Mittwoch, 27. April 2022

Die NVIS Antenne

 





Nachdem ich hier über die "Geburt" der NVIS im zweiten Weltkrieg berichtet habe, nun die Fortsetzung: 

Nachdem das Militär im zweiten Weltkrieg die Kommunikation via NVIS entdeckt hatte, fand sie in allen nachfolgenden Konflikten Verwendung. Dort wo die Bodenwelle der Kurzwelle am Ende war, musste die Ionosphäre einspringen. Und das war in den tropischen Wäldern Südostasiens schon nach wenigen Kilometern der Fall. Auch VHF reichte in diesem Terrain nicht weit. Schon in unseren Breiten macht sich die Dämpfung durch den Wald deutlich bemerkbar. Insbesondere bei vertikaler Polarisation. Sind doch die Bäume auch vertikal "polarisiert". Doch die tropischen Dschungel mit ihrem dichten und immergrünen Blattwerk setzen den UKW-Wellen noch mehr zu. 

Bei der Kurzwelle kommt in Äquator-Nähe ein hoher atmosphärische Störpegel hinzu , besonders während der Monsunzeit. 

Über den Einsatz und die Technik von NVIS im Militärbereich gibt es viele Studien. Einige sind öffentlich zugängig - sofern man sie in der Tiefe des Internets aufstöbern kann. Das Rad ist also längst erfunden. Wer sich dafür interessiert, wird zum Beispiel im Archiv der NVIS Diskussionsgruppe von Groups.io fündig. 

Für uns Funkamateure, die an NVIS interessiert sind - also an Kurzwellenkontakten über einige 10 bis einige 100km Entfernung - stehen vor allem zwei Fragen im Vordergrund:

1. Welche Frequenzen sind für NVIS geeignet?

2. Welche Antenne soll ich dafür bauen?

Eine Eigenschaft der Kurzwelle ist das Auftreten von toten Zonen. Das ist der Bereich, in dem kein Empfang der Bodenwelle mehr möglich ist und in dem auch die Raumwelle noch nicht die Empfangsantenne erreicht. Allgemein gilt: Je höher die Frequenz, desto grösser die tote Zone. Denn je höher die Frequenz, desto flacher muss die Sendeantenne in die Ionosphäre strahlen, damit noch eine Reflektion stattfindet. Je nach Breitengrad, Tages- und Jahreszeit und Sonnenaktivität variiert die Frequenz, unterhalb der keine tote Zone mehr auftritt. Sie liegt im besten Fall um die 10 MHz, im schlechtesten bei ca. 3 MHz. Damit ist klar, dass für Amateurfunk-NVIS hauptsächlich die Bänder 160, 80, 60 und 40m in Frage kommen. Wer jederzeit NVIS-Verbindungen herstellen möchte (Bespiel Notfunk), muss nicht nur in allen vier Bändern QRV sein, sondern auch den Zustand der Ionosphäre zeitnah überwachen. Zum Beispiel mit dem Beobachten einer Ionogramm-Sonde in der Nähe.

Bei der Antenne gilt grundsätzlich: jede horizontale Antenne weist einen Teil Steilstrahlung auf und ist deshalb NVIS fähig, sofern sie nicht höher als Lambda/4 hängt. Dazu gehören Inverted-L, Dipole und ihre Varianten und auch die Hy-End-Fed- Antenne.

 Vertikalantennen sind Flachstrahler (DX) und deshalb für NVIS ungeeignet.

Doch wie hoch soll ich meinen Dipol aufhängen? 

Auch dazu gibt es viele Studien gescheiter Leute. Aber ein Blick in den Rothammel genügt uns. Für beste NVIS-Strahlung sollte ein Dipol nicht höher hängen als Ein Viertel der Wellenlänge. Hängt der Dipol gar in einer halben Wellenlänge Höhe, mutiert er zu einem DX-Strahler und hat kaum mehr eine brauchbare Steilstrahlung. Zwischen Null und einer Viertel Wellenlänge gibt es immer Steilstrahlung. Allerdings: je näher am Boden, desto heftiger die zusätzlichen Verluste. 

