Montag, 27. März 2023

Rette sich wer kann, die Brücke wird gesprengt!

 




Nicht alle Leser sind glücklich mit dem Namen meines Blogs. Immer wieder erreichen mich entsprechende Kommentare. Kürzlich auch von Ralf aus Berlin: 

Demensradio, als Name, ist nicht sinnvoll. Du solltest den Namen ändern. Gruß DL7TY.

Allen Leuten Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Ich will das auch nicht. Im Gegenteil: Konformismus ist mir zuwider. Ich falle lieber auf als zu gefallen. Und anstatt der Sinnsuche widme ich mich lieber der Fehlersuche. Aber es gibt noch ein technisches Problem: Blog-Namen kann man nicht so einfach ändern wie heutzutage das Geschlecht. 

Aber du hast schon Recht, lieber Ralf. 

DMR ist ausgelutscht. Der Pfad, den ich beschritten habe, ist ausgetreten; vermutlich habe ich eine Abzweigung übersehen. Zu Beginn war es noch lustig und es hat mir viel Spass gemacht, erfundene Geschichten mit realer Technik zu mischen. In der Zwischenzeit bin ich aber viel zu seriös geworden. Ich blogge wie alle anderen auch. Wieso soll ich über alle Antennen schreiben, die ich kopiere, wieso über alle Schaltungen, die ich zusammen brutzle?   

Noch habe ich nicht angefangen, beim Schreiben Krawatte zu tragen. Aber damit es nicht dazu kommt, ist es wieder einmal Zeit, eine Brücke zu sprengen. Ich wälze schon längere Zeit diesen Gedanken. 

Also gehen wir auf die Suche nach ein paar Stangen Dynamit und eine Rolle Zündschnur, bevor ich noch vom FT-8 Virus befallen werde. Dann sprengen wir die Demenzbrücke und machen uns auf zu neuen Horizonten. 

Sonntag, 26. März 2023

Osterreich schränkt den Betrieb im 23cm Band ein.

 

In Österreich wird wegen GNSS der Amateurfunkbetrieb im 23cm Band eingeschränkt. GNSS ist das Global Navigation Satellite System und umfasst GPS (USA), Galileo (Europa), Glonass (Russland) und BeyDou (China). Es dürfen nur noch 10 Watt Sendeleistung im Bereich 1240 bis 1300 MHz verwendet werden. Zudem sind Aussendungen nur noch mit maximal 16k0 zulässig. Relaisstationen mit größerer Bandbreite müssen per Ende 2024 abgeschaltet oder umgestellt werden.

Diese Einschränkungen in unserem Nachbarland zeigen auf, was auch auf uns zukommen könnte.  


 


Donnerstag, 23. März 2023

Hobbyfunker

 

Creux du Van

Ab und zu taucht in den Medien der Begriff "Hobbyfunker" auf, wenn es um den Amateurfunk geht. Während einige Funkamateure das locker sehen, regen sich andere schaurig auf. Für sie ist es ein diminutiver Begriff, der ihr Selbstverständnis verletzt. Gerade so, als betitle man einen Journalisten als Schreiberling. Andere wiederum bezeichnen sich selbst offen als Hobbyfunker.

Woher stammt diese kognitive Dissonanz? Was sind wir Funker eigentlich: Amateurfunker, Funkamateure oder Hobbyfunker. Oder einfach Schinken wie in den USA, die sich mit Schinkenradio  befassen (Hamradio)?

Das Substantiv Hobby umschreibt das, was die meisten von uns Funkern tun, sowohl beim CB-Funk wie auch beim Amateurfunk:

Hobby: In der Freizeit aus Neigung, Freude an der Sache mit einem gewissen Eifer betriebene Beschäftigung auf einem bestimmten Gebiet

