Donnerstag, 11. Oktober 2018

Bienchen baut eine EMP-Kanone



Gestern schaute ich kurz bei Bienchen vorbei. Sie war daran, auf ihrer Terrasse eine Art Kunstwerk zu errichten. Es sah aus wie Science Fiction. Eine riesige Spule, fast so groß wie ich selbst und auch so dick wie ich nach drei Tellern Spaghetti. Darauf hatte sie eine jener glänzenden Kugel gestellt, die man im Gartencenter zur Dekoration kaufen kann. Diese sehen aus, als wären sie aus Metall, aber innen müssen sie ihrem Gewicht nach hohl sein.

"Hallo Bienchen, das sieht ja cool aus, was du da gebaut hast. Was soll es denn darstellen?"

Sie legte ihren Kopf etwas schräg, als sie mich ansah, und schien zu überlegen, was sie mir sagen sollte.

"Es ist ein Experiment", sagte sie nach einigem Zögern.

"Eine Maschine? Was wirst du damit tun?"

"Es ist...naja...es ist eine Kanone."

"Du willst mit dieser Metallkugel schießen? Hoffentlich geht das nicht schief. Hast du denn eine Genehmigung dazu?"

Um Genehmigungen hatte ich mich zwar selbst nie groß gekümmert. Aber irgendetwas musste ich ja dazu sagen. Bienchen hatte nicht alle Tassen im Schrank - ich glaube, das hatte ich bereits hier im Blog erwähnt. Und die fehlenden Tassen konnten manchmal ziemlich "komplizierte" Auswirkungen haben.

"Die Kugel bleibt wo sie ist, keine Sorge. Das, was du hier siehst, ist eine EMP-Kanone, früher auch Tesla-Transformator genannt."

"Ich wusste gar nicht, dass Tesla nicht nur Autos sondern auch Kanonen baut."

"Das hat absolut nichts mit dem Tesla-Auto zu tun. Das macht ja der Elon Musk, Nikola Tesla selbst ist schon lange Geschichte, genauso wie dein Guglielmo Marconi, von dem du immer träumst. Und diesen Tesla-Transformator habe ich selbst gebaut. Sowas kann man nicht kaufen - zumindest nicht in dieser Größenordnung. Das wäre wohl zu gefährlich für das gewöhnliche Publikum."

"Ui, dann habe ich mich also nicht getäuscht und dieses Teil ist echt gefährlich. EMP bedeutet doch Elektromagnetischer Puls, nicht wahr? Auf wen oder was willst du denn damit schiessen?"

"Auf diese verdammte Drohne, die in meinem Garten rumspioniert und die Vögel verscheucht. Sie kommt von dort drüben!" Bienchen zeigte auf das übernächste Haus, einen hässlichen Betonklotz, etwa 100m entfernt. Vielleicht auch 50m, im Schätzen war ich nie besonders gut.

"Hast du schon mit dem Besitzer gesprochen? Die meisten Probleme lassen sich auf dem diplomatischen Weg lösen. Da brauchts es doch keine Kanonen."

"Wenn du Zeitung lesen würdest, wüsstest du, dass das nicht stimmt. Es ist ein rotzfrecher Bengel, und sein Vater lässt ihn machen, was er will. Da ist jedes Wort für die Katz. Ich habs versucht und mit seinem Vater gesprochen, doch ich hätte das geradeso gut mit einem Ölgötzen tun können. Er hat nur gelacht und als er dachte, ich würde nicht hinsehen, machte er die Schraube - du weisst schon. Der Junge fährt sogar mit dem Auto ins Dorf, dabei ist er erst fünfzehn und hat bestimmt keinen Führerschein."

Ich zuckte die Schultern. "Das finde ich jetzt nicht so schlimm. Ich habe zurzeit auch keinen und fahre trotzdem zu Armin in die Anstalt."

"Was hast du denn mit dem Führerschein gemacht?"

"Gar nichts, die Polizei verwahrt ihn zurzeit für mich. Aber ich habe ja eine Kopie davon auf dem Handy."

"Wohl zu schnell gefahren", brummelte Bienchen und schüttelte den Kopf. Dann reckte sie ihren Zeigefinger nochmal in Richtung Nachbarhaus und erklärte: "Wenn die Drohne nochmals erscheint, dann rummst es."

"Wenn das nur gut geht. Mit einem Elektromagnetischen Puls ist nicht zu spaßen. Du könntest die gesamte Elektronik in der Nachbarschaft lahm legen. Das wäre wie eine kleine Apokalypse. Ich habe mal darüber gelesen. Das gleiche passiert, wenn eine Atombombe explodiert."

Bienchen schen nach diesen Worten tatsächlich ins Grübeln zu kommen. Sie drehte eine Runde nach der anderen um den Tesla-Transformator und murmelte dazu unverständliche Worte. Plötzlich hielt sie inne und fixierte die glänzende Kugel auf der Spule.

"Vielleicht versuch ich es erstmal mit leichterem Geschütz", meinte sie. "Wenn ich bei meinem Mikrowellenofen die Sperren überbrücke und die Tür abmontiere, ist das schon eine anständige elektromagnetische Kanone. Das Teil bringt 800 Watt und wenn ich mit der offenen Seite auf die Drohne ziele, macht die bestimmt den Schirm zu."

"Ist das nicht gefährlich? Bei mir ist schon mal ein Käseauflauf explodiert. Das gab eine Riesenschweinerei. Wenn die Drohne explodiert, könnten die Trümmer überall einschlagen."

"Sie wird nicht explodieren. Aber der Funkempfänger in der Drohne wird wahrscheinlich durch das extrem starke Signal der Mikrowelle zugepflastert und gibt den Geist auf. Absturz. Aus die Maus. Ist ja im gleichen Frequenzband."

Eigentlich hatte ich sie noch etwas über den Präsident Jackson fragen wollen, aber ihre momentane Laune versprach keine verwertbaren Antworten. Außerdem war es besser, wenn ich nach Hause ging und dem Präsidenten den Stecker zog. Ein EMP würde ihm sicher auch nicht gut tun.




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