Donnerstag, 5. Januar 2023

Ein softwareloser QRP-Transceiver für 80 und 40m CW

 

                        Die Gastlosen im Abendlicht. Foto von Daniel Julmy

Die Auswahl an QRP-Geräten ist gross und die kleinen Kästchen bieten viele Spielereien, die der 100W Transceiver zuhause auch kann. Dank Mikroprozessor und Software. Populäre Beispiele sind der uSDX mit seiner Klon-Armee aus China und der QCX von QRP-Lab. 

Ein QRP-Transceiver ohne Mikroprozessor und Software ist heutzutage schwer zu finden. Aber braucht man wirklich Software um QSO zu fahren? Wie so oft lautet die Antwort auch auf diese Frage: "Es kommt darauf an." Für den klassischen Portabelbetrieb in SSB und CW braucht es im Grunde nur einen Abstimmknopf mit einer Frequenzanzeige, einen Volumenregler und vielleicht noch einen RIT. Der Rest ist "Nice to have". Im Feldbetrieb zählt einfache Bedienung.

Ein solches Gerät kann vollständig analog und softwarelos sein.

Vergangenen Sommer hatte ich einen ersten QRP-Transceiver ohne Software gebaut: Ein CW-Transceiver für das 80m Band. Nach den Rezepten aus den 80er und 90er Jahren, ähnlich dem legendären NorCal 40A.  Eingesetzt wurde ausschliesslich Material aus der Bastelkiste. Da das Material nicht mehr gekauft werden musste, spielten die Bauteilekosten keine Rolle. So fanden teilweise auch "Edel-Teile" Verwendung, die kein Hersteller von QRP-Geräten oder Bausätzen einsetzen würde.   

Den ersten Transceiver - ich nenne ihn Vintage #1 - hat sich im Betrieb bewährt und wurde hier beschrieben. Aber jedes technische Ding kann verbessert werden und die Bastelkiste ist noch lange nicht ausgeschöpft. So entstand vergangenen Herbst Vintage #2. Dieses Mal ein Zweibander für 80 und 40m. Auch dieser Transceiver bewährt sich im Betrieb und macht Spass. Zwar mache ich keinen SOTA-Betrieb, doch in meinem nächsten Anstalturlaub werde ich #2 in seiner natürlichen Umgebung einsetzen: im Feldbetrieb. 

Mein erstes QSO mit dem Zweibander gelang mit Alfredo EA1FCL im 40m Band, der ebenfalls mit 5W QRP arbeitete. "QRP Semper paratus" steht auf seiner QRZ.com Seite. Das zeigt nicht nur seine Vorliebe für den QRP-Betrieb, es könnte uns auch einen Hinweis auf seine berufliche Karriere geben. "Allzeit bereit" ist nicht nur der Leitspruch der Pfadfinder, sondern auch anderer Organisationen - zum Beispiel der Küstenwache.

 Auf seiner Seite schreibt er auch:  "Mi pasión es la telegrafía, uso una llave Vibroplex pero trabajo en modo sideswiper". Er ist also nicht nur ein Anhänger der Morsetelegrafie, er arbeitet auch mit einer Sideswiper, auch Cootie genannt. Das ist eine Paddle-Taste ohne Elektronik, bei der Striche und Punkte von Hand definiert werden müssen. Der Cootie ist der Vorgänger des Bugs:


Mein zweites QSO mit dem neuen Zweibander fand mit Robi HB9HTC in Adliswil statt. Diesmal auf dem 80m Band und wie immer mit meiner 1.9m Magloop im Shack. HB9HTC ist das Rufzeichen des Helvetia Telegraphie Club. Mit Vergnügen höre ich jeweils am Montag um 19:00 Küchenzeit die Übungssendungen des HTC mit anschliessendem Bestätigungsverkehr auf 3570.5 kHz. 

Doch zurück zu Vintage #2. Der neue Zweibander sollte folgende Eigenschaften erfüllen:

1. Vollständig analoges Gerät ohne digitale Schaltungen. Daher auch kein Menüs.

2. Material aus der Bastelkiste, möglichst ohne Zukauf von Komponenten. 

3. Ruhiger Empfänger, bei dem das Hören ein Vergnügen und keine Qual ist.

4. Unkaputtbare Endstufe mit mindestens 5 Watt bei 12V.

5. Analoger und trotzdem stabiler VFO (Keine Rasterabstimmung). Analoge Skala.

6. Volumenregler auf der Frontplatte.

7. Einfach-Superhet mit AGC und schmalem Quarzfilter.

8. Geringer Stromverbrauch.

Im Bericht über #1 habe ich versprochen ein Schema nachzuliefern. was nie passiert ist. Dafür kommt hier der Schaltplan von Vintage #2:

Dieser Schaltplan ist keine Bauanleitung zum Nachbau. Aber vielleicht kann er dem einen oder anderen eine Idee zu seinem eigenen Projekt beisteuern.

