Nicht nur das 6m Band hat magische Momente zu bieten. Der interessierte Funker findet sie auch auf dem 160m Band. Auf diesem Grenzwellenband zwischen Kurz- und Mittelwelle findet man - neben Seefunk - vor allem zwei Typen Funkamateure: Die DXer und die Lokalen. Die DXer arbeiten hauptsächlich mit flach strahlenden Vertikalantennen mit guten Radialnetzen und separaten Empfangsantennen. Die Lokalen verfügen in der Regel nicht über das notwendige Terrain oder eine Bewilligung, um hohe Masten zu errichten. Denn ein Viertelwellenstrahler muss auf diesem Band ca. 40m hoch sein. Sie benutzen das 160m Band selten für DX sondern eher für NVIS Verbindungen über einige hundert Kilometer - vor allem für SSB QSO's. Es ist eine gute Alternative zum übervölkerten 80m Band und im Winter manchmal sogar alternativlos, wenn morgens oder abends die 100km-MUF unter 3.5MHz fällt.
Neuerdings findet man aber noch eine dritte Sorte Funker auf dem 160m Band: Die FT-8 Funker. In dieser Betriebsart reichen bereits eine Vertikalantenne von z.B. 10 bis 15m und die üblichen hundert Watt, um DX-Verbindungen zu tätigen. Ohne Kilowatt und ohne CW-Kenntnisse. Nur die Bedienung eines Computers ist Voraussetzung. Eigentlich ginge es auch ohne Amateurfunkprüfung.
Doch ob DX-Spezialist, Kurzstreckenfunker oder FT8er. Für alle gelten die gleichen "Spielregeln":
1. Die Störungen durch unsere modernen Elektronikspielzeuge sind in urbanen Gebieten ausserordentlich hoch. Störpegel von S9 in SSB-Bandbreite sind keine Seltenheit. Das QRM aus Powerline-Technologie, billigen Schaltnetzteilen und all dem vielen Zeug in dem die Komponenten zur Entstörung "vergessen" wurden, liegt weit über dem natürlichen atmosphärischen Pegel (QRN). Dieser Umstand reduziert die Reichweite beträchtlich.
2. Die Ionosphäre ist zwar zuverlässiger als im Magic Band, doch hat sie auch in diesem Band ihre besonderen Macken: Bei Sonnenaufgang tritt die unterste Schicht der Ionosphären, die D-Schicht, in Erscheinung und verschwindet erst bei Sonnenuntergang wieder. Anstatt die 160m Wellen zu reflektieren, schwächt sie die Wellen so stark, dass sie kaum eine Chance haben, die darüber liegenden Schichten zu erreichen. Deshalb ist der Sommer mit seinen langen Tagen und seinen Gewittern keine gute Zeit für das 160m Band. Wer sich noch an den Mittelwellenempfang erinnert, kann das gut nachvollziehen.
Über 160m DX will ich heute nicht schreiben. Da gibt es einige gute Bücher von Spezialisten. Ausserdem bin ich auf Magnetloop Antennen beschränkt und lebe in einem Alpental. Diese Kombination ist äusserst ungünstig für den 160m Funker und ganz speziell für DX auf diesem Band. Doch NVIS Funkverkehr über einige hundert Kilometer liegt auch unter diesen Bedingungen drin.
Die Magnetloop ist wegen ihrer Strahlungscharakteristik im Prinzip eine gute NVIS-Antenne, wenn nur ihr Wirkungsgrad nicht so grottig schlecht wäre. Zumindest bei einem noch vertretbaren Durchmesser.
Wer einen Draht aufspannen kann, ist besser dran. Vorausgesetzt, er macht alles richtig.
Nicht viel falsch machen, kann man mit einem klassischen Dipol. Auch wenn man den, in Ermangelung eines zweiten Mastes, als umgekehrtes V aufspannen muss. Doch so ein Teil braucht Platz und heutzutage hat kaum jemand einen 80m langen Garten für einen 160m Dipol zur Verfügung, Es sei denn, er wohne auf dem Land in einem Bauernhof. Für den Normalfunker bleibt nur eine Verkürzung des Dipols übrig. Doch das hat seine Grenzen. 30m zum Beispiel, also zweimal 15m, bringen nicht nur eine kräftige Einbusse beim abgestrahlten Signal, die je nach Bodenbeschaffenheit und der Güte der Verlängerungsspulen gut -20dB betragen kann.
Mit dem Kurzdipol schrumpft auch die nutzbare Bandbreite der Antenne. Man muss sich dann mit ungefähr 20kHz zufrieden geben. Besser ist es in diesem Fall, ganz auf Verlängerungsspulen zu verzichten und den Dipol über eine Zweidrahtleitung zu speisen und einen automatischen Tuner mit 1:1 Balun zu verwenden. Oder besser einen symmetrischen Tuner ohne Balun. Mit dieser Konfiguration kann man den Kurzdipol dann über das ganze 160m Band abstimmen.
