Icom's erster Allmode Mobiltransceiver auf dem europäischen Markt war der IC-245E. Er erschien Ende der Siebzigerjahre. Ein Gerät in Kubus-Form. Er wurde nicht nur als Mobiltransceiver, sondern auch als Heimstation eingesetzt. Anstelle der grösseren und teureren IC-201 und IC-211, die als Heimstationen konzipiert waren. Einige Exemplare des IC-245 sind heute noch in Betrieb.
Darauf folgte der IC-260 ein paar Jahre später. Seine Gehäuseform gleicht bereits modernen Mobilgeräten und natürlich der grossen Masse an CB-Transceivern aus der damaligen Zeit. SMD-Technik war damals noch Zukunftsmusik und die Komponenten waren damals noch bedrahtet (mit Drähten versehen) und die Leiterplatten wurden von Hand gelötet. Integrierte Schaltungen wurden wo möglich eingesetzt, doch die Integrationsdichte war im Vergleich zu heute gering. Die Handarbeit machte die Geräte vergleichsweise teuer. Erst die Bestückung mittels Roboter und das Löten mit Reflow-Verfahren machten sie so günstig wie sie heute sind. Ohne diesen technischen Fortschritt würde heute z.B. ein IC-7300 fünftausend Franken oder Euro kosten.
Kürzlich habe ich ein Icom IC-260 im Internet ersteigert und das Teil liegt nun auf meiner Werkbank. Occasionsgeräte auf einer Internet-Plattform zu kaufen, ist immer ein grosses Risiko. Genauso wie auf dem Flohmarkt. Auch wenn ein Verkäufer kürzlich geschrieben hat, man solle ihm bitte keinen Preisvorschlag schicken, Ricardo sei schliesslich kein Flohmarkt. Blödsinn, natürlich sind Ebay, Ricardo und Konsorten Flohmärkte!
Ich habe noch selten ein gebrauchtes Funkgerät erstanden, das vollständig in Ordnung war. Irgendeine Macke haben sie alle. Man muss also bereit sein, das Gerät selbst zu reparieren oder den Kaufpreis abzuschreiben. Ich erinnere mich zum Beispiel an kaputte Antennentuner in den Icom IC-737 und IC-738. An defekte Anzeigen und Treiber im IC-7400 und an vollständig blockierte Drehknöpfe für die Frequenzeinstellung. Manche Geräte kamen daher, als hätte sie eine Kuh im Maul gehabt. Dreck von Jahrzehnten ungewaschener Hände. Andere wiesen versteckte Defekte auf und stellten ihren Betrieb nach ein paar Stunden ein. Ist mir aber auch schon passiert. Viele Geräte liegen ja Jahre lang rum. Standschäden.
Beim IC-260 hatte ich Glück. Das Gerät ist in einem erstaunlich guten Zustand und sehr sauber. Man sieht, es wurde pfleglich behandelt - oder wenig gebraucht. Auf jeden Fall nicht in einem Auto zu Tode geschüttelt. Zwar kam es ohne Mikrofon - wie man aus der Ausschreibung erraten konnte. Dafür mit einem schönen Manual inklusive Schema und Platinen Layout. Ein Service-Manual zum IC-260 gibt es übrigens nicht. Da hilft alles Suchen im Web nix. Es wurde nie eins zu diesem Gerät geschrieben. Erst sein Nachfolger, der IC-290 erhielt wieder ein Service-Manual.
Mitgeliefert wurde ein aktuelles Messprotokoll. Eine Rarität, bzw. für mich ein Novum. Und in der Tat ist das Teil funktionsfähig und braucht im Prinzip lediglich einen Check-up und einen Neuabgleich des Referenz- und des Seitenbandoszillators. Etwas, das ohne gute Messgeräte nicht so einfach möglich ist. Zumal man noch das richtige Vorgehen, mangels Service-Handbuch, aus dem Schema herausfinden muss.
Für Bastler gibt es hier zwar einen Trick, den ich euch verraten werde: ein genauer KW-Transceiver, in meinem Fall der IC-7300 bekommt als Antenne eine kleine Koppelschleife. Diese wird dann in die Nähe der Oszillatorschaltung gebracht, um damit auf KW die Oszillatorfrequenz zu empfangen. Mit der Hilfe eines Audio-Spektrum-Programs auf einem angeschlossenen Computers kann dann die Frequenz aufs Hertz genau eingestellt werden. Ohne Frequenzzähler, hi.
Wer sich nicht in der Schaltungstechnik auskennt, ist kaum in der Lage, alte Funkgeräte wieder in Schuss zu bringen. Dazu braucht es auch etwas Labor-Equipment. Sonst ist die Lage hoffnungslos. Alte Geräte befinden sich am Ende ihrer Lebenskurve. Auch wenn sie noch funktionieren, sind Fehler viel wahrscheinlicher als bei Neugeräten. Besonders bei jenen vor der SMD-Ära. Wer nicht reparieren kann oder keine kompetenten Freunde hat, dem bleibt nur die Entsorgung. Reparaturgeschäfte, sofern man sie überhaupt finden, haben hohe Stundensätze und die Fehlersuche ist vielfach eine langwierige Angelegenheit. Besonders bei sporadisch auftauchenden Fehlern. Hinzu kommt, dass viele Ersatzteile nicht mehr erhältlich sind.