Ist der Amateurfunk mehr als das? Liegt das daran, dass unser Gebiet ein größeres technisches Wissen umfasst als es zum Beispiel ein Kaninchenzüchter besitzt? Aber wie ist es dann bei einem Hobby-Astronomen, dessen Gebiet ebenso anspruchsvoll ist? Oder liegt es daran, dass wir eine Prüfung ablegen müssen, damit wir unser Hobby ausführen dürfen - im Gegensatz zu den CB-Funkern? Aber auch der Hobby-Pilot muss eine Prüfung ablegen, und diese ist mindestens ebenso anspruchsvoll wie eine Amateurfunkprüfung der höchsten Klasse. Dazu muss er noch eine praktische Prüfung bestehen und zeigen, dass er fliegen kann. Und nicht nur der: ohne Billett darf sich keiner ans Steuer seines Autos  setzen. Das ist bei uns Hobbyfunkern nicht mehr der Fall, seit die Morseprüfung abgeschafft wurde. Wir werden heutzutage auf die Ätherwellen losgelassen, ohne dass wir unser Können beweisen müssen. Schlimmer noch: auf Druck der Amateurfunkverbände wurden die Prüfungsanforderungen immer mehr abgeschwächt. Und wie wir auf den Bändern hören können, hat das offensichtlich negative Konsequenzen.

Man kann es drehen und wenden wie man will: irgendwie hat die Diskussion um unseren "Titel" etwas mit kognitiver Dissonanz zu tun. Haben wir vielleicht ein falsches Bild von uns selbst? 
Natürlich wollen wir uns möglichst in einem positiven Licht präsentieren, denn:
Dass uns die Öffentlichkeit möglichst vorteilhaft wahrnimmt, ist für das langfristige Überleben unseres Hobbys essenziell. Darum legen die Amateurfunkverbände, wie unsere USKA, ein starkes Gewicht auf die Öffentlichkeitsarbeit.    

Doch schauen wir mal in das Land des Schinkenradios. Wie alle "Gute" stammt auch der Amateurfunk aus den USA. Genauso wie der CB-Funk. Wir würden hier in Europa kaum unser Funkhobby mit all seinen Freiheiten so betreiben können wie heute, wenn die amerikanischen Hams nicht gewesen wären. Wahrscheinlich gäbe es den Amateurfunk gar nicht. Wie sehen sich die Funkamateure auf der anderen Seite des Atlantiks?   

Schlägt man das ARRL Handbook auf, findet man nach dem Vorwort folgendes zum Selbstverständnis des Amateurfunks (aus dem ARRL Handbook meines Geburtsjahres 1951):


Der Amateurfunker versteht sich also als freundlicher, fortschrittlicher Gentleman. Loyal und patriotisch, der seine Pflichten gegenüber Familie, Beruf und seinem Land wegen seinem Hobby nicht vernachlässigt. 
Aus meiner Sicht orientieren sich die meisten Hobbyfunker daran, die ich kenne. Gleich ob CB-Funker oder Amateure - ungeachtet der Lizenzklasse. Und aus meiner Sicht gehören diese Grundsätze auch heute  noch genauso zu unserem Selbstverständnis wie 1951. Sie stehen übrigens immer noch in der aktuellen Ausgabe des Handbooks.

Natürlich ist die Spanne des Wissens und der Interessen in unserem Hobby enorm. Es sind nicht nur die unterschiedlichen Neigungen, die eine Rolle spielen. Auch die Ausgangslage ist sehr unterschiedlich: Ein Ingenieur stößt mit einem anderen "Rucksack" zu unserem Hobby als ein Baumeister. Und so sieht jeder sich selbst und seinen "Standort" im Hobby unterschiedlich.

Ob Hobbyfunker oder Amateurfunker: man tut gut daran, sich von Zeit zu Zeit zu überlegen, wieweit man die obenstehenden Grundsätze verfolgt. Zum Beispiel bei Nummer Drei: der Amateur ist fortschrittlich und hält seine Station und sein Operating auf dem neusten Stand der Technik.

Neben dem Interesse am Funkverkehr scheint mir das Interesse an der Technik einer der wichtigsten gemeinsamen Nenner unseres Hobbys zu sein.

