Für Alpental-Funker, Prepper und Notfall-Amateure stellt sich die Frage: wie komme ich über den Berg ins nächste Tal, wenn das Relais auf dem Hügel schlapp macht?
Natürlich mit der guten alten Kurzwelle! Für das gibt es über unseren Köpfen dieses unsichtbare Gebilde, das man die Ionosphäre nennt. Sie reflektiert auch steil einfallende Wellen, wenn ihre Frequenzen nur tief genug sind. Man muss bloss darauf achten, dass die Antenne wie ein Springbrunnen strahlt. Alles hoch, nix flach. Also das pure Gegenteil vom dem, was der DX-Funker tut.
Dass dazu ein Dipol nicht höher als 0.25 Wellenlängen sein sollte, und seine optimale Höhe für NVIS zwischen 0.1 und 0.25 Lambda liegen sollte, ist uns Springbrunnen-Funkern. bekannt. Auch dass Vertikalantennen für NVIS ungeeignet sind.
Aber es gibt Fragen, die sind nicht so einfach zu beantworten. Unter anderen:
- Welches Band ist wann am besten für NVIS geeignet?
Die Senkrechtgrenzfrequenz, also die Frequenz, die gerade noch von der Iononosphäre bei senkrechtem Einfall reflektiert wird, schwankt im Tages und Jahresverlauf sehr stark. In einer Winternacht kann sie unterhalb 3.5 MHz liegen, sodass eine NVIS-Verbindung nur noch im 160m Band möglich ist. Im Sommer, speziell in Jahren hoher Sonnenaktivität, kann sie über 10 MHz steigen.
Zwei Quellen aus dem Internet können uns dabei helfen, das richtige Band auszuwählen: zuerst einmal das Ionogram einer nahen Ionosonde. Hier in Mitteleuropa sind das u.a. Dourbes, Juliusruh und Pruhonice. Sie benutzen alle die gleiche Darstellung. Für mehr südlich gelegene Standorte ist auch Rom eine gute Referenz. Der Wert, der für NVIS massgeblich ist, also die Senkrechtgrenzfrequenz heisst f0F2. Sie steht bei den drei erstgenannten Stationen ganz links oben und bei der Station in Rom oben rechts.
Mit diesem einen Wert ist der Kuchen aber noch nicht gegessen. Unter der F2 Schicht in 250 bis 400km Höhe gibt es tagsüber noch die F1-Schicht in ca. 200km Höhe. Weiter unten, zwischen 110 und 130km fristet die reguläre E-Schicht ihr Dasein. Sie ist nur tagsüber vorhanden und reflektiert vor allem Frequenzen unterhalb 4 MHz. Um die Mittagszeit ist sie am stärksten und nach Sonnenuntergang verschwindet sie. Auch die sporadischen E-Schichten, die im Frühsommer auftauchen und Signale bis in den VHF-Bereich reflektieren können, befinden sich in dieser Höhe. In 70 bis 90km Höhe findet man schliesslich noch die D-Schicht. Auch diese verschwindet in der Nacht. Doch anstatt die Radiowellen zu reflektieren, dämpft sie die. Je tiefer die Frequenz, desto mehr. Darum hörte man tagsüber nur nahe Mittelwellensender, als es diese noch gab. Und darum sind 160 und 80m für NVIS-Verbindungen tagsüber oft keine gute Wahl. Vor allem nicht im Sommer.
Doch wie weit kann man mit NVIS funken?
Das hängt einerseits vom Abstrahlwinkel ab. Und andererseits von der Höhe der reflektierenden Schicht. Der mögliche Abstrahlwinkel aus einem Tal kann trigonometrisch ermittelt werden. Der Tangens dieses Winkels errechnet sich mit Gegenkathete/Ankathete des folgenden Dreiecks: Die Gegenkathete des Dreiecks ist die Höhe des Berges, der im Wege steht, die Ankathete die Distanz bis zum Berg. Und die Hypotenuse logischerweise die Sichtlinie der Antenne auf den Gipfel.
Und die Distanz, die ein erster Sprung der Wellen mit Reflexion an der F-Schicht zurücklegen kann, errechnet sich dann mit
D = hf2/Tangens
hf2 ist die Höhe der F2 Schicht und kann aus dem Ionogramm gelesen werden.
Reflektiert unser Signal bereits an der E-Schicht, was tagsüber je nach Frequenz gut möglich ist, ist die Sprungdistanz wegen der geringeren Schichthöhe entsprechend kürzer. Darum geht es tagsüber im 80m Band nicht so weit wie nachts. Und um die Mittagszeit, wenn die Dämpfung der D-Schicht am grössten ist, sind die Signale auf 80m nur noch schwach oder gar nicht mehr da. Im 160m Band ist dieser Effekt noch ausgeprägter.
Hier findet man eine Weltkarte mit allen Digisonden, und wer mehr über Ionogramme und deren Interpretation wissen möchte, findet hier eine Erklärung in Deutsch.
Nützliche Informationen sind aber auch bei den militärischen Nutzern der NVIS-Technik zu finden. Wurden doch Kurzwellenverbindungen über kurze Distanzen im Verlaufe des zweiten Weltkriegs vom Militär "erfunden". Heute wird in den meisten Armeen der Welt NVIS im Bereich von 2 bis 10 MHz eingesetzt, wenn die zu überbrückende Distanz die VHF-Reichweite überschreitet. Um den Funkern ihre Aufgabe zu erleichtern, werden dazu Frequenzprognosen erstellt. Hier geht's zu den monatlichen Prognosen der Schweizer Armee.
Hier gibt's auch eine schöne Übersicht:
AntwortenLöschenhttps://www.ionosonde.iap-kborn.de/actuellz.htm#muf