Hängt man einen Mehrbanddipol also in 10m Höhe auf, hat man eine gute NVIS-Antenne für das 80 und 40m Band. Hat man nur einen 10m Mast und spannt die Antenne als umgekehrtes V, büsst man ca. 3dB ein. Das ist meistens verkraftbar. Für das 160m Band sind 10m natürlich viel zu tief und das macht sich deutlich bemerkbar. Dort ist sie ein Notbehelf. 

Inverted L-Antennen haben ihre Tücken. Ist der Horizontalteil zu kurz, <2/3 des Drahts, mutiert er zur Eier legenden Wollmilchsau. Und die gibt es bekanntlich nicht. Die Steilstrahlung geht zurück, die Flachstrahlung legt zu. Und da der L-Strahler kein Dipol ist, braucht er einen gutes Gegengewicht. Sonst muss man noch weitere dB abschreiben.

Fazit: Für SOTA, POTA und seriöse Prepper gehört also mindestens ein 10m Teleskopmast zur Grundausrüstung. Ausser man setzt auf DX. Dann ist eine Vertikal mit ein paar ausgelegten Radials eine gute Wahl. Ein guter Kompromiss für QRPer, mit dem man alle Elevationswinkel abdeckt, ist eine MagLoop. Aber nur für das 40m Band. Die meisten auf dem Markt angebotenen Portabel-Loops sind zu klein und zu inneffizient im 80m Band. Sie strahlen nur noch wenige Prozent der zugeführten HF in den Äther. 

Bild: Der Moléson meinem QTH aus gesehen. SOTA-Berg der leicht zugänglichen Art.    

   

Freitag, 22. April 2022

Tu vas ou

 


Zu unserer lokalen UKW-Runde gehört auch Peter HB9RNS. Peter ist mehr auf dem Wasser zuhause als auf dem Land. Er ist oft auf den drei Seen im Schweizer Mittelland unterwegs. Zusammen mit seiner Freundin Heidi und der Bordkatze Pascha. Damit er immer gut im 2m Band erreichbar ist, funkt er meist über einen seiner beiden "Radio-Hills". So kann ich ihn auch von hier aus dem Alpental immer gut erreichen. Direkt und ohne Relaisstation. 

Nun geht Peter mit seinem Elektroboot auf grosse Fahrt. Das Schiff wurde auf einen Camion verladen und nach Basel transportiert, wo es im Rhein nun wieder Wasser unter dem Kiel hat. Dank seiner Remote Stationen wird er mit uns über UKW in Kontakt bleiben. Aber natürlich werden wir ihn auch direkt über Kurzwelle kontaktieren, den sein Kahn ist bestens ausgerüstet. 

Wo dieses Abenteuer ihn hinführt, wissen wir noch nicht genau. Aber wir verfolgen seine Reise auf seinem Blog und natürlich über Vesselfinder. Denn er hat ein AIS an Bord und so können wir immer genau sehen, wo sich das Schiff gerade aufhält. Damit das klappt, muss man natürlich wissen, wie das Schiff heisst, das man sucht. Sein Name ist "Tu vas ou".

Gute Reise Peter & Crew

Donnerstag, 21. April 2022

Ein Minipaddle aus China

 


Obschon ich selber nur Single-Paddles benutze, habe ich bei AliExpress ein kleines Iambic-Paddle bestellt. Rein aus Neugier. "Können die Chinesen brauchbare Morsetasten bauen?", habe ich mich gefragt.

 Innerhalb drei Wochen war es im Briefkasten. Ein kleines Paddle mit Magnetfüssen, die auf Stahlgehäusen fest haften. Das Teil ist hauptsächlich aus Edelstahl gebaut und macht einen unverwüstlichen Eindruck. Also genau das, was es für den rauen SOTA oder POTA Betrieb braucht.