  

 

Montag, 20. März 2023

Eine 5 Element Yagi für das 2m Band

 


Der Umzug der Anstalt in die Berge ist nun bereits eineinhalb Jahre her. Und immer noch sind Antennen das Thema #1. Wie könnte es auch anders sein. Die Antenne ist die wichtigste technische Komponente einer Amateurfunkstation und sollte die höchste Priorität erhalten. Funkgeräte sind dagegen relativ unwichtig. Erstaunlich, dass viele OM das gerade umgekehrt sehen: Geräte werden wie frische Brötchen gekauft, die Antenne bleibt Jahrzehnte auf dem Dach, bis sie von selbst herunterfällt. Wenn es bei meinen Blogs um neue Transceiver geht, ist die Leserschaft am größten. Kein anderes Thema erzielt so viele Klicks.  

Bis vor wenigen Wochen funkte ich im 2m Band mit einer Innenantenne: einem 6 Element Selbstbau nach DK7ZB. Vertikal polarisiert und in meine Vorzugsrichtung fixiert. Sie dient der Kommunikation mit meinen Funkkollegen in der näheren Umgebung und ist vertikal polarisiert, weil die Gegenstationen hauptsächlich  mit einem "Blindenstock" funken. Meist in FM und nur sporadisch in SSB. Das 2m SSB-Band ist hier übrigens ziemlich verwaist, nur auf 144.174 heulen die FT-8 Signale Tag und Nacht um die Wette.

Um den Unterschied zwischen Innen- und Außenmontage der 2m-Antenne zu ergründen, habe ich kürzlich eine 4 Element draußen vor dem Funkfenster montiert. Diese Yagi ist ebenfalls eine Selbstbau-Antenne nach DK7ZB und hat einen 75cm Boom anstelle des 2m Booms der 6 Element. Ihr Antennengewinn ist deshalb gute 3dB geringer. Trotzdem hatte ich im Schnitt 1 bis 2dB stärkere Signale mit der Außenantenne. Die Mauer im Norden meiner Funkbude dämpft die 2m Welle also um ca. 4 bis 6 dB.

Die Anstaltsleitung hat mich davon überzeugt, auf Probebohrungen zu verzichten, um die Beschaffenheit der Mauer zu untersuchen. Aber es ist bekannt, dass mehrstöckige Chalets, wie unseres, ein Betonskelett haben. Die schöne Holzfassade ist nur die Außenhaut. Bauernblende wie wir sagen. Ich kann von Glück reden, dass das Dach nicht eine Dampfsperre mit Alufolie besitzt. 

Als Funkamateur sollte man nie mit seiner Antenne ganz zufrieden sein und immer danach streben, noch ein dB oder zwei mehr herauszuholen. Natürlich hätte ich am liebsten die 6 Element an der Fassade montiert. Doch für eine Vormastmontage ist das Teil zu schwer. Also begab ich mich auf die Suche nach einem Kompromiss. Wenn schon keine 6 Element, so sollte es doch mindestens eine 5 Element sein. Ein Plus von 2dB sind zwar keine Welten, können aber auf UKW ein QSO retten. Hier im Bergdorf empfange ich selten S9 Signale, viele befinden sich knapp an der Grasnarbe.

Eine 5 Element Antenne mit einem 1.5m Boom geht gerade noch so durch als Vormastantenne, sofern man sie mit sehr dünnem, leichten Alu baut. In meinem Fall kommt mir die Nordlage unter dem Dachvorsprung zugute: die Antenne muss dort keine heftigen Stürme und schwere Schneelasten befürchten. Eine Tarnbemalung wird sie vor kritischen Blicken schützen.

Versuche, selber eine Antenne mit EZNEC pro/2+ V7.0 zu designen, zeigten bald, dass ich gegen die "Profis" chancenlos bin. Die Designs von DK7ZB und DG7YBN waren nicht zu schlagen. Schließlich entschied ich mich für die 5 Element von DG7YBN. Sie hat etwas weniger Gewinn, hat aber ein sehr sauberes Richtdiagramm, ist breitbandiger und ist von den Abmessungen her toleranter. Letzteres scheint mir wichtig, wenn man nur eine Handbohrmaschine und eine Eisensäge hat und mechanisch nicht besonders talentiert ist. 

