Dienstag, 6. November 2018

Der Dazwischenfunker



Gestern habe ich in der NZZ einen Artikel gelesen über einen Amateurfunker, der dazwischen funkt. Nicht irgendwo, sondern auf einem Relais. Ein Präsident hat ihn verklagt und der Dazwischenfunker musste vor Gericht.
Er werde von hundert Amateuren  verfolgt, erklärte der Zwischenfunker - eine wahre Hetzjagd.
Doch die Richterin fand das Dazwischenfunken nicht so schlimm und sprach ihn frei. Als ich Armin am Telefon darüber berichtete, war er ganz aus dem Häuschen:

"Mir ist es genau gleich ergangen", meinte er. "Ich habe auch mal dazwischen gefunkt und seither werde ich von Amateuren verfolgt. Ich kann deswegen die Anstalt nicht mehr verlassen, sie stehen an jeder Straßenecke und beobachten mich. Sogar draußen vor dem Gebäude lungert einer rum."

"Das ist schlimm", musste ich ihm beipflichten. "Vielleicht sollte der arme Kerl auch zu dir in die Anstalt kommen. Da wäre er in Sicherheit."

"Unbedingt. Und dann hat ihn noch ein Präsident verklagt. War es etwa Präsident Jackson?"

"Nein, es war vermutlich ein Relaispräsident. In der NZZ hieß es nur Vereinspräsident."

"Aha Relais! Darum also. Hätte er sonstwo zwischengefunkt, hätte man bloß den Kopf geschüttelt. Aber Relais sind heilig. Was hat er denn dazwischengefunkt?"

"Dass er gegen 9/11 und gegen das Impfen sei und solche Dinge, stand in der NZZ. Geht sowas schon unter Terrorismus oder ist es noch Meinungsfreiheit?"

"Offenbar hatte er nicht die Meinung der anderen. Das wird oft als Nötigung empfunden."

"Genau das war der Punkt. Der Präsident beschuldigte ihn der Nötigung. Er habe den anderen Amateuren das Funken verleidet und die hätten deshalb ihr Hobby an den Nagel gehängt."

"Das ist ja verrückt. Hat der denn überall zwischengefunkt? Konnten die den nicht anstelle des Hobbys eine Antenne an den Nagel hängen und auf anderen Frequenzen funken?"

"Das weiß ich nicht. Vielleicht gibt es dort, wo die zuhause sind nur Relais und keine anderen Frequenzen."

"Ich werde morgen mit unserem Direktor sprechen. Vielleicht kann er dafür sorgen, dass er zu uns in die Anstalt kommt, dann wäre er in Sicherheit. Hier könnte er auch in geschützter Umgebung zwischenfunken..."

"...ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, Armin. Der Mann ist invalid..."

Doch Armin ließ sich nicht mehr bremsen und redete sich in Rage:

"...das sind wir alle hier. Wir sind invalid im Kopf. Angeblich. Dabei sind wir doch die einzig normalen Menschen. Meinst du ich lese keine Zeitungen und schnappe nicht auf, was draußen so läuft. Ich bin dafür, dass wir auf allen Relaisstationen einen Zwischenfunktag einführen. Ich werde dem Relaiskönig mal schreiben und diesen Vorschlag machen."

Dieses Gespräch hat mich doch sehr verunsichert. Ist die Ausbildung zum HB3er wirklich erstrebenswert? Vielleicht sollte ich ein anderes Hobby wählen?


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