Trotzdem ist es nur 160 Gramm schwer. Als Besonderheit hat es einen kleinen Schalter. mit dem die Strich/Punkt-Seite invertiert werden kann. Das ist mir kommod, bin ich doch ein "Falschtaster" und gebe die Punkte mit dem Zeigefinger der rechten Hand. Und das kam so: Als ich lernte mit dem Paddle anstelle der Handtaste zu geben, fand ich, dass ich die Punkte besser mit dem Zeigefinger und die Striche leichter mit dem Daumen geben kann. Einmal damit angefangen, ist mir das geblieben. Unumkehrbar. Doch zurück zu dem Chinesen:

Die Rückstellkraft wird bei diesem Paddle nicht mit Federn, sondern mit Magneten erzeugt. Ob und wie sich die Rückstellkraft einstellen lässt, habe ich noch nicht herausgefunden. Aber sie scheint mir gerade richtig für mein Gefühl. Sie beträgt zwischen 20 und 30 Gramm. Die Kontaktabstände lassen sich für beide Paddles individuell einstellen. Mit einem 5.5mm Gabelschlüssel um die Arretierung zu lösen und mit einem 1.5mm Imbus für die Einstellung. Natürlich waren diese Werkzeuge nicht dabei. Auch ein Anschlusskabel mit 3.5mm Klinkensteckern fehlte. Genauso wie eine Anleitung. Halt China-Standard.

Aber ich bin positiv überrascht. Die Taste macht mir einen guten, soliden Eindruck. Wäre ich nicht ein eingefleischter Single-Benutzer würde ich sie behalten. Für Portabelbetrieb ist sie mit ihren Magnetfüssen ideal. So wandert sie, nachdem meine Neugier befriedigt ist, auf Ricardo zum Verkauf. Mit einem 3.5mm Klinkenkabel aus meiner Reservekiste.


   Bei Aliexpress oder hier zu kaufen: https://www.ricardo.ch/de/a/morsetaste-1203944850/

Nachtrag: Robert DL5FCE hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Rückstellkraft der Paddles einfach einstellen lässt. Er schreibt:

Hallo Anton,
die Rückstellkraft der China Taste kann ganz einfach verändert werden.
Dazu muss man zuerst die Kontakte recht weit öffnen. Mit einem
Maulschlüssel kann man die Sechskant Hülsen (siehe Foto) etwas drehen.
Die Paddel kommen sich näher und somit steigt die Kraft. Ist die
gewünschte Kraft erreicht, müssen die Kontakte neu eingestellt werden.
Fertig.

Danke Robert für den Tipp!

 

Sonntag, 17. April 2022

Die Geburt der NVIS

 


NVIS heisst Near Vertical Incidence Skywave. Damit ist die Steilstrahlung - nahe des Zenits - einer Radiowelle gemeint. Wie ein Springbrunnen ihren Wasserstrahl in den Himmel schiessen lässt, strahlt dabei die Antenne senkrecht in die Ionosphäre. Da man in der deutschen Sprache leicht neue Wörter "basteln" kann, könnte man NVIS zum Beispiel mit "Zenitnahe Raumwelle" übersetzen, abgekürzt ZNR.   

Für die meisten Funkamateure ist solches Tun ein Graus. Nein, nicht das Wörterbasteln, sondern die Vergeudung von HF Richtung Zenit. Sie möchten mit der Kurzwelle in der Regel grosse Entfernungen überbrücken um ferne Länder zu erreichen (DX). Dazu braucht es möglichst flache Abstrahlwinkel. Das wird mit hoch aufgespannten Dipolen, Vertikalantennen und Dipolen zu erreichen versucht. Steilstrahlung ist bei DX-Verbindungen pure Verschwendung. Trotzdem:

Auch Funkamateure benutzen die Steilstrahlung, wenn sie über einige 10 oder 100km mit ihren Kollegen sprechen oder morsen. Das funktioniert, je nach Sonnenaktivität, Tages- und Jahreszeit auf den längeren Kurzwellenbändern (40 bis 160m) ziemlich gut. Denn viele der aufgespannten Drähte sind auch recht passable Steilstrahler. Nur die Besitzer von Vertikalantennen sind nicht so glücklich und haben in lokalen Kurzwellenrunden einen schweren Stand. Denn ihre Antennen haben ausgerechnet in der Vertikalen ein Strahlungsminimum - quasi einen blinden Fleck. Benutzer so genannter Magnetloop Antennen haben beides. Die kleinen Ringe sind weder Fisch noch Vogel. Sie strahlen - vertikal aufgestellt - in allen Elevationswinkeln zugleich. Lustigerweise auch in Bodennähe. 

