Samstag, 20. März 2021

Schräge Polarisation

 


Ein Blindenstock (typ. weisse Vertikalantenne) ist die ideale Antenne für Ortsrunden und den Funk über die nächsten Relaisstationen. Wer es gerne weniger auffällig mag, kann auch eine Mobilantenne einsetzen. Wenn sie schwarz ist, ist sie für das ungeübte Antennenauge fast nicht auszumachen.

Leider haben die weitverbreiteten VHF/UHF Rundstrahler vier Nachteile: 

Sie sind vertikal polarisiert und haben gegenüber den horizontalen Antennen, die für den Weitverkehr in SSB auf 2m und 70cm verwendet werden, ein Handikap von ca. -20dB. Soviel kann die Polarisationsdämpfung betragen, wenn die Polarisation der Funkpartner unterschiedlich ist. Schon eine simple HB9CV eröffnet dem staunenden Blindenstock-Funker eine neue Welt, wenn er sie in die Horizontale legt.

Zweitens liegt es in ihrer Natur der Rundstrahler, dass sie aus allen Richtungen empfangen - leider auch Störungen. Zum Beispiel vom Computer des Nachbars oder vom nahen Pager-Sender im 147 MHz Band.

Drittens neigen sie zu Mehrwegempfang, der sich - besonders in FM - in einer kratzenden, krächzenden bis unverständlichen Modulation äussern kann. Besonders im Alpenvorland, wo es an unterschiedlichen Reflexionspunkten nicht mangelt.

Viertens: Wald ist Gift für den Blindenstock. Wer durch den Wald funkt - funken muss - verliert nochmal kräftig. Hier wird von -40dB auf einer 4km Strecke berichtet. Wobei die horizontal polarisierte Antenne -12dB im Wald liegen liess und die zirkular Polarisierte nur -3dB.

Eigentlich gäbe es noch einen fünften Nachteil, den ominösen Brewster-Winkel. Aber in der Regel sind die Antennen hoch genug montiert, um dessen Einfluss nicht zu spüren. Der Brewster-Winkel ist mehr für Kurzwellen Antennen relevant und sorgt dafür, dass 10-20m Vertikalantenennen über Sand und dem Häusermeer grottenschlecht sind und Vertikalantennen am Meer unschlagbar.

Wer mehr über dieses und andere Phänomen der Wellenausbreitung lesen möchte, dem kann ich diese Zusammenfassung der TU Ilmenau empfehlen. Und wer sich ganz besonders für den Brewster-Winkel interessiert, kann sich die Vorlesungen von Prof. Rene Matzdorf von der Uni Kassel reinziehen. 



 Wohnt man in den Alpen - zum Beispiel dort, wo diese Klapsmühle hier bald hinziehen wird - werden die Ausbreitungsprobleme für den Funker nochmal auf einen höheren Level gehoben. Direkt kommt auf VHF/UHF nichts rein, es sei denn, ein OM fahre zufällig durchs Alpendorf. Alles Gute kommt von den nahen Berggipfeln. Da ist Mehrwegempfang mit entsprechenden Verzerrungen vorprogrammiert. Auch die Polarisation der Signale ist nicht eindeutig und wechselt zuweilen zur Freude des Fading und zur Verwirrung des Operateurs. Wie ich feststellen konnte, kommen viele Signale schräg rein. Das heisst: zwar linear polarisiert, aber weder eindeutig vertikal noch horizontal. Oft erzielt man das beste Resultat, wenn man die Antenne etwas schräg stellt. 

Ein Phänomen, das nicht ganz unbekannt ist. Im Englischen spricht man von "Slant Polarisation". Aber es gibt leider nur wenige Studien oder Berichte darüber. Nachgesagt wird der "schrägen Polarisation", dass die ankommenden Signale weniger Fading aufweisen. Ein weiteres interessantes Projekt wartet nächstes Jahr auf mich :-)


 


Dienstag, 16. März 2021

Aus für Esoterik-Sender




Im Dezember hatte ich hier im Blog über seltsame Störungen im 2m Band berichtet. Esoterik-Sender hatten sich rund um die Frequenz 144.015 MHz versammelt um Wasser glücklich zu machen und die Körpersäfte von Patienten zu stimulieren.

