Sonntag, 26. Mai 2019

Tiefpass-Filter für 23cm Endstufen



Ein Gastbeitrag von Anton HB9ASB:

Transceiver mit 23cm Bereich, wie der TS-2000 oder der neue IC-9700 haben eine Ausgangsleistung von 10W. Auch Transverter bieten in der Regel nicht mehr als einige Watt.
Wer mehr Leistung möchte, braucht eine Endstufe. Doch die Auswahl ist bescheiden und die Teile sind teuer.
Wer selbst eine PA für das 23cm Band bauen möchte, findet zwar einige Anleitungen im Web, doch diese benötigen allesamt eine Leiterplatte aus speziellem Material. Mit einem sonntäglichen Griff in die Bastelkiste wie bei anderen Projekten, ist es also nicht getan.
Zwar gibt es einen Kit von W6PQL, oder die Möglichkeit bei PE1RKI ein Modul zu bestellen. Für OM mit großzügigem Budget liefert auch Kuhne eine 23cm Endstufe. Wobei man bei all diesen Lösungen immer zwei Koaxialrelais und eine entsprechende Steuerung (Sequenzer) hinzurechnen muss.

Für kleine Leistungen bis 20W bietet sich ein Mitsubishi Modul an, Prints dazu finden sich für wenig Geld im Netz. Doch diese Lösung ergibt nur bei Transceivern mit kleiner Ausgangsleitung Sinn. Eine Erhöhung um 3dB von 10 auf 20 Watt lohnt die Mühe kaum. Zumal das Modul nur maximal 200mW am Eingang verträgt und man massiv abschwächen müsste.

Aber es gibt noch ein anderes Problem - das mehr im Verborgenen liegt - wenn man sich mit 23cm Endstufen beschäftigt:
Bisher habe ich nirgends im Web Oberwellenmessungen von 23cm Endstufen gefunden. Höchstens ein paar Angaben wie z.B. die von Kuhne zu seiner 1000W PA. Oberwellenunterdrückung typisch 37dB, steht da.
Schaut man in die ETSI-Norm, auf die sich die Zulassungbehörden beziehen, steht dort für Frequenzen oberhalb 30MHz: 43 plus 10logPEP oder -70dBc. Es gilt jeweils der höhere Grenzwert.
Die Norm gilt für käufliche Amateurfunkgeräte und wird an der Antennenbuchse gemessen.
Natürlich sollten auch Selbstbaugeräte diese Norm tunlichst einhalten.

Das heißt: auch das Kuhne-Modul braucht ein Filter am Ausgang.

Im folgenden Bild kann man die beiden Oberwellen 2Fo und 3Fo einer GSM-Endstufe (900MHz) "bewundern", die ich für 1296 MHz umgebaut habe. Pout 100W. Vielleicht ein besonders schlechtes Beispiel. Ob da andere wesentlich besser sind?


 Wir sehen hier den Bereich zwischen 1250 und 4000 MHz. Die erste Oberwelle ist ca. -25dB gedämpft, die zweite -50dB. Die weiteren Oberwellen waren in der Norm, weshalb ich den Bereich des Analyzers auf 4GHz beschränkt habe.

Nach diesem niederschmetternden Resultat ging ich auf die Suche nach einem Filter.
Auf dem Web ist zwar einiges zu finden, doch entweder braucht es dazu eine sehr gut bestückte mechanische Werkstätte mit dem entsprechenden Präzionsmechaniker oder wieder einen entsprechenden Print mit exotischem Material (FR4 genügt nicht). Die übrigen Bastulate, die im Web zu finden sind, überzeugen nicht. Abgesehen davon, dass dazu kaum Filterkurven zu finden sind.
Wenn ausnahmsweise Messdaten angegeben werden, stößt man sofort auf ein anderes Problem: eine relativ hohe Durchgangsdämpfung. Bei nur 1dB Durchgangsdämpfung gehen von 100W bereits 20W verloren. Das Filter wird entsprechend warm. Bei 0.5dB sind es noch gut 10W.
Da sträuben sich dem Power-Maker die Haare, sofern er noch welche besitzt.

Ich habe deshalb nach einem anderen Weg gesucht, um: 1. Ein Filter aus der Bastelkiste mit bescheidener Mechanik und 2. mit geringer Durchgangsdämpfung zu bauen. Als Steampunker gehen einem dabei skurrile Ideen durch den Kopf.

Filter im VHF und unteren UHF-Bereich sind ja einfach zu bauen: Man rechnet einen klassischen Tiefpass, zum Beispiel ein Chebyshev oder Cauer-Filter, und wickelt dann Spulen aus Cu-Draht.
Das funktioniert ab 1 GHz nicht mehr. Die notwendigen Induktivitäten sind zu klein und man muss feststellen, dass bereits ein gestreckter Draht von 10 bis 20mm ausreichend Induktivität besitzt und man keine Windungen wickeln darf. Das führt dann zu Filtern wie diesem da.

"Wieso nicht?" Habe ich mir gedacht und einen fünfpoligen Chebyshev Tiefpass für 1.3 GHz gebaut. Anstatt Spulen wurden dicke, versilberte Cu-Röhren eingesetzt. Und da drei Induktivitäten im Filter in Serie liegen, konnte gerade eine durchgehende Röhre verwendet werden. Wie praktisch: "nur noch Trimmer an der richtigen Stelle einsetzen und abgleichen", dachte ich.