Aber auch die Benutzer von aufgespannten Drähten haben beim Aufbau ihrer Antennen meist nicht die Steilstrahlung im Kopf. Sie ist meist ein Abfallprodukt zu tief aufgehängter horizontaler Antennen. 

Auch die Militärs hatten ursprünglich nichts mit der Steilstrahlung am Hut. Obschon gerade sie auf Verbindungen über kurze Strecken mit der Kurzwelle zählten. So verwendeten zum Beispiel die Briten im zweiten Weltkrieg fast ausschliesslich die Kurzwelle zur taktischen Kommunikation auf dem Schlachtfeld. Zum Beispiel das Wireless Set Nummer 22. Eine Kurzwellenstation für den taktischen Einsatz mit 1.5 Watt Ausgangsleistung in CW und 1 Watt in AM. Die Einseitenband Modulation (SSB) wurde zwar bereits in den 30er Jahren erfunden, hatte aber noch nicht in die Militärkommunikation Einzug gehalten. Der Frequenzbereich von Nummer 22 überstrich den Bereich von 2 bis 8 MHz. Gebräuchlich waren dabei kurze Rutenantennen und man zählte auf die Bodenwelle. Weit ging es damit aber nicht. Meist nur wenige Kilometer.

Wie bei den Briten, setzte man auch bei den Amerikanern für die taktische Gefechtsfeld-Kommunikation auf die Kurzwelle, meist zwischen 2 und 10 MHz. Die oberste Grenze lag nur bei einigen Geräten bei 20 MHz. VHF war den Fliegern vorbehalten. 

Die Leistungen waren, wie beim Set Nummer 22, gering. Auch stärkere Stationen, montiert auf Vehikeln aller Art, hatten kaum mehr als 2 bis 10 Watt. Die damaligen Handys - Manpacks genannt - waren klobig und schwer und leisteten bloss einige hundert Milliwatt. Nur Feststationen für die Kommandozentren sendeten mit einigen 100 Watt oder sogar Kilowatt. 

Alle verwendeten Stationen in der Zeit des zweiten Weltkriegs waren ausschliesslich mit Röhren bestückt. Der Transistor wurde erst im Jahre 1948 erfunden.

Die Antennen waren in der Regel kurze vertikale Ruten mit Längen zwischen 1.2 und 7.5 Metern, je nach Station. Damit waren die Antennen kapazitiv und mussten mit Verlängerungsspulen angepasst werden. Mit einem Abgriff auf der Verlängerungsspule - bzw. dem Variometer - erfolgte gleichzeitig eine Anpassung an die Ausgangsimpedanz der Endstufe. Als Gegengewicht wurde ein Erdpfahl in den Boden getrieben. Etwa so wie ich es hier beschrieben habe. Diese Antennen waren nicht sehr effektiv und reduzierten die effektive Strahlungsleistung um weitere wertvolle Dezibel. Und um zusätzliche dB bei schlechtem Untergrund und QRM/QRN. 

Die unzureichende Kommunikation trug immer wieder zu einem Desaster auf dem Schlachtfeld bei, wie zum Beispiel in Arnheim, und führte schliesslich zu einem Umdenken. Auch wenn damals der Begriff NVIS noch nicht Verwendung fand: im April 1943 wurde in einer Mittteilung der britischen Armee die Steilstrahlung empfohlen. NVIS erblickte die Schlachtfelder der Welt. Man änderte die Antennen und wies die Funker an, wie sie diese aufstellen mussten. Verwendet wurden nun endgespeiste Inverted L Antennen, bei denen der horizontale Anteil überwog. Dabei musste darauf geachtet werden, dass die Antenne nach wie vor kapazitiv war, um die Anpassung an die Endstufe zu ermöglichen. Das führte zu unterschiedlichen Abmessungen der Antennen - je nach Wellenlänge - und natürlich auch zu wesentlich längeren Antennen, die nicht so einfach im Feld aufzubauen waren wie die bisher verwendeten Rutenantennen.