Das Alu stammt vom Baumarkt und die Isolatoren sind aus Nylonmaterial selbstgebaut. Die isoliert montierten Elemente sitzen darin fest in einem Presssitz. Die INOX-Schrauben stammen von meinem Ebay Schraubenverkäufer aus DL. Aus Gewichts-und optischen Gründen habe ich anstelle eines Schleifendipols einen gestreckten 50 Ohm Dipol gewählt. Natürlich auch aus purer Bequemlichkeit. Das Biegen von Schleifendipolen überlasse ich mechanisch talentierteren OM. Als Mantelwellensperre dient ein Ferritkern. Nützt er nicht, schadet er auch nicht.

Die SWR-Kurve schaut akzeptabel aus, auch wenn die Yagi mit dem Reflektor sehr nahe an der Hauswand sitzt:


Zum Vergleich: So sieht das SWR aus, wenn die Antenne 1m Abstand von der Hauswand hat.


Doch diesen zusätzlichen Meter kann ich ihr nicht gewähren. Im nächsten Bild sind Montage und Anschluss des gestreckten Dipols zu sehen und darauf im letzten Bild die 5 Element Yagi provisorisch und noch ohne "Tarnanzug" an ihrem Arbeitsplatz:






Fazit: Yagis für VHF/UHF zu bauen ist keine Kunst, gute Yagis zu entwickeln dagegen schon. Doch das Internet ist voll von Bauanleitungen. Das gewählte Design selber noch mit EZNEC zu überprüfen ist eine gute Übung und schafft Sicherheit, und zum Schluss: der Selbstbau lohnt sich und ist eine interessante Erfahrung.

   

Donnerstag, 16. März 2023

WSJT-Z: Der Amateurfunk wird automatisiert

 


FT-8 wird immer beliebter. Abseits von Contesten und DX-Expeditionen findet man kaum noch Gesprächspartner in den klassischen Betriebsarten SSB und Telegrafie. Na ja, bei Contesten von "Gesprächspartnern" zu sprechen, ist etwas gewagt. Auch bei den DX-Expeditionen trifft diese Bezeichnung wenig zu. Die Gegenstation sagt bloß Five-Nine - so vorhersehbar wie das Amen in der Kirche, und auch die Konkurrenten sind alles andere als  Gesprächspartner. Wie die letzten Expeditionen gezeigt haben, wäre wohl Brüllaffen als Bezeichnung angebrachter. Wild brüllen sie alle durcheinander im Kampf um die Banane. Da geht es in FT-8 doch gesitteter zu.   

Dafür nerven einem die lieben Kollegen in den UKW-Runden mit ihren Erzählungen über die FT-8 Stationen, die sie "gearbeitet" haben. Manchmal "arbeiten" sie sogar FT-8, während sie mit Stolz davon berichten und zwischendurch ein Bier schlürfen. Multitasking vom Feinsten. Dabei liegt doch das Durchschnittsalter von uns Funkamateuren irgendwo zwischen fünfzig und scheintot. Erstaunlich was die alten Knacker noch leisten. Ich kann immer noch nicht verstehen, wieso die Amateurfunkverbände Nachwuchs bei den Jungen suchen, dabei wären die Rentner doch die logische Zielgruppe. Diese haben Zeit, sind vielseitig interessiert und sind weniger durch die sozialen Medien verdorben. 

Wenn der Horizont der eigenen Vergänglichkeit immer näher rückt, sollte man sich schon überlegen, was man mit der Restlebenszeit noch anstellen will. Wieso nicht ein so interessantes und vielseitiges Hobby ergreifen wie den Amateurfunk? Von Software bis Weltraum und von Röhrennostalgie bis Hightech liegt alles drin. Man muss ja nicht die Zeit als Brüllaffe verplempern, ein wertloses FT-8 Diplom "arbeiten" oder auf DRM herumalbern. Unser Hobby hat so viel mehr zu bieten.