Aber leider funktionierte das so nicht. Denn es gibt vor allem zwei Dinge, die einen Strich durch die Rechnung machten:
1. Leiter oberhalb ca. 1/20 Wellenlänge wirken als TEM-Wellenleiter und bringen damit das Filter "durcheinander".
2. Die Trimmkondensatoren haben eine Eigenresonanz und wirken als zusätzliche Seriekreise. Sie wirken also wie Stubs und schaffen zusätzliche Dips.

Der Effekt: Die Filterkurve beginnt zwar einigermaßen wie vorgesehen, aber nach ca. 2GHz ist der Tiefpass futsch.

Ich habe deshalb die Eigenresonanz eines Trimmers genutzt und ihn in der Mitte des Filters platziert. So konnte ich zumindest einen zusätzlichen Dip auf 2.6 GHz legen - auf die erste Oberwelle.
Das ist natürlich (meine) Theorie. Solange bis jemand jemand daher kommt und eine bessere Erklärung hat ;-)))

Und so sieht das Teil aus:


Die Filterkurve, mit Analyzer und Tracking-Generator gemessen, sieht so aus:


Bis und mit  2.6 GHz ist die Welt in Ordnung. Dann wird es wieder haarig. Ob die schwache Dämpfung auf der zweiten Oberwelle bei 3.9 GHz reichen wird? Hier das Resultat:


Die 2. und 3. Oberwelle werden durch das Filter mindestens 60dB gedämpft. Trotz der abenteuerlichen Filterkonstruktion scheine ich auf dem richtigen Weg zu sein. Und das schönste daran: Die Durchlassdämpfung bei 1296 MHz liegt bei nur ca. 0.1 dB.
Eine Messung die übrigens nicht einfach ist. Adapter oder Messkabel minderwertiger Qualität können einem ganz schön Streiche spielen.

Jetzt galt es nur noch die Reproduzierbarkeit zu verifizieren, um sicher zu sein, dass ich kein einmaliges Wunder produziert hatte. Wie man im nachfolgenden Bild sieht, geht es auch mit einem blanken Messingrohr:


Die verwendeten Trimmer sind Johanson 8051 0.6-3.5pF. Verwendet wurden N-Buchsen von Suhner und ein TEKO-Gehäuse No 392 (von Reichelt).
Beim Abgleich werden zuerst die beiden außenseitigen Trimmer auf niedrigste Durchgangsdämpfung abgeglichen. Dann wird mit dem Trimmer in der Mitte der Dip auf 2.6 GHz gelegt.

Ein guter Freund ist gerade daran, mein verrücktes Filter zu übertreffen. Er experimentiert mit einem Cauer-Filter im gleichen Stil. Sollte er Erfolg haben und mir die Erlaubnis erteilen, werde ich darüber berichten.

4 Kommentare:

  1. 43 plus 10logPEP oder -70dBc. Es gilt jeweils der höhere Grenzwert. Nein, "whichever is less stringent" heisst es dort.

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  2. "-(43 + 10 x log(PEP)) or -70 dBc whichever is higher" steht tatsächlich in der ETSI-Norm. "Whichever is less stringent" im ITU Radioreglement finde ich weniger missverständlich. Um alle Klarheiten zu beseitigen: Ab 500 W PEP sind die -70dBC die weniger strenge, also anwendbare Limite. Und danke für die interessanten GHz-Blogs. Deine Anstalt scheint ein gutes Mikro(wellen)klima zu haben ;-)

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  3. ... und natürlich spreche ich hier als Schweizer. Die BNetzA des Nicht-EU-Landes Schweiz (Bakom) verweist in den Vorschriften für Afu bezüglich der zulässigen Nebenaussendungen auf Dokumente der ITU (Radioreglement) und von ETSI. Das EU-Land Deutschland hingegegen hat eine nationale Regelung, wo bei Frequenzen > 1 GHz eine Dämpfung >=50dBc oder eine Nebenwellenleistung <=-30dBm OK sind. Das finden bestimmt auch die in der Anstalt politisch lustig :-D . 73 de Hansjörg HB9EWH

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  4. Der koaxiale Tiefpassfilter ist doch schon erfunden und kommt ohne konzentrierten Elemente aus. Gab es vor etlichen Jahren in sehr massiver Ausführung für 2 m, 70 cm und 23 cm auf den Afu-Flohmärkten günstig von einem PA0er. Leistungsbegrenzung nur durch die verwendeten N-Dosen, könnte man auch auf 7/16 umrüsten. Die praktische Ausführung ist so, dass für die äquivalenten Cs sehr niederohmige Leitungsabschnitte mit dünwandigen PTFE-Hülsen (Teflon-Dichtband aus der Klempnerabteilung ist wohl geeignet) in ein Rohr eingepasst werden. Die Ls werden aus hochohmigen Leitungsstücken mit Luftdielektrikum gebildet. Procom hat sowas im Programm, aber in schlechter Qualität und überteuert. Das geht besser.

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