Samstag, 24. November 2018
Der automatische Antennentuner - ein Zauberkasten
"Du hast mir letztes Mal viel geholfen, als mich Thomas mit seinen Fragen gelöchert hat", sagte ich zu Armin. Ich war wieder einmal in der Anstalt zu Besuch. Viel hatte sich nicht geändert. Nur Putin, der Hauswart, hatte sich einen Hund zugelegt, der hinter seinem Rasenmäher einherschwänzelte und einen wichtiges Gesicht zur Schau trug. Ein Golden Retriever. "Er nennt ihn Trumpi", hatte mir Charlie zugeflüstert, als ich sie unten im Korridor getroffen hatte.
"Und? Hat es was geholfen?", fragte Armin.
"Nicht viel, er hat mich weiter mit Fragen gelöchert. Vor allem zu dem automatischen Antennentuner, den er benutzt. Wie funktionieren diese Dinger eigentlich?"
"Mit wenigen Ausnahmen alle nach dem gleichen Prinzip. Es sind alles Pi-Tuner."
"Pipi-Tuner."
"Nein nur Pi. Aber dir fehlen zu viele Schuljahre, um das zu verstehen, und in der Migros-Klubschule hast du das offenbar auch nicht gelernt. Pi ist die Kreiszahl 3.14 und etwas Zerquetschtes."
"Ach so. Darum rattert der wie gequetscht im Kreis rum, wenn er die Antenne nicht spürt..."
"...nicht anpassen kann. Aber von daher kommt das nicht. Das griechische Zeichen für Pi sieht aus wie ein Tempeleingang. Zwei Säulen tragen ein Dach. Die Säulen symbolisieren Kondensatoren, das Dach eine Induktivität..."
"...also eine Spule. Warum rattert der Tuner dann. Ist es die Spule, die außer Fassung gerät?"
"Nein, es sind Relais die verschiedene Kondensatorenwerte schalten. Auch die Induktivität, die aus mehreren, in Reihe geschalteten Spulen besteht, wird mit Relais umgeschaltet."
"Ach so. Die rattern alle in der Kiste rum, bis sie die richtigen Werte gefunden haben. Das kann aber sehr lange dauern. Wenn viele Kondensatoren und Spulen drin sind, gibt es ja jede Menge Kombinationsmöglichkeiten."
Armin sah mich an mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen.
"Dein mathematisches Verständnis tendiert offenbar nicht ganz gegen Null. In der Tat könnte es so lange dauern, bis es die Relais aus ihren Lötstellen schüttelt, wenn nur der Zufall im Spiel wäre. Doch im Tuner stecken Sensoren für die Spannung, Strom und die Phasenlage auf der Senderseite. Ein Mikroprozessor steuert mit einem cleveren Algorithmus die Relais auf dem kürzesten Weg zur bestmöglichen Anpassung."
"Das heisst: bestes Stehwellenverhältnis für den Sender."
"Genau. Natürlich sind die maximal erreichbaren Kapazitäts- und Induktivitätswerte beschränkt. Der Tuner kann also nur einen bestimmten Impedanzbereich anpassen. Dann muss er passen."
"Ach so. Aber wieso haben dann viele Funker einen Tuner in ihrer Funkbude; sogar einen, den sie mühsam von Hand abstimmen müssen. Sind die besser?"
"Nein. Die Funker sind von Vorgestern. Sie schwören auf alte Technik."
"Ach so. Darum nennt man sie Old Men. Aber es gibt ja noch viele Hersteller, die Tuner für die Funkbude anpreisen."
"Das ist mir auch ein Rätsel. Erstens hat heute jedes anständige Funkgerät einen Tuner eingebaut und zweitens gehört ein Tuner sowieso dorthin wo die Musik spielt; und das ist am Speisepunkt der Antenne oder dorthin wo die Zweidrahtleitung zum Dipol beginnt."
"Das müsste dann aber ein symmetrischer Tuner sein, nicht wahr?"
"Du erstaunst mich immer wieder, mein Freund. Besuchst du zurzeit etwa wieder die Migros-Schule?"
"Nein, die bieten nur einen Kurs über Migro-Prozessoren an. Ich gehe bei Bienchen zur Schule. Sie macht mich prüfungsreif für die HB3er Lizenz."
"Nun, bei einer Zweidrahtleitung bräuchte es in der Tat einen symmetrischen Tuner, der oft auch Koppler genannt wird. Aber es gibt einen einfachen Trick um sich daran vorbei zu schmuggeln. Man hängt einfach einen 1:1 Strombalun zwischen Pi-Tuner und Zweidrahtleitung."
"Wäre es nicht generell besser, in jedem Fall einen Balun oder einer dieser magischen Magnetbalune zwischen Tuner und Antenne zu hängen, von denen soviel gesprochen wird?"
Armin verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
"Auf keinen Fall. Im Fall einer unsymmetrischen Antenne wie der L- oder T-Antenne, Vertikalantenne oder sonst einem Gebilde mit Gegengewicht, darf nichts zwischen Tuner und Speisepunkt sein. Und der Speisepunkt ist dort, wo der Ausgang des Tuners ist. Das gleiche gilt für das Gegengewicht. Es beginnt dort, wo die Erdklemme des Tuners ist."
"Aber so ein Stück Koaxkabel am Tuner kann doch nicht schaden, wenn man den Tuner gerne im Schermen haben möchte."
"Um Himmels willen. Das machen nur DAF."
"Die Dümmsten aller Funker?"
"Genauso ist es und so funktioniert es auch, beziehungsweise nicht."
"Aber die mit dem Tuner in der Funkbude machen es doch genauso, und die, die einen im Funkgerät haben auch. Sind die alle dumm?"
"Nein, dort geht es nur darum, ein etwas im Abseits stehendes Stehwellenverhältnis zurechtzurücken. Wenn das Koaxkabel zwischen Funkbude und Antenne nicht zu lang und von guter Qualität ist, sind die Verluste bei dieser Aktion zu verschmerzen. Ein automatischer Antennentuner ist aber dazu gedacht, einen sehr großen Impedanzbereich anzupassen. Er macht aus einem Draht von fast beliebiger Länge eine Allbandantenne."
"Ohne Verluste?"
"Natürlich nicht. Aber im Vergleich zu allem anderen Firlefanz ist so ein Teil wie ein Zauberkasten.
Stockcorner JC4
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HB9BNK zum Thema
Mein Name ist Anton und dies ist das letzte einer Reihe von Blogs, die ich in den vergangenen Jahrzehnten geschrieben habe. Irgendwann kam beim Schreiben immer der Moment, wo ich das Gefühl bekam, es sei Zeit, zu neuen Horizonten aufzubrechen und etwas Neues anzufangen. Das war auch diesmal der Fall – im März 2023.
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