Aber es gibt noch eine andere Lösung. Nämlich eine Antenne, die noch einfacher aufzubauen ist, als ein Dipol: eine Inverted L, ein umgekehrtes L. Ein vertikal aufgespannter Draht, der oben abgewinkelt in einen horizontalen Teil übergeht. Zwar auch eine Zwei-Mast-Lösung oder eine Mast-Baum- Kombination. Doch eine, die ohne Balun und mit einem "einbeinigen" Autotuner funktioniert - z.B. einem CG3000. Allerdings müssen drei Bedingungen erfüllt sein, damit aus diesem Gebilde eine gute NVIS-Antenne wird:
Der horizontale Teil muss wesentlich länger sein als der vertikale und darf eine gewisse Gesamtlänge nicht unterschreiten (ca. eine Viertelwelle). Sonst wird daraus wieder ein Flachstrahler. Also eine DX-Antenne, die weniger für den Lokalverkehr geeignet ist. 10 bis 12m vertikal und 40m horizontal sind ein guter Kompromiss. Wenn nötig auch mit abgewinkeltem Horizontalteil. Eine solche Antenne ist ein passabler Vertikalstrahler für 160m und zudem ein ausgezeichneter NVIS-Strahler für das 80m und 60m Band. Für das 40m Band ist die Antenne jedoch als NVIS-Strahler unbrauchbar. Ausgerechnet in der Vertikalen hat sie eine Nullstelle.
Die dritte Bedingung für eine wirksame Inverted L ist eine gute Erdung. Ein Erdpfahl ist das absolute Minimum. Spinnt der Tuner und rattert ziellos umher, dann ist in der Regel die Erdung ungenügend. Radiale können dann helfen.
Natürlich kann man auch mit der Bodenwelle funken, ganz ohne sich mit den Eigenschaften der Ionosphäre herumzuschlagen. So wie es die Militärstationen im zweiten Weltkrieg getan haben. Eine kurze Rutenantenne und ein Erdpfahl, mehr braucht es nicht. Erst gegen Kriegsende merkten die Militäringenieure, dass es besser ist, über die Ionophäre zu funken. Das war die Geburtsstunde der L-Antenne. Hier die Fortsetzung zum oben genannten Artikel aus meinem Blog.
Bevor jetzt wieder einer motzt, der an der Küste wohnt: die Reichweite der Bodenwelle ist stark abhängig vom Untergrund. Übers Meer funkt man tagsüber 300km und mehr. Und in der Ebene, mit gut leitfähigen Grund, geht's sicher auch bis 100km, wenn das QRM nicht zu gross ist. Doch im Hügelland oder gar in den Bergen ist bald einmal der Ofen aus. 50km mit der Bodenwelle auf 160m sind schon "DX". Ein Funkfreund wohnt 30km von mir entfernt hinter der nächsten Voralpenkette. Trotz 100W und Vertikalantenne ist er kaum zu hören. Und meine Magloop hört auf 160m das Gras wachsen, da lokale Störungen fehlen. Auf 2m haben wir übrigens eine perfekte S9 Verbindung, notabene in FM.
Aber die Bodenwelle ist ein alter Hut. Den kann man bereits in alten Büchern nachschauen, wie zum Beispiel diesem da:
Ein OM und Prepper und ehemaliger Infanterie Scout hat sich intensiver mit dem Thema Inverted L Antenne und NVIS beschäftigt. Hier geht es zu seiner Webseite und hier direkt zum Thema.
Hier habe ich über meine ersten Versuche mit einer Magloop auf dem 160m Band geschrieben.
Das war noch am alten QTH im Mittelland. Inzwischen bin ich ja, wie ihr wisst, in eine neue Anstalt umgezogen, oder gezügelt wie man hier sagt. Und hier hat meine 1.6m Loop für das 160m Band ein Zusatzpaket erhalten. Das Resultat ist erstaunlich, wie da zu lesen ist. Doch jetzt ist Sommer und da ist 160m erst mal out.
Hallo Anton, besten Dank für den interessanten Artikel. Ich habe gesehen, dass Dein Hinweis zum verkürzten Dipol abweichend sind zu meinen Erfahrungen und Berechnungen. Sind Spulen mit einem Q von 200 im Einsatz, ist ein Dipol mit 2x15 m 5 dB schlechter als ein Full Size Dipol. Beide bei 10 m über Boden. Die Verluste sind höher, wenn eine symmetrische Speiseleitung verwendet wird und im Schack getunt wird.
AntwortenLöschen73, Peter - HB9PJT
Danke Peter für die Info. Ich habe nie einen Kurzdipol für 160m ausprobiert. Nur mit EZNEC rumgespielt. Ich hätte dazu meine Inverted L runternehmen müssen. Und die war meine Universalantenne für alle Bänder inklusive 2200m und 600m. Never change a winning horse ;-)
AntwortenLöschenvy73 de Anton HB9ASB