Erschwerend kam hinzu, dass 1943 der Sonnenzyklus ein Minimum durchlebte. Das führte dazu, dass für NVIS längere Wellen benutzt werden mussten. Das kennen wir Funkamateure mit vielen Jahreswindungen auf der Spule gut: In Zeiten des Minimums weist das 7MHz Band meist eine tote Zone auf und ist kaum für NVIS-Verbindungen zu gebrauchen. Auch das 80m Band ist zeitweise für kurze Strecken unbrauchbar, so dass auf 160m ausgewichen werden muss. Im Sonnenmaximum ist es gerade umgekehrt: das 40m Band hat tagsüber und weit bis in die Nacht keine tote Zone und schlüpft in die Rolle des 80m Bandes beim Kurzstreckenverkehr. Sogar auf dem 10 MHz Band sind dann manchmal NVIS Verbindungen möglich.

Mit der Einführung von NVIS- anstelle der Bodenwellen-Verbindungen erhöhte sich die Reichweite drastisch. Später bei den Kriegen in Südostasien setzten die Militärs hauptsächlich auf diese Art der Kommunikation.

Wie gesagt, DXer interessiert NVIS meist wenig bis gar nicht. Um mit Kollegen, die nicht direkt auf UKW zu erreichen sind, zu klönen, gibt es ja die VHF/UHF Relaisstationen. Doch wer im Alpental wohnt und durch einen hohen Horizont "geschädigt" ist, kommt nicht umhin, sich mit dem unbekannten Wesen "Ionosphäre" näher zu befassen. Aber auch Notfunker und SOTA Gipfelstürmer tun gut daran, sich über NVIS Gedanken zu machen. Welche Bänder sind wann für NVIS geeignet? Welche Rolle spielt dabei der Sonnenzyklus? Wie hoch muss die Antenne aufgehängt werden, um eine maximale Steilstrahlung zu erzielen? Welche Rolle spielt der Untergrund, auf den ich, wenn's hoch kommt, ein paar Radials werfe oder in den ich zur Not einen Erdpfahl einschlage?

Doch darüber mehr in meinem nächsten Blogeintrag  

Bild: Die Insel Ogoz im Greyerzersee, die nur bei Niedrigwasser zu Fuss erreicht werden kann. 

Quellen: 1und 2

Donnerstag, 14. April 2022

Kleine PA für den Icom IC-260

 


Manchmal gerät man ins Abseits und dann ist Ende Gelände, wie beim Roboter oben im Bild. Das kann auch bei einem Bastelprojekt passieren, und dann verschwindet das Teil in der Recycling Kiste.

Doch der kleinen PA im nachfolgenden Bericht ist dieses Schicksal erspart geblieben. 

Über die Abenteuer mit meinem IC-260, den ich auf Ricardo erstanden hatte, habe ich bereits hier berichtet. Ich hatte ihm sogar ein Recapping spendiert, um ihn zu einem nützlichen Mitglied meiner Funkgeräte-Gesellschaft zu machen. Sogar ein massgeschneidertes Mikrofon habe ich für ihn gebaut, um ihm zu mehr Talkpower zu verhelfen. Das alte war nicht im Angebot des Verkäufers, wie das manchmal bei Vintage-Geräten so der Fall ist.

Aber man kann aus einem Veteranen keinen jungen Kämpfer machen. Viele Features wie eine Palette von Tönen (CTCSS) und ein Gedächtnis ohne Vergesslichkeit (RAM) fehlen ihm nach wie vor. Doch eines konnte ich noch für ihn tun: Ich konnte ihm ein Doping verpassen. Das habe ich nun getan.

Tief in einer Schublade meiner Funkbude befand sich nämlich noch ein Mitsubishi Modul, das nicht dem Umzug zum Opfer gefallen war. Ein ra80h1415m1. Es kann 50mW Input in 80 bis 90 Watt Ausgangsleistung verwandeln und läuft mit 12.5 Volt. 

Doch Vorsicht! Bei mehr als 100mW Eingangsleistung verabschiedet sich das Teil in den Halbleiterhimmel. Die Leistung des IC-260 muss also reduziert werden. Mit dem internen Potmeter für die Leistungseinstellung schafft man es runter auf 2W. Denn Rest habe ich mit einem selbst gebauten Dämpfungsglied (-16dB) vernichtet. Bzw. mit einem -3dB und einem -13dB in Serie, um die Wärme etwas zu verteilen, da sich nur SMD-Widerstände kleiner Leistung in meiner Bastelkiste befanden. War es doch mein Ziel, nur mit bereits vorhandenen Komponenten zu bauen, ohne etwas dazu kaufen zu müssen. 