Passiert ist bisher nichts. Nach wie vor veranstalten diese Geräte ihr fröhliches Pfeifkonzert. Während ich diese Zeilen schreibe, läuft bei mir der Wasserfall auf 144.015 +/- einige Kilohertz. Die Signale der Therapie-Geräte sind leicht von anderen Störungen zu unterscheiden, Die Träger schwanken leicht, da das wechselnde SWR der Sonden auf die Oszillatoren rückwirkt. Gleichzeitig schwankt die Signalstärke, wenn der Operateur mit der Handantenne zu Werke ist. 

Doch nun hat sich die Presse dieser Angelegenheit angenommen. Denn die Deutschen Behörden haben diese Geräte verboten, die meist aus der Schweiz stammen,  und das Schweizer BAKOM informiert.

Das BAKOM scheint aber noch nicht so richtig in die Gänge zu kommen und wiegelt ab, wie aus dem Artikel in Watson zu entnehmen ist. Es laufe ein Verfahren und man sei "dran". Ist halt in erster Linie ein politischer Verein, und die Messspezialisten sind rar und wahrscheinlich mit Powerline und anderem Unfug ausgelastet. Da haben die Quacksalber nochmal Schwein gehabt, dass sie nicht zuoberst auf der Prioritätenliste stehen. Hätten sie ihren Schabernack im Flugfunkbereich abgezogen, wären sie schon längst hops gegangen 

Mit Interesse habe ich dem Artikel entnommen, dass wir  mit unseren Sendeversuchen eine Diskrepanz im Aether auslösen und an der Amateurkrankheit leiden. Zukünftige Forschungen würden das beweisen. 

Was mich betrifft, so leide ich schon sehr lange an der Amateurkrankheit. Glücklicherweise habe ich genügend Hochfrequenz, um mich immer wieder zu kurieren.    

Wenn ich die Vielzahl der Signale sehe, so müsste aber nicht nur ein einziges Verfahren laufen, es müssten hunderte sein. Und die Messwagen müssten fleissig in der Gegend rumkurven. 

Danke Willi für den Tipp!

    

Montag, 15. März 2021

Der Malachite - ein genialer SDR-Empfänger

 


Der Malachit ist ein hübscher Stein, der einem kleinen portablen SDR-Empfänger aus Russland seinen Namen geliehen hat. Das kleine Gerät empfängt von 50 kHz bis 200 MHz und ist sogar bis 2 GHz erweiterbar. Es verfügt über einen Bildschirm mit Spektrum- und Wasserfall-Anzeige und kann alle gängigen Betriebsarten und Bandbreiten. Ein Akku ist ebenfalls eingebaut. Die Bedienung erfolgt über den Bildschirm und zwei Regler für die Lautstärke und die Frequenzeinstellung. 

Der Malachite ist also eine kleine, Eier legende Wollmilchsau. 

Kein Wunder wurde diese von den Chinesen geklont. Es gibt sie inzwischen auf allen einschlägigen Portalen wie Ebay, Banggood und Alibaba in allen Varianten und Farben. Dicker und dünner, mit kleinen und grossen Reglern und Lautsprechern aller Provenienz.

Oft liegt eine kleine Teleskopantenne bei, die man an die SMA-Buchse schrauben kann. Und das ist denn auch eine der grössten Schwachstellen des Teils. Im VHF-Bereich kann man damit zwar empfangen, doch auf Kurzwelle ist das Gerätchen mit der Teleskop-Antenne scheinbar taub wie ein Stein. Nur wenn die Stationsantenne angeschlossen wird, erwacht der Empfänger zum Leben.