Man muss auch nicht unbedingt an der Station hocken und in seinem Kämmerlein versauern. Dank eines FT-8 Klons  gibt es nun auch für dieses Dilemma eine Lösung: 

Denn auch der Amateurfunk wird nun automatisiert. Der Klon, der das ermöglicht, heißt WSJT-Z und kommt aus Polen. Der OP braucht sich mit diesem FT-8 Klon nicht mehr ums "Arbeiten" zu kümmern. Das erledigt nun der Computer ganz von selbst. Einmal gestartet, legt er los wie Blücher und "arbeitet" selbstständig die ganze Welt. Ein QSO nach dem anderen, bis ihm der Saft ausgeht oder die Software in einem Bug festklemmt. Währenddessen kann der OM darüber nachdenken, welche interessanten Projekte er in seiner Restlebenszeit noch angehen könnte, welche Facetten unseres Hobbys er noch ergründen könnte.   

Hier geht es zu WSJT-Z

und hier zu der entsprechenden Diskussionsgruppe

Doch eines ist mir noch ein Rätsel: Wieso hat der Klon ein Z bekommen. Ein Y hätte doch noch etwas Spielraum gelassen. Zum Beispiel für eine sinnvolle Verbesserung der digitalen Übertragung. Eine, die es ermöglicht, mehr individuelle Botschaften und Informationen in ein QSO zu packen. Dann könnte man von mir aus wieder von "arbeiten" reden. 


Freitag, 10. März 2023

Der Elko: Das schwache Element

 

Nur 105 Grad Elkos: Blick in ein Schaltnetzteil 48/1200W

Gleich ob Schaltnetzteil, Fernseher oder Amateurfunk-Transceiver: Das schwächste Element in elektronischen Schaltungen ist der Elektrolytkondensator. Er kann punkto Zuverlässigkeit und Lebensdauer mit den anderen Komponenten, wie integrierten Schaltungen, Polymer- und Keramikkondensatoren, nicht mithalten. Sein größtes Problem ist die Wärme. Sie verkürzt seine Lebenserwartung drastisch. Sein flüssiger Elektrolyt altert bei steigender Temperatur exponentiell.

Darum ist auf jedem Elko auch seine Temperaturklasse aufgedruckt. Es ist die Temperatur, bei der er eine Lebensdauer von 2000 Stunden erreicht. Ein 85 Grad Kondensator läuft bei dieser Temperatur daher mindestens 83 Tage, bevor er seinen Geist aufgibt. Bei niedrigerer Temperatur verlängert sich seine Lebensdauer: wird er bei einer Umgebungstemperatur von 65 Grad betrieben, hält er bereits 8000 Stunden durch. Also fast ein Jahr lang.

Neben den weit verbreiteten 85 Grad Elkos gibt es noch 105 Grad Elkos. Bei 65 Grad hält ein solcher Elko mindestens 3,7 Jahre lang, bevor er kaputt geht. Gute Entwickler setzen daher 105 Grad Elkos ein und versuchen gleichzeitig, die Temperatur in ihren Geräten möglichst tief zu halten. Sie vermeiden es zudem, Elkos in der Nähe von Wärmequellen zu platzieren.

Bei 45 Grad sieht es schon wesentlich besser aus. 85 Grad Elkos leben unter diesen Bedingungen mindestens 32000 Stunden oder 3,7 Jahre lang. 105 Grad Elkos leben gar 128000 Stunden, bzw. 14,6 Jahre lang  

Das ist zumindest das, was die Hersteller versprechen. Doch zwischen den Fabrikaten gibt es erhebliche Unterschiede. Nicht nur bezüglich ihrer generellen Zuverlässigkeit, sondern auch was den ESR, den äquivalenten Seriewiderstand anbelangt. Je höher dieser ist, desto mehr Wärme wird durch Rippelstrom im Kondensator erzeugt.

Allgemein werden japanische Kondensatoren als die qualitativ Besten beurteilt. Also Marken wie:  Rubycon, Vereinigte Chemi-Con (oder Nippon Chemi-Con), Nichicon, Sanyo/Suncon, Panasonic, Hitachi und ELNA.