Das Modul ist auf einem CPU-Kühlkörper aus einem alten Server installiert. Einem Dreizylinder, wie ich das Teil nenne. Denn es hat drei Heatpipes. Ein ultraleiser Lüfter sorgt für etwas Wind zwischen seinen Finnen. Die PA ist miniaturisiert, da ich Leiterplattenmaterial im Eurokarten-Format verwenden wollte und auch nicht unnötig Platz zu verschenken hatte. Sämtliches Material stammt aus der Bastelkiste. Darum sieht der Aufbau etwas bizarr aus. Zum Teil wurde Mikrowellen-Material verwendet, weil es eben da war. Die Endstufe ist trotzdem so aufgebaut, dass einzelne Teile bei Bedarf ausgetauscht werden können.

Wie bei vielen Projekten, baue ich meine Gehäuse gerne selbst zusammen. Dazu dienen neben Leiterplattenmaterial und Alulochblech, das sich mit einer Gartenschere leicht zuschneiden lässt, so genannte Gewindeblöcke. Leider sind sie bei der Box73 ausgegangen. Nur Bürklin scheint sie noch an Lager zu haben. Aber man kann sie auch beim Hersteller direkt kaufen., sofern man gewillt ist, für mindestens CHF 30.- zu bestellen.


  Das Schema der PA ist so einfach, das ich die Skizze nur im Kopf gemacht habe. Mir ist bewusst, dass ich eines Tages aufwachen und mich fragen werde, was das für ein Gerät ist, das da im Schrank steht. Der Name meines Blogs kommt ja nicht von ungefähr. 

Der IC-260 kann direkt ein kleines Relais ansteuern, das seinerseits die beiden Koaxialrelais steuert und das Modul einschaltet. Das Datenblatt des Moduls liefert alle Angaben, die der Erbauer braucht. 

Das Modul selbst ist zum Beispiel hier und hier erhältlich. Ein passender Print dazu findet man auch hier. Oder auf Ebay.com. Einfach nach "amplifier for mitsubishi ra" suchen.

Ein Tiefpassfilter 5ter oder 7ter Ordnung ist nötig, um die Vorschriften bezüglich Oberwellen einzuhalten. In meinem Fall natürlich ebenfalls ein Selbstbau auf einem Streifen Leiterplattenmaterial. Aber auch da gibt es fertige Lösungen, beziehungsweise Prints auf Ebay zu finden. Zum Beispiel der da.

Mit dem Resultat bin ich zufrieden. Die PA liefert ca. 80 Watt und der IC-260 kann nun im SSB und FM-Simplex Betrieb mithalten.





Sonntag, 3. April 2022

Funkbericht aus meinem neuen QTH

 


Mein neues QTH gefällt mir und ich habe mich gut akklimatisiert. Es sind ja auch nur 300m Höhendifferenz zum vorherigen Standort. Da merkt man nicht, dass das Wasser etwas länger braucht, um zu kochen. Und die grössere Entfernung zum Gravitationszentrum trägt nur unmerklich zu einer zeitlichen Verschiebung bei. Die Luft ist klar, die SOTA-Gipfel sind nah und die Mitmenschen angenehme Zweitwohnungsbesitzer. Etwas weniger prominent als auf der anderen Seite des Gebirgspasses. Der Tourismus brummt in allen Sprachen und die Geschäfte sind auch Sonntags offen. Wichtig bei zunehmender Altersvergesslichkeit. 

Die gut subventionierten Bergbauern kümmern sich um ihre Kühe und die damit verbundene Herstellung eines wichtigen Nahrungsmittels: des Greyerzers. Unverzichtbar für die Lokalspeise, das Fondue moitié-moitié. Ein Zweikomponenten-Nahrungsmittel. Nicht ganz so klebrig wie Epoxy Kleber. Man tunkt hier oben hauptsächlich Brot und vielleicht noch gekochte Kartoffeln in dieser Käsesuppe. Die zweite Komponente heisst übrigens Vacherin Fribourgeois und kommt auch aus der Gegend. Nur von anderen Kühen.