Doch dem Malachite mangelt es keineswegs an Empfindlichkeit. Das Problem liegt an der Anpassung. Der Empfänger verfügt über einen 50 Ohm Eingang und die kleine Teleskopantenne ist im KW-Bereich extrem kapazitiv mit einem winzigen Realanteil. 

Jeder Stationsempfänger würde verstockt reagieren, wenn man einfach eine kleine Teleskopantenne in seine Antennenbuchse stecken würde. 




 




Samstag, 13. März 2021

Der helle Wahnsinn: Morsen lernen mit Affenhirn

 


Nie war es leichter, seine Morsekenntnisse aufzufrischen und zu trainieren als heute. Man braucht dazu lediglich ein Affenhirn.  Man muss den gehörten Text auch nicht niederschreiben. Dazu gibt es ein Textbuch. 

Gemorstes aufzuschreiben ist sowieso nicht State of the Art. Es sei denn, man sei Schiffsfunker und der Käpt'n verlange nach dem Telegramm oder dem Wetterbericht. Aber das war gestern. Heute genügt es, sich entspannt zurückzulehnen und den Zeichen der Gegenstation zu lauschen. Nur was ins Log gehört, kommt aufs Papier. 

Ja, genau! Papier. Logprogramme sind zwar praktisch, aber ich bevorzuge das nostalgische Logbuch, wie es von den meisten Amateurfunk-Vereinen angeboten wird, die etwas auf sich halten. Wir starren ja schon eh viel zu viel auf Computerschirme. 

Da schau ich lieber mal aufs S-Meter. Ein Instrument, das manchmal als Schätzeisen belächelt, oder mit einem nonchalanten Five-Nine übergangen wird. Dabei sind die S-Meter der modernen Transceiver gar nicht mal so schlecht. Der Wert S9 ist oft nicht weit weg von den 50uV am Empfängereingang, wie es sein sollte. Und auch die Werte oberhalb S9 sind oft stimmig. Nur darunter hapert es. Eigentlich sollte eine S-Stufe 6dB entsprechen. Doch bei den japanischen Transceivern liegen in der Regel etwa ca. 3dB zwischen den S-Stufen. 

Was mich immer wieder erstaunt, sind die grossen Differenzen zwischen den Signalen von Stationen, die aus der gleichen Region kommen. Da kommt die eine Station aus der Gegend von Zürich im 80m Band mit satten S9 plus 20dB rein und eine andere aus der gleichen Gegend bloss mit S9. 

Natürlich schwanken die Ausbreitungsbedingungen dauernd. Die Ionosphäre ist ja nicht einfach ein homogener Spiegel. Aber das zeigt doch, wie unterschiedlich die Wirkung unserer Antennen ist. 20dB ist immerhin der Unterschied zwischen 1W und 100W Sendeleistung.

Im 80 und 160m Band sind unserer Antennen in der Regel irgendwie aufgespannte Drähte. Meistens so niedrig, dass sie die Wellen wie ein Springbrunnen geradewegs in den Himmel pusten. Nur ein geringer Teil der Strahlung wird so flach abgestrahlt, dass mit weiten Sprüngen über die Ionosphäre das begehrte DX erreicht werden kann. Die DXer auf diesen Bändern setzen darum gerne auf Vertikalantennen, die mehr Flach- als Steilstrahlung liefern. 

Wer allerdings meint, mit seinem vertikalen 10m Stängel in lokalen 80 oder 160m Runden mitmischen zu können, ist auf dem Holzweg. Auch wenn der automatische Tuner den auf den Fiberglasmast geklebten Draht anpassen kann. Der Aethergott sitzt in diesem Fall auf dem Springbrunnen und die Ionosphäre direkt über dem Kopf des Operateurs bekommt kaum einen Spritzer ab. Auch das kann ein Grund dafür sein, dass das S-Meter kaum vom Fleck kommt.