Natürlich gibt es auch in Europa und den USA sehr gute Kondensatorhersteller. Doch wegen ihres hohen Preises findet man sie selten in Consumer Produkten. Es sind Marken wie:

Cornell Dubilier (USA), Illinois Capacitor (Derzeit im Besitz von Cornell Dubilier), Kemet Corporation (USA), Vishay (USA), sowie EPCOS (Firma TDK, Deutschland) und Würth Elektronik (Deutschland).

In Consumer-Produkten findet man eher Kondensatoren aus dem Mittelfeld. Dazu gehören Marken wie:

Taicon (gehört zu Nichicon), Teapo, SamXon (außer der GF-Serie, die zu einer niedrigeren Qualitäts-Stufe gehört), OST, Toshin Kogyo und Elite. Und am Ende des Mittelfeldes: Jamicon
und CapXon.

In der Billigelektronik findet man dann unter anderen:

 G-Luxon, Su'schon, Lelon, Ltec, Jun Fu, Fuhjyyu und Evercon.

Auch wenn die Geräte von uns Radiobastlern in der Regel nicht im Dauerbetrieb eingesetzt werden, lohnt es sich nicht, auf Billigware zu setzen. Mit relativ wenig Geld kann man sich so manchen Ärger ersparen. Auch sollten wir darauf achten, dass unser Lagerbestand nicht überaltert. Natürlich kann man versuchen, Jahrzehnte alte Elkos zu formatieren und sie zu diesem Zweck eine zeitlang lang an ein Speisegerät zu hängen. Aber ich würde diese alten Teile bei der nächsten Aufräumaktion lieber in den Kübel schmeißen. Denn vor zwei Jahrzehnten brach die erste große Kondensatorseuche aus. Diese Epidemie erreichte 2010 einen weiteren Höhepunkt und bereitete vielen elektronischen Geräten ein frühzeitiges Ende, bevor sie 2013 langsam ausklang. Was die Covid-Pandemie für uns Menschen des 21. Jahrhunderts war, war die Kondensatorseuche für die Elektronik. 

Interessant ist, dass Elkos, die vor der Kondensatorseuche fabriziert wurden, noch gut im Schuss sind, obwohl sie seit Jahrzehnten in der Schublade liegen. Das betrifft insbesondere japanische und deutsche Elkos und solche aus den USA.

Elektrolytkondensatoren im Internet aus China zu kaufen halte ich für keine gute Idee. Wie bei anderen elektronischen Komponenten kann es sich dabei um Ausschussware handeln. Also Kondensatoren, die bei der Qualitätskontrolle aussortiert wurden und über irgendwelche Kanäle zu Händlern gelangt sind. Besonders bei Elektrolytkondensatoren könnte das zu herben Enttäuschungen führen.

Quellen: 

Lebensdauer von Elkos

Capacitors Manufacturer Tier List

 

Samstag, 4. März 2023

Eine Reise zur Quelle des Radio Flusses

 


In meinem letzten Blog sind wir stromabwärts geschwommen im großen Radio Fluss, und schliesslich im Millimeterbereich gelandet. Diese Richtung liegt im Trend. In den Zentimeter- und den Millimeterwellen findet die Zukunft der drahtlosen Kommunikation statt. Denn nur dort findet man genügend Raum für unsere immer grösser werdenden Datenmengen. 

Doch wer mit dem Strom schwimmt, kommt nie zur Quelle. Darum geht es heute flussaufwärts. Dorthin wo alles begonnen hat. Zu den Kilometerwellen. 

Zu Beginn des Radiozeitalters dachte man, dass grösser immer besser sei. Je grösser die Wellenlänge, desto grösser die Reichweite. Und die Physik gab den Radiopionieren Recht: Mit Kilometerwellen konnten Telegramme rund um den Globus geschickt werden.