Funktechnisch sieht es aber ganz anders aus. Am vorherigen QTH konnte ich Drähte spannen und Masten pflanzen, ohne mich jemals um eine Antennengenehmigung zu kümmern. Meine Referenz waren dort die ansässigen Künstler und Anhänger alternativer Wohnformen. Meine Antennenkunst war vergleichsweise harmlos. 

Hier gelten andere Regeln. Règlement des Propriétaire par Etage, ist das Stichwort. HOA (Home Owner Association) heisst das in den USA. Immer mehr Amerikaner beklagen sich über die strikten Vorschriften betreffend Funkantennen, wenn sie im Rentenalter in eine solche "Anstalt" ziehen.

Aber dafür gibt es ja die immer beliebteren Loop Antennen. Klein, unauffällig, ohne Radials und sehr effektiv im Verhältnis zu ihrer Grösse. Sofern sie sorgfältig konstruiert sind. Auf Anhieb fallen mir bei den 100Watt+ Exemplaren gerade Ciro Mazzonis Antennen und die Käferlein Loops ein. Letztere aber auch nur, wenn sie keine Drehkos mit Schleifkontakten haben. Für Portabel-Einsätze mit QRP gibt es inzwischen eine grosse Palette an Magnet-Loop Antennen. Doch beim stationären Einsatz auf dem Dachboden, der Terrasse oder dem Balkon möchte man gerne die Möglichkeit haben, bei Bedarf die volle Leistung des 100 Watt Transceivers zu nutzen.

Die kleinen Loop-Antennen sind teuer. Doch selber bauen ist nicht besonders schwierig und natürlich günstiger. Die kritische Komponente ist der variable Kondensator, der auch bei QRP Spannungen im Kilovolt-Bereich aushalten muss. Leider sind günstige Vakuum-Kondensatoren wegen des Krieges in der Ukraine z.Z. schwerer zu beschaffen. Gut, dass ich noch Reserve-Kondensatoren habe.

Kürzlich habe ich meine "grosse" Loop mit 1.6m Durchmesser mit einem Extrapaket Kondensatoren ausgerüstet, das sich bei Bedarf dazuschalten lässt. Das Paket besteht aus einer Batterie von Vakuum-Kondensatoren mit Fixwerten von Comet. Insgesamt sind es 1250 pF. Zusammen mit dem variablen Vakuum-Drehko von 500pF kann der Loop damit über das ganze 160m Band abgestimmt werden. Das SWR ist ausgezeichnet, die Rücklaufdämpfung liegt bei -26dB, ohne dass die Einkopplung verändert werden muss. Doch die Bandbreite schrumpft dabei auf Werte zusammen, die einen SSB-Betrieb schwierig und für die Endstufe des Senders riskant machen. Zwischen den 1:1.5 SWR Punkten liegen gerade mal 1.2kHz und zwischen den 1:2 SWR Punkten nur etwas über 2 kHz.

SSB hatte ich bei der Konstruktion des Zusatzpakets eigentlich nicht im Sinn, ich dachte mehr an Telegrafie. 

Trotzdem habe ich es riskiert, kurze SSB-QSO's zu fahren. Mein Erwartungshorizont lag entsprechend tief und ich war deshalb überrascht, wie gut es geklappt hat. Über Entfernungen von 50 bis 200km mit Rapporten bis zu 59plus 20dB. Dabei sollten von meinen 200W aus dem IC-7700  nach diversen Online-Rechnern nicht mehr als 1% abgestrahlt werden - also maximal 2 Watt.



 Fazit: Die Loop scheint eine gute NVIS-Antenne zu sein, und auch im 160m Band hat QRP eine Chance. Die Loop ist sehr ruhig und der QRM-Pegel bewegt die Nadel des S-Meters nicht aus der Null-Stellung. Trotzdem erreichen starke Signale auch mal S9+20. Dass die Antenne im Shack steht - drei Meter vom Operator entfernt, hat mich nicht gestört. Erstens soll HF gesund sein, glaubt man gewissen Heilpraktikern. Zweitens wird der grösste Teil der HF ja in der Antenne in Wärme umgesetzt. Störungen von und in der Hauselektronik sind keine aufgetreten.