Doch was erzähl ich da. Das weiss jeder Funker, dem das Prüfungswissen nicht von der schleichenden Demenz aus der organischen Festplatte gelöscht wurde.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass unsere Antennen oft viel schlechter sind, als wir glauben wollen. Unsere Aetherwellen "versickern" nur zu gerne im Boden und erwärmen die Würmer. Das dürfte auch zu den Erfolgsgeheimnissen der "Wunderantennen" gehören. Der 0815-Dipol zwischen den Häusern und Leitungen und über undefinierbarem Grund ist eine zweifelhafte Vergleichsantenne. Trotz allen hübschen Antennen-Simulationen.       

   

Montag, 8. März 2021

Der Proximity Effekt und andere seltsame Dinge

 


Die HF-Technik ist voller Mysterien. Ihnen auf den Grund zu gehen, ist eine spannende Beschäftigung. Ihr habt euch sicher auch schon gefragt, wieso unsere Koaxialkabel 50 Ohm und demzufolge auch unsere Transceiver einen 50 Ohm Ausgang haben. Nicht etwa 75, wie in der Sat-Technik, oder 60 Ohm wie früher bei den TV-Kabeln. 

Um es gerade vorweg zu nehmen: das ist kein Zufall. Maximale Leistung kann  bei 30 Ohm Kabelimpedanz übertragen werden. Geringste Dämpfung haben Kabel mit 77 Ohm Impedanz. 50 Ohm war ein Kompromiss für Kabel, die auch Sendeleistung übertragen müssen. Beim Satelliten TV, wo das keine Rolle spielt, wählte man dagegen 75 Ohm. Im Detail erklärt das Ruedi HB9LCD auf seiner interessanten Webseite.

Aber es gibt auch Koaxialkabel mit anderen Impedanzen für Spezialzwecke. Zum Beispiel das 93 Ohm Kabel RG-62,  oder das RG-316/25 mit 25 Ohm Impedanz.

Eine weitere spannende Frage ist: "Wieso weist eine Zweidraht-Leitung (Hühnerleiter) weniger Verluste auf, als ein gleich langes Koaxialkabel?

Auch dieses Mysterium ist keines mehr, wenn man sich an das Gesetz von Ohm erinnert (U=R x I). Da eine Zweidrahtleitung eine höhere Impedanz als ein Koaxialkabel hat (z.B. 450 oder 600 Ohm) fliesst in der Zweidrahtleitung weniger Strom. Dafür muss die Eingangs/Ausgangs-Spannung bei der Zweidrahtleitung höher sein, um die gleiche Leistung wie beim Koax zu übertragen. Weniger Strom = weniger Spannungsabfall auf der Leitung, und Folge dessen auch weniger Leistungsverlust (P=U^2/R). 

Darum hat auch ein schlechtes SWR auf der Zweidrahtleitung keine eine so dramatische Auswirkung wie beim Koaxkabel. Aber das ist wieder ein Kapitel für sich.

Wie ihr sicher bemerkt habt, habe ich dem Blog eine Liste mit nützlichen Online-Rechnern und interessanten Blogs hinzugefügt. Die Online-Rechner ersparen die Formelsuche und den Taschenrechner und man findet auch Antworten auf Fragen, die nicht so leicht zu finden sind: Zum Beispiel einen Proximity-Effekt Rechner. Fliessen in zwei nebeneinander liegenden Leitern Ströme, so verdrängen sie sich gegenseitig. Je geringer der Leiterabstand, desto heftiger. Besonders lästig wird dieser Effekt bei Hochfrequenzströmen, da man dort schon mit dem Skineffekt zu kämpfen hat. Ein Effekt, den man als Funker z.B. in Spulen oder ganz speziell in mehrkreisigen Magnetloop Antennen beachten muss. 

Diese und andere nützliche Tools findet man jetzt, alphabetisch geordnet, in der rechten Seitenspalte dieses Blogs.

Bei der Auswahl der Webseiten anderer Funkamateure, waren deren Vielfalt und Nützlichkeit für die Praxis Auswahlkriterien. Ich werde die Liste von Zeit zu Zeit aktualisieren. 

Bild: Ein Bauern-Panzer?