu bieten hat: von Lang- bis Mikrowellen, vom Bausatz bis zur Software. Allein die Fantasie setzt den Aktivitäten im Äther Grenzen.

FT-8 war nicht die erste digitale Betriebsart im Amateurfunk. Und sie wird nicht die letzte digitale Betriebsart sein, die die Amateurfunkbänder erobert. Denn der Amateurfunk ist ein Experimental-Funkdienst. Neue Experimente kommen und verschwinden wieder. Der Amateurfunk lebt davon. 

Trotzdem hat auch er seine Konstanten und seine Nostalgie. Auch SSB und CW werden nicht verschwinden, wie so oft prophezeit. Genauso wenig wie AM im Flugfunk verschwinden wird. Lustigerweise findet zurzeit gerade eine Renaissance der Morsetelegrafie statt. Gerade QRP-Funker merken, dass CW dank seiner Effizienz und dem "Decoder/Encoder" im menschlichen Gehirn, die ideale Betriebsart für viele Aktivitäten ist. Und so macht sich manch ein SOTA-Aktivierer dran, auch diesen "Gipfel" zu ersteigen und lernt morsen.

vy 73 de HBFF-0021        

Samstag, 11. Juni 2022

Das magische Band

 


In der Technik gibt es jede Menge Magie, das heisst Dinge, die man nicht erklären kann. Während man beim magischen Auge genau weiss, wie es funktioniert, ist das magische 6m Band immer noch Gegenstand unterschiedlicher Theorien. 

Das 6m Band, in Europa früher als TV-Kanal benutzt, ist nun in den meisten Ländern für den Amateurfunk frei gegeben. Zum Teil mit Auflagen bezüglich Sendeleistung und Polarisation der Antennen. 

Zurzeit ist es gerade wieder sehr populär. Wie immer in den Monaten Mai/Juni erscheinen wie von Geisterhand sporadische E-Schichten in zirka 100km Höhe und reflektieren die 50MHz Signale wieder zurück zur Erde. Natürlich nicht nur die 50MHz Signale, sondern auch andere Frequenzen von Kurzwelle bis UKW, je nach Intensität dieser magisch sporadischen E-Schicht. Häufig profitiert auch das 10m/11m Band von diesem Zauber, selten das 2m Band.

Da die sporadische E-Schicht nicht so hoch ist, wie die F-Schicht (200 bis 400km) reichen die reflektierten Wellen auch nicht so weit wie beim regulären Kurzwellenverkehr über die normalen F-Schicht. Die Sprünge sind kürzer, in der Regel 800 bis etwa 2200km. 

Doch man muss ja nicht alles mit einem einzigen Sprung machen. Befinden sich mehrere sporadische E-Schichten zur richtigen Zeit am richtigen Ort, lassen sich mit mehreren Sprüngen viele tausend Kilometer überbrücken. Zum Beispiel von Europa in die Karibik oder nach Japan.

Doch das ist nicht die einzige Magie, die das 6m Band zu bieten hat. Es hat eine ganze Palette von Zaubertricks auf Lager. So eignet sich dieser Frequenzbereich auch besonders gut für Meteorscatter.

Diese Karte hier zeigt, was gerade im 50MHz Band läuft. Wie aus der Fusszeile der Karte zu ersehen ist, werden 14 möglich Ausbreitungsarten aufgezeigt. Jede hat ihre Eigenarten und in den meisten fällen ihre eigene Betriebstechnik. Eine Spielwiese für Spezialisten.

Doch für QSO's über die sporadischen E-Schichten braucht man kein Spezialist zu sein und man braucht auch keine grosse Antenne oder viel Sendeleistung. Auch hier aus dem Alpental sind Europa-Verbindungen möglich, obschon die Berge eine flache Abstrahlung des Signals begrenzen. Mein Icom Pro3 mit 100Watt und eine kleine Vertikalantenne draussen auf der Fensterbank der Funkbude sind alles was ich habe. Die Antenne besteht aus einer auf 1.5m verkürzten Angelrute, an der ein Stück Litzendraht angeklebt wurde. Als Gegengewicht muss das speisende Koaxialkabel herhalten. Eigentlich eine lächerliche Antenne, die nur ca. 20cm von der Hauswand entfernt ist. Mit etwas Schnippeln und einem Ferritkern als Mantelwellensperre auf dem Koax liegt das SWR bei 1:1. Natürlich ist das Stehwellenverhältnis kein Qualitätsmerkmal, wie wir wissen. Eine gute Dummy Load hat auch ein SWR von 1:1. 