Darum habe ich zum Teil Mühe, die Mondpreise zu verstehen, die manche Verkäufer für ihr altes Zeug verlangen. Wieso sollte ich für einen alten KW-Transceiver acht und mehr Hunis hinlegen, wenn ich für ein paar Hunderter mehr ein neues Gerät bekomme? Mit Garantie, notabene.
Bei den KW-Transceivern gibt es noch einen weiteren Grund, der gegen ältere Geräte spricht: Quarzfilter als Zubehör. Mache ich gerne CW, möchte ich entsprechende Filter. Kein Problem bei neuen SDR-Geräten. Dort sind sie standardmässig "eingebaut". Bei den Veteranen muss ich eines oder mehrere zusätzliche Quarzfilter kaufen. Oft sind diese sauteuer und kaum mehr erhältlich. Es gibt sogar "Oldtimer", die noch in Produktion sind und dieses Problem haben: FT-817 und FT-818 von Yaesu. Bei den Autos würde man sie wohl als Newtimer bezeichnen. Eine Anomalie, die nicht gerade Vertrauen erweckend ist.
Doch zurück zu meinem IC-260:
Mit fehlenden nicht flüchtigen Speichern und ohne CTCSS entspricht das Teil nicht mehr heutigen Ansprüchen. Doch für direkten FM-Verkehr und insbesondere für SSB-Betrieb ist es so gut brauchbar, wie heutige Transceiver. Diese 40 Jahre alten Geräte nehmen es punkto Empfindlichkeit mit jedem modernen 2m Transceiver auf. Ok, die Sendeleistung von mickrigen 10W haut einem nicht gerade aus den Socken. Aber der IC-705, um nur ein Beispiel zu nennen, ist ja im gleichen Spital krank. Und für diese Krankheit gibt es Booster - genannt Endstufen.
Natürlich ist der IC-260 schwer (2.7kg) und gross, doch zuhause spielt das keine Rolle. Dafür besitzt er noch ein "richtiges" S-Meter. übrigens vom gleichen Typ wie es in den alten President CB-Funken eingesetzt wurde (Bis zum President Jackson II). Es ist erstaunlich genau. Im Nachfolger IC-290 musste es einer lächerlichen LED-Zeile weichen. Dieser Nachfolger ist übrigens nur unwesentlich kleiner und leichter.
Doch wieso habe ich diese alte Kiste überhaupt gekauft?
Ehrlich gesagt, ich weiss es selber nicht mehr so genau. Nostalgie? Impulskauf? Der Geruch alter Elektronik? Oder die Lust, wieder einmal in einem Veteranen rumzuwühlen? Vielleicht werde ich es wieder verkaufen, nachdem ich es lange genug angesehen habe.
Als Backup für SSB taugt es nicht ohne weiteres. Denn hier oben im Tal hilft auf Dauer nur Power. Aber dem kann man abhelfen. Irgendwo liegt noch ein 90W Modul von Mitsubishi rum. Auf jeden Fall habe ich ihm bereits ein neues Mikrofon spendiert. Die Icom-Mikrophone mit ihren runden 8-Pin Steckern sind allesamt fast kompatibel - über ein halbes Jahrhundert hinweg bis zum heutigen Tag. Aber ich werde dieses HM-36 etwas modifizieren müssen, um auf den notwendigen Talkpower zu kommen. Das vorliegende IC-260 ist nämlich ziemlich schwach auf der Brust.
Einer, der sich auch intensiv mit dem IC-260 beschäftigt hat, ist DU1FV Ramon wohnt auf den Philippinen und hat ein ziemlich kaputtes 260 wieder zum laufen gebracht. In diesem Land gibt es etwa 7000 Funkamateure und wie man sieht, werden ältere Geräte dort geschätzt und ggf. repariert.
Wie alle Veteranen-Maschinen bedürfen alte Geräte der Pflege und eines regelmässigen Service. Keinem Autoliebhaber käme es in den Sinn, seinen Oldtimer über Jahrzehnte ohne Ölwechsel zu fahren. Passionierte Liebhaber alter Elektronik, die nicht nur fürs Museum sammeln, pflegen ihre Geräte. Manche spenden ihnen auch neue Elkos. Den Ersatz aller Elektrolytkondensatoren im Gerät nennt man "Recaping". Denn Elkos können mit der Zeit schlecht werden. Wärme vertragen sie nicht gut. Befinden sich heisse Komponenten in der Nähe, sinkt ihre Lebensdauer rapide.
Präventiv einfach alle Elkos zu ersetzen, finde ich übertrieben und vor allem gefährlich. Man riskiert dabei, mehr kaputt zu machen als Gutes zu tun. Zwar gab es um die Jahrtausendwende mal die sogenannte Kondensatorseuche, bei der ganze Serien schlechter Elkos produziert wurden. Doch die alten Elkos aus den Siebzigern und den Achtzigern sind qualitativ genau so gut, wie die heutigen. Wurden sie nicht übermässiger Wärme ausgesetzt, funktionieren diese alten Japaner immer noch ausgezeichnet.