So wurde im Jahr 1906 von den Firmen Siemens&Halske, AEG und Telefunken der Bau eines deutschen Weltfunknetzes beschlossen. In Nauen sollte die zentrale Station entstehen, von der aus alle Kontinente erreicht werden sollten. Ihre Geschichte ist hier nachzulesen.

Heute sind die Kilometerwellen verwaist. Der Langwellenrundfunk ist gestorben und der Satellitenfunk mit seinen Zentimeter- und Millimeterwellen hat die Rolle der Kilometerwellen übernommen. Geblieben ist noch die U-Boot-Kommunikation, da Kilometerwellen die einzigen elektromagnetischen Wellen sind, die tief genug ins Wasser eintauchen können.

Da diese schrecklich langen Wellen also nicht mehr groß gebraucht werden, haben auch die Funkamateure ein winziges Stück von diesem alten Kuchen bekommen: ein 2.1kHz breiter Krümel bei 2.2km Wellenlänge (135.7 - 137.8 kHz). Seit Anbeginn unserer Geschichte ernähren wir Funkamateure uns bekanntlich von den Wellenabfällen der Kommerziellen. Was nicht mehr gebraucht wird, bekommen wir, wenn wir genügend betteln und wenn uns die Behörden gut gesinnt sind. Wellen mit denen man Geld verdienen kann, werden uns dann wieder weggenommen. Zu Beginn unserer Geschichte hat man uns die Lang- und Mittelwellen weggenommen und uns die damals wertlosen Kurzwellen überlassen. Kaum hatten wir entdeckt, dass sich mit diesen große Distanzen überbrücken ließen, hat man uns in kleine Reservate verbannt, wie die Indianer. Jetzt müssen wir um unsere Mikrowellenbänder bangen und erhalten dafür ein paar Wellenabfälle aus dem VHF-Kübel (4m, 6m). Das ist, kurz zusammengefasst, unser Schicksal. Funkamateure werden geduldet und belächelt.

Doch zurück zu den Kilometerwellen: 

Weiter flussaufwärts, näher an der Quelle, ist noch ein uraltes Fossil zu finden, das für uns Funkamateure von Interesse ist: Die Großfunkstation SAQ im schwedischen Grimeton, auf der Frequenz 17.2 kHz. Also auf der 17km Welle. Diese Station wird von einem Verein betrieben, "The Alexander Association". Dieser Verein pflegt und unterhält die alte Station mit ihrer kilometerlangen Antennenanlage und sendet ab und zu Grußbotschaften in den Aether, die auf der ganzen Welt empfangen werden können. Interessant und einzigartig ist, dass der Sender die Hochfrequenz nicht mit einem Oszillator erzeugt und mit Röhren verstärkt, sondern mit einem vielpoligen Generator arbeitet: der so genannten Alexanderson-Maschine. Gesendet wird natürlich in der ältesten digitalen Modulationsart: in Morsetelegrafie.

Damit ich keine dieser Sendungen mehr verpasse und sie gut aufnehmen kann, habe ich einen Konverter gebastelt, der den Frequenzbereich von 0-500kHz auf 3000 - 3500kHz umsetzt. Als Empfänger dient ein IC-7300. Als Antenne verwende ich meine bewährte Ferritantenne für 136/472kHz, die ich mit einem Zusatzkondensator auf 17.2kHz abgestimmt habe. Der Zusatzkondensator hat 18nF und die Antenne wird mit dem Verschieben der Wicklung auf dem Ferritstab abgestimmt. Ihre Induktivität liegt bei 5mH +/-.

Hier im Bild ist die Antenne und der Konverter in seiner Tabakdose zu sehen. Er riecht sehr angenehm:


     Im nächsten Bild, das Innere des gutriechenden Tabakdosen-Konverters:


Und nun noch der Schaltplan mit einer integrierten Schaltung, die ebenfalls bereits ein Fossil ist: dem SO42P, einem Gilbertzellen-Mischer.


Die Ferritantenne Antenne für 136/472kHz habe ich hier beschrieben. Mit dem Zusatzkondensator läuft sie nun auch auf 17.2kHz und ist dabei wesentlich ruhiger als eine elektrische Aktivantenne.