Doch dank der Magie des 6m Bandes sind zurzeit QSO's in CW und SSB in alle Richtungen möglich. Trotz Berggipfeln und Hauswand. Dabei sind die Signale keineswegs schwach, wie man unter diesen Umständen vermuten würde. Stationen mit 59+ auf dem S-Meter sind keine Seltenheit.

Der CW-Betrieb spielt sich um 50.090 MHz ab, der SSB Betrieb um 50.150 MHz. FT-8 läuft auf 50.313 USB. Und ich kann mir vorstellen, dass gerade FT-8 zauberhafte DX-Verbindungen ermöglicht. Dank seiner Fähigkeit, Signale tief im Rauschen noch zu detektieren. Im Bereich 50.400 bis 50.500 sind sehr viele Baken angesiedelt. Vielleicht hörst auch du eine davon? Hier ist das ganze Jahr diese Bake zu empfangen. Viele Baken sind mit diesem Programm zu decodieren.

Ist die Zeit der Magie einmal vorüber, wird das 6m Band wieder still vor sich hin rauschen. Das ist schade. Es wäre nämlich auch ein tolles Band für kürzere Verbindungen via Bodenwelle und Troposcatter. Stationen, die ich von hier aus im 2m Band kontaktieren kann, sind in der Regel auch im 6m Band zu erreichen. Die Diffraktion (Beugung der Wellen) ist ausgeprägter als im 2m Band.      


Donnerstag, 2. Juni 2022

Das BAKOM gibt den Funkamateuren den Tarif durch

 


Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Und so wird auch die neuste "Erklärung" des BAKOM's nicht aus dem blauen Himmel kommen. Unter dem Titel "Präzisierungen zur Konformität von Amateurfunkanlagen" wird wieder einmal gesagt, was erlaubt ist und was nicht. 

Interessanterweise wird dabei von Duldung gesprochen. Das heisst nicht unbedingt, dass das geduldete Tun auch erlaubt ist. Juristisch gesehen. In unserer Gegend duldet die Polizei zum Beispiel den hupenden Autokorso eines Hochzeitspaares, obschon solches Tun eigentlich verboten wäre.

So duldet das BAKOM den Privatimport von einzelnen Funkgeräten ohne CE Zeichen, bzw. ohne Konformitätserklärung durch HB9er, um damit zu funken, zu experimentieren und daran herumzubasteln. Ausser das Teil sei auf der Liste der verbotenen Geräte

Wenn die YL oder der OM das Gerät "eine Zeit lang gebraucht" hat und des Bastelns müde ist, kann er es sogar weiter verkaufen. Da scheint mir ziemlich viel Gummi, bzw. Goodwill in dieser Duldung.

Dieses Laissez faire gab es in der Vergangenheit nicht immer, und einige OM haben für solches Tun viel Geld bezahlt. Die werden sich jetzt vermutlich ärgern.

Soweit zur Duldung. Was das BAKOM aber gar nicht duldet ist folgendes: Der Import von nicht konformen Geräten mit dem Zweck des Wiederverkaufs. 

Ein Beispiel: Wenn also  OM Schlaumeier nicht konforme Geräte auf Aliexpress bestellt und sie dann auf Ricardo anbietet um einen Franken oder zwei zu verdienen. Das gibt Ärger. 

Soweit die Duldungserklärung des BAKOM. Im Prinzip eine freundliche Geste gegenüber den Funkamateurinnen und Funkamateuren. Aber auch ein Wink mit dem Zaunpfahl an die paar schwarzen Schafe. Nachzulesen im BAKOM Newsletter Nr. 429 von heute.