Freitag, 28. Januar 2022

Eine 2m Linear für unter 200$

 


Da ich nun eine neue Dummy Load habe, um damit Endstufen zu testen, wird der Wunsch nach einer PA immer stärker. Eine für das 2m Band, denn dort hätte ich gerne ein paar Dezibel mehr, um aus dem Alpental rauszukommen. 

So 400 bis 600 Watt müssten es schon sein, um einen merklichen Unterschied zu den 100 Watt des IC-9700 zu erzeugen. Leider ist mein Hobby-Budget schon stark strapaziert und so bleibt mir wohl nur der Selbstbau.

Doch so eine Linearendstufe für 144 MHz ist nichts, was ein durchschnittlicher OM wie ich, aus dem Ärmel schütteln könnte. Schon die Vorstellung misslungener Versuchsaufbauten, zerplatzter Transistoren und die Entwicklung einer gedruckten Schaltung, treiben mir die Schweissperlen auf die Stirn und bereiten mir sinistre Träume. Unter dem Strich wäre wohl der Kauf einer PA die günstigere Lösung.  

Was tun in der Not der Gedanken? Da hilft heutzutage am besten Google. Was hat man nur früher gemacht, als es das Internet noch nicht gab?

So bin ich denn auf meinen Streifzügen durch die Tiefen des Netzes auf ein unglaubliches Angebot gestossen. Eines, das viel zu schön war, um wahr zu sein: den Bausatz einer 500 Watt Endstufe für etwas über 30$. Und je mehr ich googelte, desto mehr gleichartige Angebote tauchten auf meinem Bildschirm auf. Bei Ebay, bei Alibaba und Aliexpress etc. Angeboten wurde ein Print mit allen notwendigen Bauteilen ausser der beiden Transistoren. Einem komplementären Paar von NXP. MRF300AN und MRF300BN. Die muss man selbst beschaffen. Doch dafür gibt es ja Mouser in München. Dort findet man auch gleich die Datenblätter zu diesen neuen MOSFET. Und die sind recht eindrücklich. 300 Watt Hochfrequenz kann bereits ein einzelner dieses Paars liefern, von 1.8 bis 250 MHz. Dies bei 75% Wirkungsgrad und ohne bei schlechtem SWR zu zerplatzen. NXP liefert nicht nur Versuchsprints für diesen neuen Transistor.  Die Firma hat auch einen öffentlichen Wettbewerb für Schaltungen mit diesen Komponenten ausgeschrieben.

Ein Komplementärpaar MRF300 ist für ca. 90$ zu haben. Je nach Land und Mwst. Rechnet man noch zwei Relais und einen Kühlkörper dazu und einige Teile aus der Bastelkiste, sollte also eine 2m Linear für unter 200$ drin liegen. 

Und so kam es, wie es kommen musste: ich bestellte mir ein Kit aus dem fernen China und ein Transistorpaar von Mouser. Aus München war die Ware blitzartig da, aus China dauerte es etwas länger.

Inzwischen habe ich auch andere OM im Web gefunden, die sich ein solches Set bestellt haben. Sie haben bereits wertvolle Erfahrungen damit gesammelt, von denen ihre Nachfolger profitieren können. Einer davon ist DL5ZA.

Eine erste Inspektion des Bausatzes zeigte typisch chinesische Mängel:

- Eine Beschreibung oder ein Schema fehlte. Man muss sich alles im Internet zusammensuchen.

- Einige Bauteile sind wenig vertrauenserweckend, was das LCR-Meter bestätigt. Von den Teureren hatte es natürlich zu wenig (100pF ATC).

- Das 12.5 Ohm Koaxialkabel war nur ein 25 Ohm Kabel. Mit diesem Online-Rechner war das leicht herauszufinden. Wer nach den Kabellängen sucht: 12cm für die beiden 12.5 Ohm und 17cm für das 50 Ohm Kabel.

-  Wie bereits Reinhard DL5ZA beschreibt, ist das Schema, das man im Internet findet z.T. falsch. Im Gegensatz zum Bestückungsplan. 

- Das Tiefpassfilter auf dem Original-Schaltplan ist nicht für das 2m Band, sondern für das FM-Rundfunkband ausgelegt. 

Nun, diese Fehler kann man ausbügeln. Das Wichtigste ist: der Print ist in Ordnung. Ja, er ist sogar äusserst komfortabel. Denn er enthält auch die Schaltung für ein 7 poliges Tiefpassfilter und eine Stehwellenmessbrücke. Dass die Vorspannung nur für beide Transistoren gemeinsam und nicht einzeln eingestellt werden kann, das kann man verschmerzen. Hier der Print, bereit zum Ausmessen des Tiefpassfilters:


 Die Simulation mit den neuen Werten:

Als erstes habe ich die Werte für ein neues Tiefpassfilter berechnet, wie oben zu sehen. Von den Filterwerten, die Reinhard angibt, muss ich abraten. Sie sind unzureichend. Ich empfehle für die Spulen 3 Windungen auf einen 8.5mm Bohrer und für die beiden äusseren Kondensatoren je 20pF und für die beiden mittleren je 39pF. Glücklicherweise waren diese Werte in meiner Bastelkiste zu finden - sie gehörten zum leichten Gepäck und sind nicht dem Umzug zum Opfer gefallen. 

Auch 12.5 Ohm Kabel gab die Bastelkiste her. Bisher hatte ich die paar Meter Koax für 25 Ohm gehalten. Doch der Online-Rechner von Pasternack klärte diesen Irrtum auf.

Der zweite Schritt nach der Berechnung eines Tiefpassfilters war dessen Bestückung:

 Anschliessen das Ausmessen mit dem Spektrum-Analyzer. Mit leichtem Ziehen und Zusammendrücken der Spule wird das Filter dabei auf minimale Durchlassdämpfung eingestellt (ca. 0.3dB) Die exakten Werte für die Induktivitäten sind: 71.5nH/80.4nH/71.5nH. Mit drei Windungen liegt man irgendwo in der Nähe. Genauer wickeln ist schwierig. Darum die Feinjustierung durch Drücken/Biegen der Spulen.



     Als nächster Schritt wird nun die Platine fertig bestückt und auf einen Kühlkörper montiert.

Fortsetzung folgt.

 

2 Kommentare:

  1. Hallo, PA läuft zur vollsten Zufriedenheit. Das Tiefpassfilter auf der Platine verwende ich nicht mehr. Habe ein externes und das (blaue) Koaxkabel dorthin geschwenkt. Power und SWR messe ich extern. 73 de Reinhard DL5ZA

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  2. Danke lieber Reinhard. Ich war so froh, deine Seite gefunden zu haben. Vielen Dank für die hilfreichen Tipps und 73 de Anton HB9ASB

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