Die Bandumschaltung habe ich mit Miniaturrelais realisiert, obwohl ich genug PIN-Dioden in der Bastelkiste hatte. Daher braucht der Empfänger im 80m Band auch mehr Strom, nämlich 100mA gegenüber 30mA im 40m Band, wo die Relais stromlos sind. Bistabile Relais waren leider nicht in der Kiste.

Der NE602 (NE612) nach dem Bandpassfilter funktioniert mit seiner Gilbertzelle als Mischer. Zugleich liefert der IC auch das VFO Signal mit seinem eingebauten Clapp-Oszillator. 

Damit ein analoger VFO stabil genug ist, muss er auf einer möglichst tiefen Frequenz schwingen. Als ZF wurde wiederum 5MHz benutzt, da von diesen Quarzen ein ganzer Beutel vorhanden war: Daraus konnten genügend viele mit gleichen Werten sortiert werden (max. +/-10Hz Abweichung). Eine Voraussetzung um gute Quarzfilter zu bauen. Für das 80m Band läuft der VFO bei 1.5 MHz und für das 40m Band auf 2 MHz. 

Während # 1 einen VFO mit Potentiometer und Kapazitätsdiode verwendete, arbeitet die # 2 mit einem Drehko. Das trägt ebenfalls zu einer verbesserten Frequenzstabilität bei. Richtwert: maximal +/-10Hz Drift während eines fünfminütigen QSO's. Hier ein Blick ins Gerät vor der Verdrahtung der einzelnen Module:


Wie man sofort erkennt, hat der Einsatz eines Drehkos, anstelle eines Potis mit Kapazitätsdiode, auch einen Nachteil: Der Drehko beansprucht wesentlich mehr Platz.
  
Doch zurück zum Schaltplan: Nach dem Quarzfilter folgt ein Transistor, um die Filterdämpfung auszugleichen. Der zweite NE602-Mischer arbeitet als Produktdetektor und sein Oszillator als 5MHz BFO. Die Verstärkung der NF übernimmt dann ein weiterer Klassiker: ein LM386-N4. Die Lautstärkeregelung erfolgt erst direkt vor dem Kopfhörer. Das vereinfacht die AGC, die von der NF gesteuert wird. Diese ist bei sehr starken Signalen etwas ruppig, aber m.E. besser als die im QCX.

Der Empfang ist glasklar und ruhig und man vermisst weder NR noch NB. Man hört das Rauschen des Aethers und nicht das Brodeln digitaler Artefakte.  

   So sieht die #2 zur Zeit aus. Die Skala ist hier nur provisorisch beschriftet:


Auch der Sender ist im Vintage-Style aufgebaut. Eine dritte integrierte Schaltung NE602/NE612 arbeitet als Sendemischer. Der integrierte Oszillator liefert dazu das 5MHz Signal. Darauf folgen die Bandfilter für den Sender, die genau gleich aufgebaut sind wie die Empfangsfilter. Der Sendetreiber mit BF199 und BFR96 wird mit einem P-Kanal MOSFET getastet. Einem IRF2510. Ein totaler Overkill. Der Transistor ist für max. 40 A spezifiziert und hat einen Rds(on) von 60 Milliohm. Doch etwas Kleineres gab die Bastelkiste nicht her.

Die PA entspricht der 5W PA von QRPLabs, arbeitet aber mit dem RD15HVF1. Auch in diesem Fall...ihr habt es sicher schon erraten...weil ich ihn in der Bastelkiste fand. Er arbeitet im C-Betrieb, ist in dieser Schaltung fast unkaputtbar und könnte auch 20 Watt liefern, wenn es sein müsste. Müsste man ihn kaufen, würde man für ein seriöses Exemplar etwa 20$ bezahlen. Kein Vergleich zu den dreimal BS170, die im QCX als PA Verwendung finden - das Stück zu 20 Rappen! 

Irgendwann werde ich wohl noch einen Vintage #3 bauen. Mit einem RIT, einem RF-Gain Regler und einem schönen S-Meter. Natürlich ebenfalls softwarelos und komplett analog.       


1 Kommentar:

  1. Hallo Anton,
    sehr schön aufgebaut das Gerätchen. Ja, es geht auch heute noch klassisch, erst recht wenns cw ist. Gefällt mir. Ich habe allerdings den (tr)uSDX, das Softwareteil, aber der Betrieb damit ist ähnlich begeisternd!
    Gruß Stefan

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